Rz. 1

Das Insolvenzverfahren beginnt mit dem Wirksamwerden des Eröffnungsbeschlusses, also mit der Herausgabe aus dem internen Bereich des Gerichts. Es endet u.a. mit der Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses (vgl. § 34 InsO), der Einstellung des Verfahrens mangels Masse (vgl. § 207 InsO), wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes (vgl. § 212 InsO), mit Zustimmung aller Gläubiger (vgl. § 213 InsO), durch Aufhebungsbeschluss nach Durchführung der Schlussverteilung (vgl. § 200 InsO) oder Bestätigung des Insolvenzplans (vgl. §§ 248 Abs. 1258 Abs. 1 InsO). Der Anwalt erhält für alle von ihm im Rahmen des Insolvenzverfahrens ausgeübten Tätigkeiten gemäß VV 3317 eine 1,0-Verfahrenspauschgebühr.

Davon erfasst werden u.a.:

Entgegennahme der Information und Beratung des Mandanten;
Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter oder sonstigen Verfahrensbeteiligten;
Wahrnehmung von Terminen einschließlich derer auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Schuldner[1] (vgl. §§ 98, 153 Abs. 2 InsO);
Anmeldung (soweit nicht hierauf beschränkt, vgl. VV 3320) und Prüfung von Forderungen, einschließlich des Erhebens von Wiedersprüchen sowohl gegen die Forderungshöhe als auch den Forderungsgrund (z.B. bei deliktischen Ansprüchen; vgl. § 178 InsO);
Prüfung und Vorlage von Urteilen, durch die eine bestrittene Forderung festgestellt wird;
Mitwirkung im Verteilungsverfahren einschließlich der Nachtragsverteilung;
Verfahren über Anträge nach Art. 36 Abs. 9 der VO (EU) 2015/848, in dem das Recht, zur Vermeidung eines Sekundärinsolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter eine Zusicherung zu geben, geregelt wird.[2]

Die Zwangsvollstreckung aus dem Tabellenauszug (vgl. § 201 Abs. 2 InsO) fällt hingegen nicht unter VV 3317, sondern unter VV 3309 f. oder VV 3311 f.

 

Rz. 2

Ohne Bedeutung für die Höhe der Gebühr ist es, ob der Anwalt den Gläubiger oder den Schuldner vertritt, allerdings ist der Gegenstandswert insoweit unterschiedlich geregelt (vgl. § 28 Rdn 2 ff., 14 ff.). Dem Anwalt steht die Gebühr auch dann zu, wenn er nur eine einzelne Tätigkeit im Insolvenzverfahren ausübt, es sei denn, diese einzelne Tätigkeit besteht in der Anmeldung einer Insolvenzforderung. Die bloße Anmeldung einer Insolvenzforderung ist in VV 3320 gesondert geregelt.[3] Wird der Anwalt zusätzlich im Verfahren über einen Insolvenzplan tätig, erhält er dafür eine gesonderte Gebühr (vgl. VV 3318, 3319).

 

Rz. 3

Die Gebühr für die Vertretung im Insolvenzverfahren fällt zusätzlich an. Sie entsteht unabhängig davon, ob der Anwalt daneben im Eröffnungsverfahren (vgl. VV 3313, 3314), im Verfahren über einen Antrag auf Versagung oder Widerruf einer Restschuldbefreiung (vgl. VV 3321), im Verfahren über einen Insolvenzplan (vgl. VV 3318, 3319) oder im Beschwerdeverfahren (vgl. VV 3500) tätig geworden ist bzw. noch wird. Eine Anrechnung findet wegen der Selbstständigkeit der jeweiligen Gebühren insoweit nicht statt. Dies bedeutet aber auch, dass zusätzlich zur Gebühr gemäß VV 3317 die Gebühr nach VV 3313 bzw. VV 3314 nur dann verdient wird, wenn der Anwalt auch eine Tätigkeit im Eröffnungsverfahren entfaltet hat.

 

Rz. 4

War der Anwalt bereits außergerichtlich wegen desselben Gegenstandes tätig geworden, wird die dafür erwachsene Geschäftsgebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Das ergibt sich aus VV Vorb. 3 Abs. 4, die als allgemeine Vorbemerkung des Teils 3 auch für VV Teil 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 5 Anwendung findet,[4] wobei allerdings eine Anrechnung sowohl auf die Verfahrensgebühren nach VV 3313, 3314 als auch auf VV 3317 ausscheidet.[5]

 

Rz. 5

Wegen der von VV 3317 nicht erfassten Tätigkeiten vgl. VV Vorb. 3.3.5 Rdn 4.

[1] Riedel/Sußbauer/Keller, RVG, Teil 3 Abschnitt 3 Rn 119; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, VV 3313–3323 Rn 46; Hartmann, KostG, RVG VV 3317 Rn 6.
[2] Vgl. auch das Durchführungsgesetz zur VO, BGBl I 2017, 1476.
[3] Danach erhält der Anwalt, soweit sich seine Tätigkeit nur auf die Anmeldung einer Insolvenzforderung beschränkt, eine 0,5-Verfahrensgebühr.
[4] Mayer/Kroiß/Gierl, RVG, VV 3317 Rn 5; so auch zur BRAGO: Enders, JurBüro 1999, 113, 114.; a.A. Vallender, MDR 1999, 598, 600.
[5] Mayer/Kroiß/Gierl, RVG, VV 3317 Rn 5; Hartung/Schons/Enders, RVG, VV 3313–3323 Rn 23; Bischof/Jungbauer/Bräuer/Bräuer, RVG, VV 3317 Rn 7.

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