Rz. 37

Einigkeit besteht nur insoweit, als die Einlegung des eigenen Rechtsmittels durch die Gebühren des vorangegangenen Rechtszugs abgegolten wird (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10).

 

Rz. 38

Konsequenterweise zählt dann auch die Beratung über die Aussichten und Zweckmäßigkeit eines eventuellen – also noch nicht eingelegten – Rechtsmittels ebenfalls zum vorangegangenen Verfahren und wird durch die dortigen Gebühren abgegolten. Wie sich aus § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 ergibt, dauert das erstinstanzliche Verfahren nämlich bis zur Einlegung eines Rechtsmittels an und erfasst daher alle bis dahin anfallenden anwaltlichen Tätigkeiten.[8]

 

Rz. 39

Ist das Rechtsmittel jedoch bereits eingelegt und lässt sich der Mandant erst dann über dessen Aussichten beraten, so zählt diese Tätigkeit bereits zum Rechtsmittelverfahren.[9] Anderer Ansicht ist offenbar Hansens,[10] der die Beratung über Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit des Rechtsmittels stets noch dem erstinstanzlichen Verfahren zuordnen will. Dies dürfte jedoch unzutreffend sein. Die Einlegung des Rechtsmittels bildet die zeitliche Zäsur zwischen Ausgangs- und Rechtsmittelverfahren. Jede Tätigkeit nach Einlegung des Rechtsmittels wird daher bei Verteidigungsauftrag durch die Gebühren der VV 4124 ff., 4130 ff. abgegolten und bei isoliertem Beratungsauftrag durch die VV 2102. Dazu zählen, wie bereits ausgeführt (siehe Rdn 5), insbesondere

die Beratung des Mandanten über das bereits eingelegte Rechtsmittel
die Überprüfung des Urteils der Vorinstanz[11]
die Berufungs- oder Revisionsbegründung
die Berufungs- oder Revisionsgegenerklärung
die Rücknahme des Rechtsmittels[12]
die Einsichtnahme in die Strafakten zur Vorbereitung der Hauptverhandlung.[13]

Letztlich darf diese Streitfrage jedoch nicht überbewertet werden. Soweit die Beratung über die Aussichten des Rechtsmittels noch zum Ausgangsverfahren gezählt wird, muss diese Mehrarbeit konsequenterweise dort im Rahmen des § 14 Abs. 1 gebührenerhöhend berücksichtigt werden.

[8] LG Flensburg JurBüro 1984, 890.
[9] LG Hannover JurBüro 2014, 190.
[10] BRAGO, § 87 Rn 5.
[11] OLG Zweibrücken JurBüro 1981, 1531.
[12] OLG Oldenburg NJW 1964, 2124; a.A. OLG Zweibrücken JurBüro 1981, 1531.
[13] LG Wuppertal DAR 1985, 94.

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