1. Mehrfacher Anfall in demselben Verfahrensabschnitt

 

Rz. 144

Da in demselben Verfahrensabschnitt die Gebühren grundsätzlich nur einmal entstehen können (§ 15 Abs. 1), kann auch die Zusätzliche Gebühr nach VV 4141 nur einmal eintreten. Die einzige Ausnahme hiervon gilt im Fall des § 15 Abs. 5 S. 2 (siehe Rdn 57).

 

Rz. 145

Wird ein Verfahren zunächst nur vorläufig eingestellt und später endgültig, dann kann die Zusätzliche Gebühr nur einmal entstehen, da bei einer vorläufigen Einstellung die Zusätzliche Gebühr nicht ausgelöst wird.

 

Beispiel: Das Gericht stellt das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße gemäß § 153a StPO vorläufig ein. Da die Geldbuße nicht gezahlt wird, wird das Verfahren wieder aufgenommen und später nach § 153 StPO eingestellt.

Da es sich bei der ersten Einstellung nach § 153a StPO lediglich um eine vorläufige Einstellung handelte, ist eine Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 nicht entstanden. Diese ist erst durch die Einstellung nach § 153 StPO angefallen.

 

Rz. 146

Da die Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 keine endgültige Einstellung voraussetzt, sondern lediglich eine nicht nur vorläufige, kann es dazu kommen, dass im Verlaufe eines Verfahrens nach Einstellung die Sache wieder aufgenommen und dann erneut eingestellt wird. Soweit die verschiedenen Einstellungen im selben Verfahrensabschnitt und damit in derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 erfolgen, entsteht gemäß § 15 Abs. 2 insgesamt nur eine einzige Zusätzliche Gebühr. Diese Zusätzliche Gebühr ist bereits mit der ersten nicht nur vorläufigen Einstellung entstanden. Die spätere Fortsetzung des Verfahrens ist insoweit irrelevant und kann die einmal verdiente Gebühr nicht entfallen lassen. Allerdings kann durch die erneute Einstellung dann keine weitere Zusätzliche Gebühr mehr entstehen.

 

Beispiel: Das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wird zunächst nach § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdacht eingestellt. Auf die Beschwerde des Anzeigenerstatters werden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Das Verfahren wird schließlich nach § 154 StPO eingestellt, da der Beschuldigte in anderer Sache kürzlich rechtskräftig verurteilt worden ist.

Bereits mit der ersten Einstellung ist die Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 entstanden, da es sich bei der Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO nicht um eine vorläufige Einstellung handelt. Durch die spätere Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens ist diese Gebühr nicht weggefallen. Allerdings konnte diese Gebühr gemäß § 15 Abs. 2 durch die erneute Einstellung nicht nochmals ausgelöst werden.

2. Mehrfacher Anfall in verschiedenen Verfahrensabschnitten

a) Überblick

 

Rz. 147

In verschiedenen Verfahrensabschnitten kann der Anwalt dagegen die Zusätzliche Gebühr nach VV 4141 ungeachtet des Zeitablaufs mehrmals verdienen. Dies gilt insbesondere für das vorbereitende Verfahren (Unterabschnitt 2) einerseits und das gerichtliche Verfahren (Unterabschnitt 3) andererseits, aber auch für das Berufungsverfahren.

b) Doppelter Anfall der Zusätzlichen Gebühr

 

Rz. 148

Wird die Sache im vorbereitenden Verfahren zunächst nicht nur vorläufig eingestellt und kommt es zur Wiederaufnahme des Ermittlungsverfahrens, das dann ins gerichtliche Verfahren übergeht, sei es durch Anklage oder durch Erlass eines Strafbefehls, so fällt die bereits entstandene Zusätzliche Gebühr nicht weg, sondern bleibt bestehen. Es entsteht dem Verteidiger dann zusätzlich zu der bereits verdienten Zusätzlichen Gebühr nach VV 4141, 4104 eine weitere Verfahrensgebühr nach VV 4106, 4112 oder 4118 für das gerichtliche Verfahren. Wird hier der Tatbestand der VV 4141 erneut verwirklicht, dann entsteht auch hier nochmals eine Zusätzliche Gebühr nach VV 4141 i.V.m. VV 4106, 4112 oder 4118 und kann neben der im vorbereitenden Verfahren bereits verdienten Zusätzlichen Gebühr geltend gemacht werden. Eine Anrechnung der Gebühren findet nicht statt.[159]

 

Rz. 149

Hauptanwendungsfall ist der der erneuten Einstellung im gerichtlichen Verfahren.[160]

 

Beispiel: Das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wird mangels Tatverdacht nach § 170 Abs. 2 StPO auf Betreiben des Verteidigers eingestellt. Auf die Beschwerde des Anzeigenerstatters werden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Es wird Anklage erhoben. Außerhalb der Hauptverhandlung erreicht der Verteidiger eine Einstellung nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße, die auch geleistet wird, sodass das Verfahren endgültig eingestellt wird.

Da die Sache im vorbereitenden Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt worden ist, hat der Verteidiger dort nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 eine volle Gebühr verdient. Im gerichtlichen Verfahren entsteht die Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1. Der Verteidiger erhält daher folgende Vergütung:

I. Vorbereitendes Verfahren

 
1. Grundgebühr, VV 4100   220,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, VV 4104   181,50 EUR
3. Zusätzliche Gebühr, VV 4141, 4106   181,50 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 603,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   114,57 EUR
Gesamt   717,57 EUR

II. Gerichtliches Verfahren

 
1. Verfahrensgebühr, VV 4106   181,50 EUR
2. Zusätzliche Gebühr, VV 4141, 4106   181,50 EUR
3. Postentgeltpauschale...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge