Rz. 46

Das Aktienkapital der schwedischen Aktiengesellschaft ist durch eine Vielzahl von Vorschriften des ABL geschützt. In Kap. 17 ABL werden eine Reihe von Transaktionen, die dazu führen, dass die Vermögensmasse der Gesellschaft sich verringert, unter dem Sammelbegriff "Werteübertragung" (värdeöverföring) behandelt. Nur Transaktionen, bei denen die Gesellschaft keine oder eine zu geringe Gegenleistung erhält, werden davon erfasst. Kap. 17 § 1 Abs. 1 ABL nennt neben (a) Gewinnausschüttungen (b) den Erwerb eigener Aktien und (c) die Rückzahlung von Aktienkapital infolge einer Kapitalherabsetzung als weitere Kategorien von Werteübertragungen. Schließlich qualifiziert das Gesetz (d) auch Geschäftsereignisse als Werteübertragungen, die dazu führen, dass das Vermögen der Gesellschaft sich "auf andere Weise" verringert und dies nicht ausschließlich geschäftlich veranlasst ist. Darunter fallen insbesondere Gewinnausschüttungen ohne Einhaltung der vorgeschriebenen Formalitäten, sog. verdeckte Gewinnausschüttungen (förtäckt vinstutdelning); aber auch der Verkauf von Vermögensgütern unter Wert, der Ankauf zu einem offensichtlich überhöhten Preis, Vergütungen für Arbeit und Dienstleistungen, die gar nicht erbracht wurden. "Schlechte Geschäfte" sind grundsätzlich nicht als Werteübertragung zu qualifizieren. In der Generalklausel des Kap. 17 § 2 ABL ist geregelt, dass die Übertragung von Vermögenswerten aus der Gesellschaft nur in den im Gesetz geregelten Fällen, nämlich in Form der Gewinnausschüttung, beim Erwerb eigener Aktien im Rahmen der Herabsetzung des Aktienkapitals und bei gemeinnützigen Geschenken, erfolgen darf. Alle Fälle sind ausführlich und im Hinblick auf den Schutz der Gläubiger im Gesetz geregelt.

 

Rz. 47

Eine dem deutschen § 30 GmbHG in gewisser Weise ähnliche Regel findet sich in Kap. 17 § 3 ABL. Danach sind Werteübertragungen, somit auch Gewinnausschüttungen an die Aktionäre, nur dann zulässig, soweit sie nicht das gebundene Kapital beeinträchtigen. Darunter werden das Grundkapital, die nicht realisierten Wertaufholungen sowie die gesetzlichen Rücklagen (reservfond) verstanden. Auch eine verdeckte Gewinnausschüttung würde aktienrechtlich de facto akzeptiert werden, wenn sämtliche Aktionäre sich einig sind und das gebundene Kapital nicht beeinträchtigt wird. Bei der Beurteilung, ob eine Transaktion rechtmäßig gewesen ist, muss zuerst ermittelt werden, ob es sich überhaupt um eine Werteübertragung (mangelnde geschäftliche Veranlassung, siehe Rdn 46) gehandelt hat. Erst danach wird ggf. untersucht, ob diese das gebundene Kapital beeinträchtigt hat und ob der Beschluss formell rechtmäßig gefasst wurde. Wenn es sich um eine unerlaubte Werteübertragung handelt, steht der Gesellschaft ein Rückübertragungsanspruch zu. Natürlich kommt auch eine Anfechtung der Transaktion im Rahmen eines Konkursverfahrens in Frage. Subsidiär haften die an der Transaktion beteiligten Personen.

 

Rz. 48

In diesem Zusammenhang ist dann auch das umfangreiche Darlehensverbot an Aktionäre und Gesellschaftsorgane zu erwähnen, das im 21. Kapitel ABL ausführlich geregelt ist.[47] Das umfasst allerdings nur Gelddarlehen. Es gibt allerdings eine Reihe von Ausnahmen, u.a. für Konzerndarlehen. Verboten sind auch Darlehen zur Finanzierung des Kaufs von Aktien an der darlehensgewährenden Gesellschaft. Ausnahmen davon gelten für Aktienoptionsprogramme für Mitarbeiter. Das Darlehensverbot ist nicht nur zivilrechtlich, sondern auch strafrechtlich sanktioniert (Bußgeld oder Freiheitsentzug bis zu einem Jahr). Gerade deswegen ist das Tatbestandsmerkmal "Gelddarlehen" restriktiv auszulegen. In einem kürzlich entschiedenen Fall hat der Höchste Gerichtshof festgestellt, dass es sich um eine zwischen der Gesellschaft und dem Empfänger vertraglich geregelte Transaktion über die Überlassung von Zahlungsmitteln handeln und dass von dem Empfänger die Rückzahlung erwartet werden muss. In dem konkreten Fall hatte der Gerichtshof nur eine vorschussweise Auszahlung einer Ausschüttung (Dividende) angenommen, weil außerdem die finanzielle Situation der Gesellschaft eine solche hätte rechtfertigen können.[48] Sind im Auszahlungszeitpunkt keine ausreichenden ausschüttbaren Mittel vorhanden, handelt es sich um ein verdecktes Gelddarlehen.

 

Rz. 49

Ferner obliegt es den Mitgliedern des Verwaltungsrates, laufend die Erhaltung des Aktienkapitals zu überwachen. Sie müssen unverzüglich[49] eine Kontrollbilanz aufstellen und von den Abschlussprüfern prüfen lassen,[50] sobald sie Grund zur Annahme haben, dass das Eigenkapital der Gesellschaft geringer ist als die Hälfte des eingetragenen Aktienkapitals, oder wenn bei einem Zwangsvollstreckungsversuch gem. Kap. 4 des Zwangsvollstreckungsgesetzes (Utsökningsbalken) festgestellt wurde, dass die Gesellschaft keine pfändbaren Vermögensgegenstände mehr besitzt.[51] Zeigt diese Kontrollbilanz, dass dies der Fall ist bzw. wurde das Fehlen pfändbarer Vermögensgegenstände festgestellt, so haben die Mitglieder des Verwaltungsrates die Ha...

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