1. Auftrag

 

Rz. 8

VV 3400 ist anwendbar, wenn die Partei dem Anwalt den Auftrag erteilt hat, mit dem Verfahrensbevollmächtigten den Verkehr zu führen.

a) Verkehr mit dem Verfahrensbevollmächtigten

 

Rz. 9

Voraussetzung für die Anwendung der VV 3400 ist also, dass der beauftragte Anwalt gerade nicht Verfahrensbevollmächtigter sein soll, sondern dass er mit diesem korrespondieren soll. Entgegen dem Wortlaut der VV 3400 ist es jedoch nicht erforderlich, dass ein Verfahrensbevollmächtigter bereits bestellt ist. Die Vorschrift ist auch dann anwendbar, wenn die Partei den Verkehrsanwalt beauftragt, mit dem noch zu bestellenden Verfahrensbevollmächtigten den Verkehr zu führen, auch wenn es hierzu letztlich nicht mehr kommt. Insoweit gilt dann allerdings VV 3405 Nr. 1 (siehe Rdn 51).

b) Erteilung des Auftrags

 

Rz. 10

Der Mandant muss dem Anwalt den Auftrag erteilt haben, dass er mit dem Verfahrensbevollmächtigten den Verkehr führen soll. Im Regelfall wird sich dieser Auftrag leicht feststellen lassen, nämlich dann, wenn die Partei den Anwalt ausdrücklich damit beauftragt hat, neben einem bereits bestellten auswärtigen Verfahrensbevollmächtigten tätig zu werden oder vor einem auswärtigen Gericht einen Verfahrensbevollmächtigten zu beauftragen. Weniger eindeutig ist die Situation jedoch, wenn sich erst im Verlaufe der Angelegenheit ergibt, dass der Rechtsstreit vor einem auswärtigen Gericht stattfindet und es an einem ausdrücklichen Auftrag fehlt.

 

Beispiel: Die Partei erteilt dem Anwalt den Auftrag, das Mahnverfahren einzuleiten. Nach Widerspruch des Antragsgegners wird die Sache an ein auswärtiges Gericht abgegeben. Dort bestellt der Anwalt einen Prozessbevollmächtigten; er selbst fungiert als Verkehrsanwalt weiter.

Hier wird es häufig an einem ausdrücklichen Auftrag fehlen. Dies ist jedoch unschädlich, da der Verkehrsanwaltsvertrag auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen kann.[1] Allerdings ist insoweit Zurückhaltung geboten. Die rechtsunkundige Partei muss nicht unbedingt damit rechnen, dass hier zusätzliche Kosten ausgelöst werden, die unter Umständen noch nicht einmal erstattungsfähig sein werden. Allein die Tatsache, dass die Partei es duldet, dass der Anwalt mit dem Verfahrensbevollmächtigten vor Ort korrespondiert, genügt nicht, um einen konkludent erteilten Auftrag anzunehmen.[2] Dies gilt insbesondere für ein Berufungs- oder Revisionsverfahren. Lässt die Partei den Verkehr mit dem Berufungs- oder Revisionsanwalt durch den erstinstanzlichen Anwalt führen, so liegt darin nicht schon der konkludente Abschluss eines Verkehrsanwaltsauftrags.[3]

 

Rz. 11

Der Auftrag, als Verkehrsanwalt tätig zu werden, muss für jeden Rechtszug gesondert erteilt werden. So reicht der Auftrag, im erstinstanzlichen Verfahren als Verkehrsanwalt tätig zu werden, nicht aus, um auch für ein anschließendes Berufungsverfahren einen Auftrag anzunehmen. Allerdings wird man in diesem Fall an die konkludente Auftragserteilung für das Rechtsmittelverfahren geringere Anforderungen stellen können als bei einer erstmaligen Beauftragung.

[1] BGH 21.3.1991 – IX ZR 186/90, NJW 1991, 2084.
[2] OLG Koblenz MDR 1993, 180.
[3] OLG Koblenz MDR 1993, 180.

2. Aufgabe des Verkehrsanwalts

 

Rz. 12

Der Auftrag an den Anwalt muss dahin gehen, den Verkehr der Partei mit dem Verfahrensbevollmächtigten zu führen. Die Tätigkeit des Verkehrsanwalts besteht also darin, dem Verfahrensbevollmächtigten, der in der Regel keinen unmittelbaren Kontakt zur Partei hat, mit den zur Verfahrensführung erforderlichen Informationen zu versorgen. Dabei hat der Verkehrsanwalt in eigener Verantwortung die entscheidungserheblichen Tatsachen herauszuarbeiten und darzustellen. Er muss vom Auftraggeber die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände und sowie die Hintergründe erfragen, diese zutreffend rechtlich und tatsächlich einordnen und an den vor Ort tätigen Verfahrensbevollmächtigten weiterleiten.

 

Rz. 13

Zwar schuldet der Verkehrsanwalt nicht die rechtliche Würdigung und Ausarbeitung des Sachverhalts; dies ist vielmehr die primäre Aufgabe des Verfahrensbevollmächtigten. Dennoch kann sich der Verkehrsanwalt nicht auf die reine Tatsachenübermittlung beschränken. Er muss selbst prüfen, welche Tatsachen erforderlich sind, wo Nachfragen zu stellen sind, wo der Streitstoff weiter zu substantiieren ist etc. Auch in rechtlicher Hinsicht muss er mitdenken, etwa die Partei darauf hinweisen, dass sie gegebenenfalls die Verjährungseinrede erhebt etc. Eine abschließende rechtliche Würdigung ist dagegen nicht Aufgabe des Verkehrsanwalts. Er hat lediglich eine Pflicht zur Überwachung.[4] Diese Überwachungspflicht endet mit der Übernahme des Prozessmandats durch den Verfahrensbevollmächtigten.[5]

 

Rz. 14

Wie der Verkehrsanwalt den Verfahrensbevollmächtigten unterrichtet, ist unerheblich. Dies kann schriftlich oder fernmündlich geschehen. In der Praxis ist es üblich, dass der Verkehrsanwalt die Schriftsätze schon vorbereitet und dem Verfahrensbevollmächtigten, gegebenenfalls auf elektronischem Wege, übermittelt und dieser die Schriftsatzentwürfe dann überarbeitet und auf seinen Briefkopf nimmt.

 

Rz. 15

Nicht un...

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