1. Sonstige Fälle

 

Rz. 144

Außer in den in Nr. 1 Buchst. a bis c genannten Fällen kann der Anwalt immer dann Dokumentenpauschalen abrechnen, wenn sie in sonstigen Fällen im Einverständnis mit dem Auftraggeber zusätzlich gefertigt sind. Auf den Zweck der Kopie oder des Ausdrucks oder den Adressaten kommt es nicht an, wie Nr. 1 Buchst. d klarstellt. Daher zählen auch Kopien und Ausdrucke zur Unterrichtung Dritter, aber auch des Gerichts, des Gegners oder des Mandanten, wenn insoweit nicht Nr. 1 Buchst. b oder c gegeben ist, zu der nach Nr. 1 Buchst. d vergütungspflichtigen Dokumentenpauschale.

 

Rz. 145

Sonstige Fälle sind die Fälle, die nicht in Nr. 1 Buchst. a bis c geregelt sind. Nr. 1 Buchst. d ist ein eigener Auslagentatbestand und kein Auffangtatbestand für Nr. 1 Buchst. a bis c. Fertigt der Rechtsanwalt z.B. daher weniger als 100 Kopien zur Unterrichtung des Gegners, entsteht weder nach Nr. 1 Buchst. b noch nach Nr. 1 Buchst. d die Pauschale.[231] Ferner dürfen die zusätzlichen Kopien oder Ausdrucke nicht als allgemeine Geschäftskosten mit den Gebühren abgegolten sein, VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 2.

[231] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 7000 Rn 136, 142.

2. Sonstige Fälle i.S.v. Nr. 1 Buchst. d

a) Einzelne Beispiele

 

Rz. 146

Zu Nr. 1 Buchst. d zählen insbesondere folgende Fälle: Der Auftraggeber wünscht zusätzliche Kopien oder Ausdrucke

für sich selbst[232]
zur Unterrichtung mehrerer Dienststellen[233]
zur Unterrichtung des Haftpflichtversicherers[234]
zur Unterrichtung des Entsendestaates nach dem NATO-Truppenstatut[235]
zur Information anderweitig vertretener Streitgenossen[236]
zur Unterrichtung des Rechtsschutzversicherers
zur Unterrichtung des Verkehrsanwalts oder Terminsvertreters[237]
zur Unterrichtung des Arbeitgebers
zur Unterrichtung von Behörden, die ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben (etwa die Unterrichtung des Sozialamtes oder Jugendamtes im Unterhaltsrechtsstreit)
[232] OLG Frankfurt JurBüro 1982, 744; OLG Düsseldorf JurBüro 1986, 874.
[233] OLG Nürnberg AnwBl 1975, 191; OLG Schleswig JurBüro 1989, 632.
[234] LG Kiel VersR 1970, 721; OLG Düsseldorf JurBüro 1973, 869; OLG Schleswig JurBüro 1973, 966.
[235] OLG Düsseldorf JurBüro 1974, 858.
[236] LAG Hamm AnwBl 1988, 414.
[237] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 7000 Rn 140.

b) Kopien und Ausdrucke für das Gericht

 

Rz. 147

Zusätzliche Kopien oder Ausdrucke i.S.v. Nr. 1 Buchst. d liegen bei Anforderung des Gerichts vor, wenn der Mandant selbst die Kopien nicht für erforderlich hält und daher nicht als Schriftsatzanlage beigefügt hat, das Gericht die Vorlage der Kopien aber verlangt und der Mandant damit einverstanden ist. Ansonsten lösen für das Gericht bestimmte Kopien und Ausdrucke der Schriftsätze und Anlagen des Rechtsanwalts keine Dokumentenpauschale aus.[238] Denn nach Nr. 1 Buchst. b sind nur Kopien und Ausdrucke zur Zustellung oder Mitteilung an Gegner oder Beteiligte und Verfahrensbevollmächtigte aufgrund einer Rechtsvorschrift oder nach Aufforderung durch das Gericht, die Behörde oder die sonst das Verfahren führende Stelle auslagenpflichtig, soweit hierfür mehr als 100 Seiten zu fertigen waren. Das zeigt, dass dem Gericht vorzulegende Dokumente, die i.d.R. ohnehin nicht auslagenpflichtige Urschriften (vgl. Rdn 19 f.) sind, als allgemeine Geschäftskosten mit den Gebühren abgegolten sind, VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 2.[239]

[238] BVerwG 9.5.2018 – 9 KSt 2/18, für Anlagenordner; OLG Hamburg 10.1.2012 – 8 W 98/11; KG 6.1.2006 – 1 W 494/05, AGS 2006, 274.
[239] Vgl. BVerwG 9.5.2018 – 9 KSt 2/18; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 7000 Rn 148 f.

c) Kopien von Originalunterlagen

 

Rz. 148

Nach einem Teil der Rechtsprechung zählen hierzu auch Kopien von Originalunterlagen, die bei Gericht einzureichen sind und von denen der Rechtsanwalt Kopien ständig zur Hand haben muss.[240] Zutreffenderweise sind solche Kopien bereits nach Nr. 1 Buchst. a zu vergüten. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Anwalt sich für seine Handakten eine Kopie fertigt und dann das Original bei Gericht einreicht oder ob er zunächst das Original bei Gericht einreicht und sich dann aus der Gerichtsakte eine Kopie anfertigt. Solche Kopien sind im Übrigen immer notwendig, etwa wenn im Scheck- oder Wechselprozess das Original des Schecks oder Wechsels zu den Akten gereicht oder wenn zum Zwecke eines graphologischen Gutachtens Originale von Vergleichsschriften eingereicht werden müssen. Der in Strafsachen für den Beschuldigten gefertigte (weitere) Aktenauszug fällt nicht unter Nr. 1 Buchst. d, sondern unter Nr. 1 Buchst. a (vgl. Rdn 95 f.).

[240] LG Berlin JurBüro 1982, 230; LAG Hamm AnwBl 1984, 316; so auch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 7000 Rn 154.

d) Arrest und einstweilige Verfügung

 

Rz. 149

Kopien von einstweiligen Verfügungen oder Arrestbeschlüssen nebst Anlagen zum Zwecke der Zustellung an den Arrest- oder Verfügungsgegner fallen nicht unter Nr. 1 Buchst. d, sondern Nr. 1 Buchst. b.[241]

[241] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 7000 Rn 91; vgl. auch OLG Koblenz JurBüro 1991, 823.

e) Weitere Beispiele

 

Rz. 150

Des Weiteren zählen hierzu auch Kopien von Schriftstücken, die der Anwalt vom Gericht in einfacher Ausfertigung erhält, also wenn er von einem eingeholten S...

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