Rz. 129
Im Scheidungsfall regelt das Gericht gemäß Art. 133 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB die elterliche Sorge. In der Regel wird dabei die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam belassen (Grundsatz des gemeinsamen Sorgerechts gemäß Art. 296 Abs. 2 ZGB). Nach Art. 133 Abs. 2 ZGB hat das Gericht bei seinem Entscheid alle für das Kindeswohl wichtigen Umstände zu beachten; es berücksichtigt einen gemeinsamen Antrag der Eltern[203] und, soweit tunlich, die Meinung des Kindes. Wenn dies zur Wahrung des Kindeswohls nötig ist, überträgt das Gericht im Scheidungsverfahren die elterliche Sorge einem Elternteil allein (Art. 298 Abs. 1 ZGB). Gründe für den Entzug der elterlichen Sorge sind namentlich Unerfahrenheit, Ortsabwesenheit, Gewalttätigkeit, Krankheit, Gebrechen sowie ernstliches sich nicht Kümmern oder grobe Pflichtverletzungen gegenüber dem Kind.[204] Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort wechseln, so bedarf dies grundsätzlich der Zustimmung des anderen Elternteils.[205] Auf die Zustimmung kann nur verzichtet werden, wenn der Wechsel des Aufenthaltsortes innerhalb der Schweiz erfolgt und keine erheblichen Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den anderen Elternteil hat (Art. 301a Abs. 2 ZGB). Bei Uneinigkeit der Eltern entscheidet das Gericht oder die Kindesschutzbehörde (Art. 301a Abs. 5 ZGB).[206] Dem Gericht obliegt zudem die Regelung der Obhut (Art. 133 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB). Somit kann es auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge die rechtliche Obhut und damit ebenfalls das Recht, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen, einem Elternteil zuteilen.[207] Umgekehrt hat das Gericht auch ohne entsprechenden Antrag eines Elternteils zu prüfen, ob eine alternierende Obhut möglich ist und dem Kindeswohl entspricht.
Rz. 130
Gemäss Art. 133 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB regelt das Gericht den persönlichen Verkehr nach Art. 273 ff. ZGB oder die Betreuungsanteile. Der persönliche Verkehr umfasst jegliche Art von Kontakt zwischen dem Kind und dem Elternteil ohne elterliche Sorge bzw. ohne Obhut oder Betreuungsanteil.[208] Dabei steht das Besuchsrecht im Fokus. Seit etlicher Zeit wurde dieses in der Praxis stark erweitert. Im französischsprachigen Gebiet der Schweiz gilt schon lange die Regel, dass schulpflichtige Kinder jedes zweite Wochenende und die Hälfte der Ferien beim Besuchsberechtigten verbringen. In der deutschsprachigen Schweiz gelten in Fällen mit unbestrittenem Besuchsrecht inzwischen ähnliche Prinzipien. In strittigen Fällen erstreckt sich das Besuchsrecht aber üblicherweise nur auf ein bis zwei Wochenenden pro Monat und zwei bis drei Wochen Ferien im Jahr.[209] Die Feiertage werden im Turnus bei dem einen oder anderen Elternteil verbracht. In allen Fällen ist aber auf die konkrete Situation, namentlich das Alter der Kinder, Rücksicht zu nehmen.[210]
Rz. 131
Für die Bemessung des Kindesunterhalts wird vorab auf die Ausführungen in Rdn 35 verwiesen. Insbesondere sind die Unterhaltsbeiträge des Kindes und des Sorgerechtsinhabers auch im Rahmen der Ehescheidung getrennt festzusetzen (Art. 282 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 ZPO). Obwohl Volljährige ihren Unterhaltsanspruch grundsätzlich gestützt auf Art. 277 Abs. 2 ZGB im eigenen Namen geltend zu machen haben, kann der Unterhalt im Scheidungsverfahren über die Volljährigkeit hinaus festgelegt werden (vgl. Art. 133 Abs. 3 ZGB). Das gilt auch dann, wenn das Kind im Zeitpunkt der Scheidung noch sehr jung ist.[211] Der Volljährigenunterhalt setzt einerseits voraus, dass das Kind noch keine angemessene Ausbildung hat, andererseits steht die Leistungspflicht des Unterhaltsschuldners unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit und wird zeitlich durch die ordentliche Ausbildungsdauer begrenzt (Art. 133 Abs. 3 i.V.m. Art. 277 Abs. 2 ZGB).[212]
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