Entscheidungsstichwort (Thema)

Absenkung des Arbeitslosengeld II. wiederholte Meldeversäumnisse in der Zeit ab 1.4.2011. Feststellung mehrerer Sanktionen und Addition der Minderungsbeträge

 

Leitsatz (amtlich)

Auch nach der Neuregelung der Leistungsabsenkung bei Meldeversäumnissen (§ 32 SGB II idF ab 1.4.2011) ist die Rechtsprechung des BSG (vgl BSG vom 9.11.2010 - B 4 AS 27/10 R = SozR 4-4200 § 31 Nr 6) anzuwenden, wonach eine weitere Absenkung der Regelleistung wegen eines wiederholten Meldeversäumnisses innerhalb eines laufenden Sanktionszeitraumes nur dann zulässig ist, wenn die vorausgegangene Sanktion zum Zeitpunkt der erneuten Pflichtverletzung bereits festgestellt worden ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.04.2015; Aktenzeichen B 14 AS 20/14 R)

BSG (Urteil vom 29.04.2015; Aktenzeichen B 14 AS 19/14 R)

 

Tenor

I. Auf die Klage des Klägers zu 1 werden die Bescheide vom 20. Dezember 2011 und vom 21. Dezember 2011 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7. Februar 2012 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Beklagte hat dem Kläger zu 1 2/5 der ihm entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Absenkung der ihnen jeweils gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgrund von Meldeversäumnissen.

Die Kläger bilden eine Bedarfsgemeinschaft, die Klägerin zu 2 ist die Ehefrau des Klägers zu 1. Mit Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 21.07.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16.09.2011 und vom 12.12.2011 wurden den Klägern Leistungen für den Zeitraum 01.09.2011 bis 28.02.2012 bewilligt, mit Bescheid vom 07.02.2012 erfolgte die Weitergewährung für den Zeitraum 01.03.2012 bis 31.08.2012 - vorläufig trotz der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch den Kläger zu 1 weiterhin ohne Anrechnung von Einkommen. Zuletzt war mehrfach die Absenkung insbesondere der an die Klägerin zu 2 gewährten Leistungen wegen der Nichtwahrnehmung von Meldeterminen ohne wichtigen Grund festgestellt worden. Dagegen hatte die Klägerin jeweils eingewandt, dass sie ihrer Ansicht nach nicht verpflichtet sei, Meldetermine beim Beklagten wahrzunehmen, da sie erwerbsunfähig sei. Im Übrigen sei der Kläger zu 1 Vertreter der Bedarfsgemeinschaft, zu einer Kontaktaufnahme mit der Klägerin zu 2 sei der Beklagte daher nicht berechtigt. Außerdem sei wegen der nunmehrigen selbständigen Tätigkeit des Klägers zu 1 ausschließlich der für die Prüfung der Förderung der selbständigen Tätigkeit zuständige Mitarbeiter des Beklagten für die Belange der Bedarfsgemeinschaft zuständig und die Einladung durch andere Mitarbeiter des Beklagten rechtswidrig.

Hierzu waren bereits mehrfach Verfahren vor dem Sozialgericht Augsburg wegen der Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz und Klageverfahren rechtshängig, zuletzt zum Aktenzeichen S 11 AS 1294/11 die Klage gegen die Sanktionsbescheide vom 17.11.2011, vom 29.11.2011, vom 09.12.2011 und vom 15.12.2011, jeweils wegen der Feststellung von Meldeversäumnissen der Klägerin zu 2. Das Gericht hatte mit Urteil vom 13.02.2011 die Bescheide vom 29.11.2011, vom 09.12.2011 und vom 15.12.2011 aufgehoben. Dabei war klargestellt worden, dass das Gericht die Meldeaufforderungen grundsätzlich für rechtmäßig hält. Das Gericht vertritt jedoch die Ansicht, dass die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach die Absenkung der Regelleistung wegen eines weiteren Meldeversäumnisses innerhalb eines bereits laufenden Sanktionszeitraums voraussetzt, dass die vorausgegangene Sanktion bereits durch Bescheid festgesetzt ist (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2011, Az.: B 4 AS 27/10), auch nach der zum 01.04.2011 erfolgten Neuregelung der Leistungsabsenkung bei Meldeversäumnissen weiter Anwendung finden müsse. Die Aufhebung einzelner der Sanktionsbescheide war allein aus diesem Grund erfolgt.

Mit Schreiben vom 25.11.2011 forderte der Beklagte die Klägerin zu 2 erneut auf, am 07.12.2011 einen Termin beim Beklagten zur Besprechung ihrer beruflichen Situation wahrzunehmen. Die Einladung enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung, insbesondere den Hinweis, dass, soweit die Klägerin den Termin ohne wichtigen Grund nicht wahrnehme, für die Dauer von drei Monaten eine Absenkung ihrer Leistungen um 10 % der Regelleistung erfolge und dass sich im Falle mehrfacher Pflichtverletzungen Überschneidungen und damit im Ergebnis eine höhere Leistungsminderung ergeben könne. Nachdem die Klägerin den Termin erneut unentschuldigt nicht wahrgenommen hatte, hörte der Beklagte sie mit Schreiben vom 12.12.2011 zur weiteren Absenkung der Leistungen an wegen der Meldepflichtverletzung an und stellte sodann mit Bescheid vom 02.01.2012 die Minderung der der Klägerin zu 2 gewährten Leistungen für die Zeit vom 01.02.2012 bis 30.04.2012 um 10% der Regelleistung fest. Mit Schreiben vom 03.01.2012 erhoben die Kläger Widerspruch "gegen Kürzungsbescheide vom 03.01.2012". Mit Schreiben vom 12.02.2012 wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass, soweit keine gegenteilige Mitte...

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