a) Grundsatz

 

Rz. 34

Die Postentgeltpauschale kann der Anwalt in jeder Angelegenheit gesondert berechnen. Dies ist im Gesetz (Anm. zu VV 7002) ausdrücklich geregelt. Soweit das RVG anordnet, dass eine bestimmte anwaltliche Tätigkeit als besondere Angelegenheit anzusehen ist, kann der Anwalt in dieser Angelegenheit also auch eine gesonderte Postentgeltpauschale berechnen.

b) Einzelfälle

 

Rz. 35

Wann nur eine Angelegenheit gegeben ist und wann mehrere, wird teilweise unterschiedlich beurteilt. Umstritten waren nach der BRAGO vor allem die Anrechnungsfälle, also diejenigen Fälle, in denen die BRAGO angeordnet hatte, dass eine Gebühr auf eine bestimmte Gebühr einer anderen, nachfolgenden Angelegenheit anzurechnen sei (so z.B. in den §§ 20 Abs. 1 S. 4, 39 S. 2, 43 Abs. 2, 118 Abs. 2 BRAGO). Umstritten war insoweit nicht nur, ob überhaupt eine weitere Pauschale entsteht, sondern auch, wie sich die Anrechnung auswirkt.

 

Rz. 36

Die Streitfragen, in welchen Fällen eine gesonderte Pauschale entsteht, dürften jetzt weitgehend geklärt sein. Zum einen folgt aus der Anm. zu VV 7002 klar und eindeutig, dass der Anwalt die Pauschale in jeder Angelegenheit fordern kann; zum anderen ist in den §§ 17, 18, 20 und 21 ausführlich geregelt, wann eine gesonderte Angelegenheit gegeben ist. Danach erhält der Anwalt in jeder Angelegenheit eine eigene Pauschale. Der Begriff der Angelegenheit ist dabei ausschließlich gebührenrechtlich zu verstehen und nicht prozessual. Dasselbe prozessuale Verfahren kann mehrere Gebührenangelegenheiten umfassen. So gelten z.B. das Urkunden-, Scheck- oder Wechselverfahren einerseits und das anschließende Nachverfahren andererseits jeweils als eigene Angelegenheit (§ 17 Nr. 5). Ebenso ist jetzt gesetzlich geregelt, dass das Mahnverfahren und das nachfolgende streitige Verfahren zwei verschiedene Angelegenheiten sind (§ 17 Nr. 2). Ungeachtet des eindeutigen Wortlautes wurde von einigen Gerichten dennoch die Auffassung vertreten, der Anwalt könne in diesen Fällen nur eine Pauschale verlangen, da es sich nur um ein einziges Verfahren handele.[37] Dies ist unzutreffend. Der Anwalt erhält in jedem Gebührenrechtszug seine Vergütung gesondert. Daher muss er auch in gesonderten Angelegenheiten jeweils gesonderte Pauschalen erhalten. Dies stellt die Anm. zu VV 7002 nunmehr unmissverständlich klar.

 

Rz. 37

Gesonderte Postentgeltpauschalen erhält der Anwalt immer dann, wenn das RVG bestimmt, dass eine Tätigkeit als "verschiedene Angelegenheit" (§ 17) oder als "besondere Angelegenheit" (§ 18) gilt. Der Anwalt erhält daher insbesondere in folgenden Fällen gesonderte Pauschalen:

bei Beratung und nachfolgender außergerichtlicher oder gerichtlicher Tätigkeit
bei außergerichtlicher Tätigkeit und nachfolgendem Rechtsstreit bzw. Mahnverfahren[38]
bei Beratungshilfe und nachfolgendem Rechtsstreit[39]
bei Mahnverfahren und anschließendem streitigem Verfahren (§ 17 Nr. 2)
bei Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO und anschließendem Revisionsverfahren (§ 17 Nr. 9)
bei Urkunden-, Scheck- oder Wechselverfahren und Nachverfahren bzw. ordentlichem Verfahren (§ 17 Nr. 5)[40]
im Verfahren nach Zurückverweisung (§ 21 Abs. 1)[41]
im weiteren Verfahren nach Verweisung an ein untergeordnetes Gericht (§ 20 Abs. 1 S. 2)
im Verfahren über eine Räumungsfrist, soweit das Verfahren nicht mit der Hauptsache verbunden ist
im Verfahren über die vorläufige Vollstreckbarkeit bei gesonderter mündlicher Verhandlung (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 12)
in allen Eilverfahren nach § 17 Nr. 4 (Arrest, einstweiliges Verfügungsverfahren und einstweilige Anordnung)
in jedem Rechtsmittelverfahren, Berufung, Revision, Beschwerde, Rechtsbeschwerde (§ 17 Nr. 1)[42]
in jedem Beschwerdeverfahren nach VV Teil 3, insbesondere im Verfahren über die Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss (§ 18 Abs. 1 Nr. 3)
in Verfahren auf unbedingte Vollstreckbarerklärung (§§ 537, 558 ZPO), sofern es nicht Teil der Hauptsache ist (arg. e. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9)[43]
in jeder selbstständigen Zwangsvollstreckungsmaßnahme (§ 18 Abs. 1 Nr. 1)
im sozialrechtlichen Vorverfahren und im anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren[44]
im selbstständigen Beweisverfahren und im nachfolgenden Rechtsstreit oder umgekehrt (arg. e. VV Vorb. 3 Abs. 5)[45]
in Verfahren über die Zulassungsbeschwerde und im Rechtsmittelverfahren nach Zulassung (§ 17 Nr. 9)[46]
im Güteverfahren und dem nachfolgenden Rechtsstreit (§ 17 Nr. 7)
im vereinfachten Unterhaltsverfahren und dem nachfolgenden Rechtsstreit (§ 17 Nr. 3)
bei Einzeltätigkeiten nach VV 4300 und anschließender Tätigkeit als Verteidiger (arg. e. VV Vorb. 4.3 Abs. 4)
bei Vertretung im Sühneverfahren (§ 380 StPO) und anschließendem Privatklageverfahren[47]
bei Fortsetzung eines erledigten Auftrages nach mehr als zwei Kalenderjahren (§ 15 Abs. 5 S. 2)
im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren und dem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren (§ 17 Nr. 10 Buchst. a); die gegenteilige Rspr. zur Rechtslage vor Inkrafttreten des 2. KostRMoG ist nic...

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