Verschattungen durch geschützte Bäume zählen nach Meinung der Gerichte im Allgemeinen zu den "natürlichen Lebensäußerungen" von Gehölzen, die als Folge der Sozialbindung des Grundeigentums nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG und der Situationsgebundenheit des betreffenden Grundstücks hingenommen werden müssen. Ein Antrag auf eine Fällgenehmigung hat deshalb keine Aussicht auf Erfolg, wenn er mit dem Argument begründet wird, durch den Schattenwurf werde das Sonnenbad auf der Terrasse oder im Garten behindert, das Pflanzenwachstum im Schattenbereich werde beeinträchtigt oder die Besonnungszeit in betroffenen Wohnräumen sei schattenbedingt auf etwa 2 Stunden am Tag reduziert.[1]

Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung ist nach der Rechtsprechung erst dann zu bejahen, wenn Wohnräume so verschattet werden, dass den ganzen Tag über künstliches Licht eingeschaltet werden muss.[2]

 
Praxis-Beispiel

FAQs zum Baumschutz der Stadt Elmshorn[3]

Die Stadt Elmshorn hat für einen Beseitigungsanspruch bei der Verschattung eines Grundstücks durch Bäume folgende Voraussetzungen und Kriterien aufgestellt:

  • Es hat eine Ortsbegehung stattzufinden, die im Sommer an einem sonnigen Tag durchzuführen ist.

Wohnraum- und Licht-Kriterien

  • Eine unzumutbare Härte kann nur auf Wohnräume angewandt werden. Dazu zählt das Wohnzimmer und mit Abstrichen das Kinderzimmer bzw. ein Arbeitszimmer. Eine unzumutbare Härte kann nicht für andere Bereiche wie Küche, Bad usw. definiert werden.
  • Die Lichtverhältnisse werden als ausreichend bewertet, wenn "wohnraumtypische" Nutzungen wie z.B. Lesen ohne Zuschaltung von künstlichem Licht durchgeführt werden können. Es gibt keine Normwerte für die Ausleuchtung von Wohnräumen; in der Schweiz wird ein Orientierungswert von 300 LUX genannt. Das tatsächliche Empfinden dieser Lichtstärke wird jedoch von anderen Faktoren wie Möblierung, Tapeten, Bodenbelag sehr stark beeinflusst. So wirken hell gestalte Räume bei gleicher LUX-Stärke heller als dunkel gehaltene.
  • Es sollte möglichst 4 Stunden Tageslicht in den Raum einfallen können.
  • Die Beurteilung muss auch dem Umfeld Rechnung tragen. So ist im städtischen Bereich immer davon auszugehen, dass die Lichtverhältnisse schlechter sind als im ländlichen Raum, was durch die unterschiedliche Bebauungsdichte etc. bedingt wird. Generell ist deshalb bei der Beurteilung zu berücksichtigen, wie sich die Lichtverhältnisse bei einer zulässigen Bebauung auf dem Nachbargrundstück darstellen würden, d.h. welche Verschattungswirkung ein zulässiges Gebäude auf den Wohnraum haben würde.

Baumschutz-Kriterien

  • Stets ist zu berücksichtigen, um welchen Baum es sich handelt und welchen ökologischen Wert dieser hat. Ebenso ist unbedingt das Alter des betroffenen Baumes zu berücksichtigen.
  • Immer sind auch "mildere Mittel" zu prüfen, ob also z.B. durch Auslichten der Baumkrone, baumverträglichen Kronenschnitt, Beseitigung von Unterholz etc. die Verschattung deutlich gemindert werden kann.
[1] Vgl. VGH Kassel, Urteil v. 10.12.1993, 3 UE 1772/93, NVwZ 1994 S. 1020; OVG Hamburg, Urteil v. 18.8.1995, Bf 9/94, NuR 1996 S. 415; VGH Mannheim, Urteil v. 2.10.1996, 5 S 831/95, NJW 1997 S. 2128; OVG Berlin, Urteil v. 4.6.2004, 2 B 2/02, NVwZ 2005 S. 721.
[2] So VGH Mannheim, Urteil v. 2.10.1996, 5 S 831/95, NJW 1997 S. 2128; VG München, Urteil v. 7.5.2012, M 8 K 11.957.
[3] Stadt Elmshorn, Amt für Stadtentwicklung, Umwelt und Naturschutz, Häufig gestellt Fragen zum Baumschutz, S. 3.

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