Rz. 9

Da die Vorschrift der VV 4141 zahlreiche Probleme und Auslegungsfragen mit sich bringt, wird häufig auf den Sinn und Zweck dieser Regelung zurückgegriffen werden müssen. Dabei ist bis auf die BRAGO zurückzugehen. Bis zur Einführung des § 84 Abs. 2 BRAGO boten die Gebührenkonstruktionen im Strafverfahren eher einen Anreiz dafür, die Verteidigungsbemühungen auf die Hauptverhandlung zu konzentrieren. Eine intensive und zeitaufwändige Mitwirkung des Verteidigers im Ermittlungsverfahren, die dazu führte, dass eine Hauptverhandlung entbehrlich wurde, war gebührenrechtlich wenig attraktiv; im Gegenteil führte sie zu deutlich geringeren Gebühren. Mit dem § 84 Abs. 2 BRAGO sollte daher eine Bestimmung getroffen werden, wonach es nicht bei dem halben Gebührenrahmen des § 84 Abs. 1 BRAGO verblieb, sondern der volle Gebührenrahmen des § 83 Abs. 1 BRAGO zur Verfügung stehen sollte, wenn sich die Hauptverhandlung erübrigte. Der Anwalt sollte also belohnt werden, wenn er daran mitwirkte, dass der Staatsanwaltschaft und dem Gericht Zeit und Arbeit erspart wurden, insbesondere eine aufwändige Vorbereitung und Durchführung der Hauptverhandlung. Weiterhin sollte § 84 Abs. 2 BRAGO dem Phänomen entgegenwirken, dass vielfach Einsprüche gegen einen Strafbefehl in der Hauptverhandlung nach Aufruf der Sache zurückgenommen wurden, um den vollen Gebührenrahmen des § 83 Abs. 1 BRAGO auszuschöpfen.

 

Rz. 10

Da die Zusätzliche Gebühr eine "Belohnung" für die endgültige Erledigung des Verfahrens darstellt, sollen vorläufige Erledigungen (also vorläufige Einstellungen) oder Teilerledigungen (Einstellung wegen einzelner Taten oder eingeschränkte Rücknahme des Einspruchs gegen einen Strafbefehl) nicht zu einer Zusätzlichen Gebühr führen. Erforderlich ist vielmehr, dass das gesamte Verfahren abgeschlossen wird.[8] Dieser Zweck wird jetzt durch die Zusätzliche Gebühr nach VV 4141 verfolgt. Sofern der Anwalt dazu beiträgt, dass sich durch seine Mitwirkung das Verfahren erledigt, ohne dass es zu einer Hauptverhandlung – oder einer erneuten Hauptverhandlung – kommt, soll er jetzt die Zusätzliche Gebühr erhalten.

 

Rz. 11

Im Gegensatz zur BRAGO ist nach dem RVG nicht ein höherer Gebührenrahmen vorgesehen, sondern eine zusätzliche Festgebühr (str., siehe Rdn 156 ff.). Damit sollen Probleme bei der Ermessensausübung und Streitigkeiten über die zutreffende Ermessensausübung vermieden werden. Es handelt sich jetzt um eine feste Pauschgebühr, die unabhängig vom Aufwand anfällt. Eine Erhöhung dieser Gebühr nach § 14 Abs. 1 ist nicht möglich. Ebenso ist dem Auftraggeber bzw. dem erstattungspflichtigen Dritten der Einwand abgeschnitten, die Tätigkeit, die zur Erledigung geführt habe, sei unterdurchschnittlich, weshalb nicht die volle Gebühr angesetzt werden dürfe.

[8] BT-Drucks 12/6962, S. 106.

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