Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Geschäftsgebühr. mehrere Auftraggeber. Erhöhung der in Nr 2400 VV RVG bestimmten Kappungsgrenze

 

Orientierungssatz

Im Rahmen der Bemessung der Betragsrahmengebühr nach Nr 2400 RVG-VV erhöht sich bei mehreren Auftraggebern nach Nr 1008 RVG-VV nicht nur der Mindest- und der Höchstbetrag des Betragsrahmens, sondern auch die Schwellengebühr (entgegen LSG Stuttgart vom 22.10.2008 - L 3 AS 2648/08 = AGS 2009, 73).

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 19.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2009 verurteilt, den Klägern die Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 01.07.2009 in Form einer Geschäftsgebühr von 528,00 Euro und einer Auslagenpauschale von 20,00 Euro zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer unter Anrechnung bereits gezahlter 309,40 Euro zu erstatten.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Kosten eines von den Klägern zu 1) bis 5) geführten Widerspruchsverfahrens.

Die Kläger zu 1) und 2) und ihre drei minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3) bis 5), stehen im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Die Kläger wohnten zunächst in einer Wohnung in der L-Straße in T. Der dort zu entrichtende Mietzins betrug 613,60 Euro und wurde in voller Höhe von der Beklagten als Kosten der Unterkunft übernommen. Im März 2009 unterschrieben die Kläger zu 1) und 2) sodann einen Mietvertrag für eine neue Wohnung in der Straße F. in T. und zogen zum 01.06.2009 gemeinsam mit ihren Kindern dorthin um. Die Miete für diese Wohnung beträgt 660,00 Euro. Eine Zusicherung zu dem Umzug hatten die Kläger bei der Beklagten nicht eingeholt. Mit Bescheid vom 01.07.2009 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen für den Zeitraum Juli bis Dezember 2009. Als Kosten der Unterkunft wurden darin trotz des Umzugs weiterhin 613,60 Euro bewilligt. Die Beklagte war insoweit laut Vermerk in der Verwaltungsakte der Auffassung, die neue Wohnung sei unangemessen groß, zudem sei vorher keine Zustimmung zum Umzug erteilt worden. Hiergegen legten die Kläger durch ihren Bevollmächtigten am 15.07.2009 Widerspruch ein mit der Begründung, die Wohnung sei preislich angemessen. Mit Bescheid vom 28.07.2009 half die Beklagte dem Widerspruch in vollem Umfang ab und übernahm außerdem die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Kosten dem Grunde nach.

Am 31.07.2009 reichte der Bevollmächtigte der Kläger seine Kostenrechnung bei der Beklagten ein. Darin machte er geltend: eine Geschäftsgebühr (Nr. 2400 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, VV RVG) mit 120-prozentiger Erhöhung (Nr. 1008 VV RVG) in Höhe von 528,00 Euro und eine Post- und Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV RVG) in Höhe von 20,00 Euro zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt also 652,12 Euro.

Mit Bescheid vom 19.08.2009 erkannte die Beklagte einen Betrag von insgesamt 309,40 Euro an und erstattete diesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Geschäftsgebühr sei nur in einer Höhe von 240,00 Euro entstanden, da es sich um einen von Schwierigkeit und Umfang her nur durchschnittlichen Fall gehandelt habe. Dann gelte aber die Kappungsgrenze aus Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 240,00 Euro, so dass eine höhere Geschäftsgebühr nicht gefordert werden könne. Dagegen haben die Kläger durch ihren Bevollmächtigten am 24.08.2009 Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2009 zurückgewiesen wurde.

Hiergegen richtet sich die am 31.08.2008 erhobene Klage.

Die Kläger tragen vor, das Widerspruchsverfahren sei von den Klägern zu 1) bis 5) geführt worden. Sowohl der Rahmen der Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG, als auch die darin vorgesehene Kappungsgrenze erhöhten sich dementsprechend gemäß Nr. 1008 VV RVG wegen Mehrfachvertretung um 4 x 30 Prozent, insgesamt also um 120 Prozent auf 528,00 Euro.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 19.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2009 zu verurteilen, den Klägern die Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 01.07.2009 in Form einer Geschäftsgebühr von 528,00 Euro und einer Auslagenpauschale von 20,00 Euro zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer unter Anrechnung bereits gezahlter 309,40 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

Die Beklagte trägt vor, eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über 240,00 Euro komme trotz der Vertretung mehrerer Auftraggeber wegen der in Nr. 2400 VV vorgesehenen Kappungsgrenze nicht in Betracht, da die Sache weder schwierig noch umfangreich gewesen sei. Die Beklagte verweist insoweit auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22.10.2008, Aktenzeichen L 3 AS 2648/08.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Ve...

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