Gesetzestext

 
 
Nr. Gebührentatbestand Gebühr oder Satz der Gebühr nach § 13 oder § 49 RVG
Wahlanwalt gerichtlich bestellter oder beigeordneter Rechtsanwalt
4104

Verfahrensgebühr……

Die Gebühr entsteht für eine Tätigkeit in dem Verfahren bis zum Eingang der Anklageschrift, des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht oder im beschleunigten Verfahren bis zum Vortrag der Anklage, wenn diese nur mündlich erhoben wird.
44,00 bis 319,00 EUR 145,00 EUR
4105 Gebühr 4104 mit Zuschlag…… 44,00 bis 399,00 EUR 177,00 EUR

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Gebühren für das vorbereitende Verfahren sind im Unterabschnitt 2 geregelt. Hier finden sich nur die Verfahrensgebühr (VV 4104) und die Verfahrensgebühr mit Zuschlag (VV 4105). Daneben fällt hier immer die Grundgebühr als Allgemeine Gebühr an (siehe VV 4100–4101 Rdn 35 f.). Zudem können die allgemeine Terminsgebühr nach VV 4102 anfallen sowie zusätzliche Gebühren nach den VV 4141 ff.

 

Rz. 2

Die Gebühr nach VV 4104 entsteht nur im vorbereitenden Ermittlungsverfahren. Sie entsteht nicht in einem Rehabilitierungsverfahren.[1]

[1] KG AGS 2015 = JurBüro 2015, 520; OLG Jena RVGreport 2012, 152 = JurBüro 2012, 145.

B. Regelungsgehalt

I. Umfang der Angelegenheit

 

Rz. 3

Die Gebühren nach Unterabschnitt 2 decken die gesamte Tätigkeit des Anwalts ab (ausgenommen Terminswahrnehmungen, VV 4102) – soweit sie nicht bereits durch die Grundgebühr abgegolten sind.

 

Rz. 4

Das vorbereitende Verfahren beginnt mit der Aufnahme der Ermittlungen wegen des Verdachts einer Straftat. Wird zunächst nur wegen des Verdachts einer Ordnungswidrigkeit ermittelt, so beginnt das vorbereitende Verfahren mit der Abgabe an die Staatsanwaltschaft (§ 41 OWiG).

 

Beispiel: Nach einem Verkehrsunfall ermittelt die Polizei wegen des Verdachts einer Ordnungswidrigkeit (Vorfahrtsverletzung). Anschließend stellt sich heraus, dass der Unfallgegner erheblich verletzt ist. Die Verwaltungsbehörde gibt daraufhin die Akte an die Staatsanwaltschaft ab, die nunmehr wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung ermittelt.

Bis zur Abgabe richtet sich die Vergütung des Anwalts nach VV 5100 ff. Mit der Abgabe an die Staatsanwaltschaft beginnt das vorbereitende Verfahren nach Unterabschnitt 2. Der Anwalt erhält jetzt im vorbereitenden Verfahren, also unter Anrechnung der Gebühr nach VV 5100 (Anm. zu VV 5100), die Grundgebühr nach VV 4100 und die Verfahrensgebühr nach VV 4104.

Ausgehend von der Mittelgebühr ist wie folgt abzurechnen:

I. Bußgeldverfahren

 
1. Grundgebühr, VV 5100   110,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, VV 5103   176,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 306,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   58,14 EUR
Gesamt   364,14 EUR

II. Strafverfahren

 
1. Grundgebühr, VV 4100   220,00 EUR
2. gem. Anm. Abs. 2 zu VV 4100 anzurechnen   – 110,00 EUR
3. Verfahrensgebühr, VV 4104   181,50 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 311,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   59,19 EUR
Gesamt   370,69 EUR
 

Rz. 5

Unerheblich ist, wer die Ermittlungen aufnimmt, also ob diese durch die Polizei aufgenommen werden oder durch die Staatsanwaltschaft.[2] Entscheidend ist lediglich, dass Ermittlungen im Hinblick auf ein mögliches strafbares Verhalten eingeleitet werden.

 

Rz. 6

Steht bei Aufnahme der Ermittlungen durch die Polizei noch nicht fest, ob wegen einer Ordnungswidrigkeit oder einer Straftat ermittelt wird, so wird im Zweifel auch wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt, so dass VV 4104 anzuwenden ist und nicht VV 5100 ff. Gleiches gilt, wenn sowohl wegen des Verdachts einer Ordnungswidrigkeit als auch wegen einer Straftat ermittelt wird. Da in diesem Fall die Staatsanwaltschaft für sämtliche Ermittlungen zuständig ist (§ 42 OWiG), richtet sich die Vergütung insgesamt nur nach VV 4100 ff. und nicht nach VV 5100 ff. Die Mehrtätigkeit des Verteidigers im Hinblick auf die zusätzliche Ordnungswidrigkeit kann ggf. nach § 14 Abs. 1 erhöhend zu berücksichtigen sein.

 

Rz. 7

Die Gebühr nach VV 4104 entsteht nicht, wenn der Verteidiger erst nach Erhebung der öffentlichen Klage bzw. nach Eingang des Antrags auf Durchführung des beschleunigten Verfahrens beauftragt worden ist.[3] Die Verfahrensgebühr der VV 4104 kann aber nach einer Anklagerücknahme oder Rücknahme des Antrags auf Erlass des Strafbefehls entstehen. Nimmt die Staatsanwaltschaft ihre Anklage oder den Antrag auf Erlass des Strafbefehls zurück, so versetzt sie damit das Verfahren in den Stand des Ermittlungsverfahrens zurück, mit der Folge, dass der Rechtsanwalt, der vom Beschuldigten erst nach Anklageerhebung beauftragt worden ist, also im vorbereitenden Verfahren noch nicht mandatiert war, die Verfahrensgebühr VV 4104 verdient.[4]

 

Rz. 8

Das vorbereitende Verfahren endet mit seiner Einstellung oder der Überleitung in das gerichtliche Verfahren. Aus welchem Grund das Ermittlungsverfahren eingestellt wird, ist unerheblich. Auch durch eine vorläufige Einstellung oder eine solche Einstellung, die eine Wiederaufnahme ermöglicht (§ 170 Abs. 2 StPO), ist die Angelegenheit zunächst beendet.

Werden die Ermittlungen allerdi...

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