Rz. 133

Einigkeit besteht nur insoweit, als die Einlegung des eigenen Rechtsmittels durch die Gebühren des vorangegangenen Rechtszugs abgegolten wird. Konsequenterweise zählt dann auch die Beratung über die Möglichkeit und die Zweckmäßigkeit eines eventuellen – also noch nicht eingelegten – Rechtsmittels ebenfalls zum vorangegangen Verfahren und wird durch die dortigen Gebühren abgegolten. Wie sich aus Nr. 10, 1. Hs. ergibt, dauert das erstinstanzliche Verfahren insoweit nämlich bis zur Einlegung eines Rechtsmittels an und erfasst daher alle bis dahin anfallenden anwaltlichen Tätigkeiten.[121]

 

Rz. 134

Ist das Rechtsmittel jedoch bereits eingelegt und lässt sich der Mandant erst dann über dessen Aussichten beraten, so zählt diese Tätigkeit entweder bereits zum Rechtsmittelverfahren, wenn insoweit bereits Vertretungsauftrag besteht, oder die Prüfung ist als selbstständige Angelegenheit nach VV 2102, 2103 (bei Wertgebühren nach VV 2100, 2101) zu vergüten. Anderer Ansicht ist offenbar Hansens,[122] der die Beratung über Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit des Rechtsmittels stets noch dem erstinstanzlichen Verfahren zuordnen will. Dies dürfte jedoch unzutreffend sein. Spätestens die Einlegung des Rechtsmittels bildet die zeitliche Zäsur zwischen Ausgangs- und Rechtsmittelverfahren. Jede Tätigkeit nach Einlegung des Rechtsmittels wird daher durch die Gebühren der VV 4124, 4130, VV 5113, VV 6207, 6211 oder der VV 2100 ff. abgegolten. Dazu zählen insbesondere:

die Beratung des Mandanten über das bereits eingelegte Rechtsmittel,
die Überprüfung des Urteils der Vorinstanz,[123]
die Berufungs- oder Revisionsbegründung oder Begründung der Rechtsbeschwerde oder Nichtzulassungsbeschwerde,
die Berufungs- oder Revisionsgegenerklärung oder die Gegenerklärung zur Rechtsbeschwerde oder Nichtzulassungsbeschwerde,
die Erklärung, ob ein unbestimmt eingelegtes Rechtsmittels als Berufung oder Revision gelten soll,
die Rücknahme des Rechtsmittels,[124]
die Einsichtnahme in die Strafakten zur Vorbereitung der Hauptverhandlung.[125]

Letztlich darf diese Streitfrage jedoch nicht überbewertet werden. Soweit die Beratung über die Aussichten des Rechtsmittels noch zum Ausgangsverfahren gezählt wird, muss diese Mehrarbeit konsequenterweise dort im Rahmen des § 14 Abs. 1 gebührenerhöhend berücksichtigt werden.

[121] LG Flensburg JurBüro 1984, 890.
[122] Hansens, § 87 Rn 5.
[123] OLG Zweibrücken JurBüro 1981, 1531.
[124] OLG Oldenburg NJW 1964, 2124; a.A. OLG Zweibrücken JurBüro 1981, 1531.
[125] LG Wuppertal DAR 1985, 94.

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