Rz. 171

Art. 168 ZGB erlaubt den Ehegatten im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben den Abschluss beliebiger Rechtsgeschäfte unter sich und mit Dritten. Beim Erwerb von Grundstücken begründen die Ehegatten, gestützt auf diese ihnen offen stehende Möglichkeit und im Sinne einer Alternative zum Miteigentum, vielfach eine einfache Gesellschaft (Ehegattengesellschaft).[283] Diese Rechtsfigur ermöglicht Ehegatten, denen die Vermögensverschmelzung im Rahmen der Gütergemeinschaft zu weit geht, die auf ein spezifisches Teilvermögen beschränkte Begründung von Gesamteigentum.

 

Rz. 172

Weil das Gesellschaftsvermögen ebenfalls zum Vermögen der Ehegatten gehört, zieht die Auflösung der Ehe regelmäßig die Auflösung auch der einfachen Gesellschaft nach sich.[284] Auf die Auflösung der einfachen Gesellschaft folgt diesfalls die güterrechtliche Auseinandersetzung und schließlich die Erbteilung.[285] Der nach der Tilgung der Gesellschaftsschulden und der Rückerstattung der Einlagen erzielte Gewinn oder Verlust (vgl. Art. 549 Abs. 1 und 2 OR) ist nach den güterrechtlichen Vorschriften auf die Ehegatten zu verteilen, wobei mangels anderer Vereinbarung auf jeden Ehegatten die Hälfte entfällt (Art. 533 OR).[286]

 

Rz. 173

Eine Begünstigung des weniger leistungsfähigen Ehegatten kann durch die schenkungsweise (Mit-)Finanzierung seines Gesellschaftsanteils seitens des anderen Ehegatten erreicht werden.[287]

 

Rz. 174

Haben die Ehegatten eine Fortsetzungsklausel zugunsten des überlebenden Gesellschafters vereinbart, wird dieser mit dem Ableben des vorversterbenden Ehegatten ohne vorgängige Liquidation der Gesellschaft kraft Anwachsung Alleinberechtigter des Gesellschaftsvermögens.[288] Den anderen Erben steht diesfalls ein schuldrechtlicher Abfindungsanspruch zu.[289]

[282] Diese ist nicht in allen Kantonen (gleich stark) verbreitet; häufig kommt sie im Kanton Bern vor. Siehe zur Ehegattengesellschaft Hausheer/Lindenmeyer Lieb, in: Wolf, Güter- und erbrechtliche Fragen zur einfachen Gesellschaft und zum bäuerlichen Bodenrecht, Bern 2005, S. 1 ff.; weiter Aebi-Müller/Wolf, Gemeinschaftliches Eigentum unter Ehegatten – insbesondere güter-, erb- und sachenrechtliche Aspekte, in: Wolf, Gemeinschaftliches Eigentum unter Ehegatten, eingetragenen Partnern und nichtehelichen Lebenspartnern – EU-Erbrechtsverordnung, Bern 2015, S. 1 ff.
[283] Weil eine einfache Gesellschaft formlos begründet werden kann (Art. 530 OR e contrario), tritt der entsprechende übereinstimmende Wille der Ehegatten regelmäßig erst anlässlich der beim Grundstückkauf notwendigen öffentlichen Beurkundung zutage.
[284] Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, Rn 14.78.
[285] Dazu Hausheer/Aebi-Müller, Güter- und erbrechtliche Planung, S. 36 ff. m.w.N.
[286] Damit wird die Nennwertgarantie von Art. 206 ZGB (ggf. zum Nachteil des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten) aufgehoben; vgl. Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, Rn 14.79.
[287] Die Schenkung führt beim Beschenkten zur Bildung von Eigengut (Art. 198 Ziff. 2 ZGB), mit der Folge, dass der schenkende Ehegatte im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung daran nicht mehr partizipiert, seinen ggf. aus Errungenschaftsmitteln finanzierten eigenen Gesellschaftsanteil aber im Rahmen der Vorschlagsbeteiligung ein weiteres Mal teilen muss; vgl. Hausheer/Geiser/Aebi-Müller, Rn 14.84 mit Hinweis auf Rn 14.95.
[288] Vgl. BGE 119 II 119 ff. und oben Rdn 152.
[289] Wolf, Grundstücke, S. 261.

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