Rz. 20

Wird der Anwalt für den Beschwerdegegner tätig, so wird es häufiger an einem ausdrücklichen Auftrag fehlen. Der Anwalt nimmt in der Praxis in aller Regel die Beschwerdeschrift entgegen und nimmt sogleich hierzu Stellung. Soweit vielfach in den Kommentaren und Entscheidungen zu lesen ist, bereits mit Entgegennahme der Beschwerdeschrift werde die Vergütung nach VV 3500 ausgelöst, ist dies unzutreffend.[33] Erforderlich ist zunächst einmal ein Auftrag.[34] Da der Anwalt vor Entgegennahme der Beschwerdeschrift den Auftraggeber über die eingelegte Beschwerde aber noch gar unterrichtet haben kann, wird er daher auch noch keinen Auftrag erhalten haben können.[35]

 

Rz. 21

Lediglich in Ausnahmefällen, in denen eine Beschwerde zu erwarten ist und der Auftraggeber bereits prophylaktisch den Auftrag erteilt, sich gegen die zu erwartende Beschwerde zu verteidigen, kann mit Entgegennahme der Beschwerdeschrift die Vergütung nach VV 3500 ausgelöst werden. Es muss dann danach gefragt werden, ob der Anwalt aufgrund des generellen Auftrags davon ausgehen durfte, dass er auch für ein Beschwerdeverfahren beauftragt sei, also ob die Tätigkeit des Anwalts für den Beschwerdegegner im Einverständnis des Mandanten liegt und durch den generellen Verfahrensauftrag gedeckt ist. Es wird wiederum auf den Einzelfall ankommen. Von einem solchen konkludenten Auftrag ist auszugehen, wenn die Gegenseite Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss einlegt, mit der sie die Festsetzung weiterer Kosten begehrt[36] oder die Absetzung zugunsten der Partei festgesetzter Kosten. Auch soweit der Anwalt die Beschwerde erfolgreich abwehrt und der Gegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat, wird man von einem konkludenten Auftrag, zumindest aber von einer Genehmigung, ausgehen können. Soweit kein erkennbares Interesse an dem Beschwerdeverfahren besteht, dürfte ein konkludenter Auftrag abzulehnen sein. Die Auftragserteilung für das Beschwerdeverfahren kann ggf. auch in der allgemeinen Beauftragung zur Prozessführung gesehen werden.[37]

 

Beispiel: Die Gegenseite lehnt den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Soweit der der Beschwerdegegner an dem Ausgang des Verfahrens kein eigenes Interesse hat, wird er kaum dem Anwalt einen entsprechenden Auftrag erteilen.[38]

[33] BGH 6.4.2005 – V ZB 25/04, AGS 2005, 413; noch zur BRAGO: LG Berlin JurBüro 1984, 62; LG Hannover JurBüro 1986, 1835; OLG Koblenz AGS 2004, 67 m. Anm. N. Schneider.
[34] BGH 6.4.2005 – V ZB 25/04, AGS 2005, 413; OLG Koblenz 14.4.2015 – 14 W 233/15, AGS 2016, 102; noch zur BRAGO: OLG Frankfurt JurBüro 1977, 675; vgl. auch OLG Naumburg 22.6.2016 – 12 Wx 32/16 (KfB), AGS 2017, 106 = RVGreport 2017, 59.
[35] OLG Hamm BRAGOreport 2001, 120 m. Anm. Hansens.
[36] KG JurBüro 1971, 530.
[37] BGH 6.4.2005 – V ZB 25/04, AGS 2005, 413; OLG Koblenz 14.4.2015 – 14 W 233/15, AGS 2016, 102; OLG Koblenz 6.11.2012 – 14 W 582/12, AGS 2013, 166; OLG Celle 7.6.2010 – 2 W 147/10; i.Erg. so wohl auch BGH 28.2.2013 – V ZB 132/12, AGS 2013, 251 = RVGreport 2013, 238; a.A. N. Schneider, MDR 2001, 130.
[38] A.A. BGH 6.4.2005 – V ZB 25/04, AGS 2005, 413 m. Anm. N. Schneider = NJW 2005, 2233.

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