Kapitalgesellschaften: Die Societas Europaea (SE)

Seit dem 8. Oktober 2004 steht in Deutschland die Europäische Gesellschaft ("Societas Europaea) als weitere Kapitalgesellschaftsform zu Verfügung. Die SE ist das europäische Pendant zur deutschen Aktiengesellschaft. Sie bietet insbesondere international tätigen Unternehmen die Möglichkeit, nach einem einheitlichen europäischen Regelwerk tätig zu werden.

Die SE eignet sich in besonderem Maße dafür, ausländische Investoren zu gewinnen. Von großer Bedeutung ist in der Praxis auch Möglichkeit, die Mitarbeitermitbestimmung abweichend von den nationalen Regeln zu gestalten.

Gründung

Die SE kann nur durch Umwandlung bestehender Gesellschaften mit Sitz in der EU gegründet werden. Hierzu gehört die Gründung durch Verschmelzung, die Gründung einer Holding-SE, die Gründung einer Tochter-SE und die Gründung durch formwechselnde Umwandlung. Eine klassische Neugründung ist nicht möglich; natürliche Personen sind von der Gründung einer SE ausgeschlossen – es muss sich um eine juristische Person handeln. Für die Gründung muss ein Mindestkapital in Höhe von 120.000 EUR aufgebracht werden. In der Praxis erfolgt die Gründung häufig durch Verwendung einer Vorrats SE.

Geschäftsführung, Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat

Hinsichtlich der inneren Organisation der SE kann zwischen einem monistischen und einem dualistischen System gewählt werden. Das dualistische System sieht wie die deutsche AG den Vorstand, den Aufsichtsrat und die Hauptversammlung als die drei erforderlichen Organe der SE vor. Insoweit kann auf das zur AG Gesagte verwiesen werden.

Das monistische System ermöglicht es hingegen, die Unternehmensführung in einem Organ, dem Verwaltungsrat, zu bündeln. Der Verwaltungsrat vereinigt Vorstand und Aufsichtsrat, er übernimmt sowohl die Leitung als auch die Kontrolle und delegiert die laufende Geschäftsführung an die geschäftsführenden Direktoren (die Mitglieder des Verwaltungsrats sein können, aber nicht müssen), denen der Verwaltungsrat Weisungen erteilen kann und die das Unternehmen nach außen vertreten.

Die Entscheidung, welches der beiden Struktursysteme für die jeweilige SE gewählt wird, ist in der Satzung zu treffen und kann von der Hauptversammlung jederzeit geändert werden. Die Hauptversammlung ist unter anderem für alle Fragen zuständig, für die auch eine Hauptversammlung nach dem Recht des Sitzstaates zuständig wäre, und damit in Deutschland für die Grundsatzentscheidungen.

Regelungsregime der SE

Zwar unterliegt die SE zunächst den Bestimmungen der EU-weit geltenden SE-Verordnung selbst. Die Verordnung sieht allerdings vor, dass in gewissen Regelungsbereichen nationales Recht des Sitzes greift (Recht der AG) oder sogar die Bestimmungen der Satzung der jeweiligen Gesellschaft selbst Anwendung finden.

So wird etwa hinsichtlich der Organhaftung gegenüber der SE auf die nationalen Regeln (der AG) verwiesen. Die Mitglieder des Leitungs- und Kontrollorgans haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Andernfalls droht auch hier bei schuldhafter Pflichtverletzung eine persönliche Haftung. Ebenfalls ausdrücklich auf das Recht des Sitzstaates verwiesen, wird bei der Aufstellung des Jahresabschlusses. Mangels Regelungen durch europäisches Recht findet etwa auch hinsichtlich der Besteuerung das Recht des Sitzstaates Anwendung.

Übertragbarkeit der Anteile

Auch für Erwerb und Übertragbarkeit der SE-Aktien greift das nationale Recht des jeweiligen Sitzstaates.

Haftung der SE-Aktionäre

Anders sieht dies bei der Haftung der SE-Aktionäre aus: Hier ist der Haftungsausschluss der Mitglieder ausdrücklich in der Verordnung selbst statuiert.

Mitbestimmung

Aus unternehmerischer Sicht bietet die SE im Gegensatz zur deutschen AG neben der höheren Flexibilität bei der Gestaltung der Gesellschaftsleitung den Vorteil, dass sie weder vom MitbestG noch vom DrittelbG erfasst wird und eine Arbeitnehmermittbestimmung daher durch ein Verhandlungsgremium im Stadium der Gründung individuell ausgehandelt werden muss. Nach derzeitiger Rechtslage bleibt der zum Zeitpunkt der SE-Gründung gewählte Mitbestimmungsstatus dauerhaft erhalten; es kommt zur Einfrierung des Status Quo.