a) Verfahren über Vollstreckungsschutz

aa) Gerichtliche Verfahren

 

Rz. 417

Bei den in § 18 Abs. 1 Nr. 6 genannten Verfahren handelt es sich um gerichtliche Verfahren auf Gewährung von Vollstreckungsschutz. Der Vollstreckungsaufschub, den der Gerichtsvollzieher z.B. gemäß § 765a Abs. 2 ZPO gewähren kann, fällt daher nicht darunter. Jedes dieser verschiedenen Verfahren stellt eine besondere Angelegenheit dar, in dem sowohl der Rechtsanwalt des Gläubigers als auch der Rechtsanwalt des Schuldners, der den Antrag auf Vollstreckungsschutz stellt, eine Verfahrensgebühr nach VV 3309 verdienen.[417]

[417] Enders, JurBüro 2015, 337, 339.

bb) Verlängerung einer Räumungsfrist

 

Rz. 418

Eine besondere Angelegenheit liegt auch vor, wenn die Zwangsvollstreckung aus einem Räumungstitel droht und gemäß § 765a ZPO Antrag auf Verlängerung der Räumungsfrist gestellt wird. Es entsteht die Gebühr VV 3309, nicht die Gebühr nach VV 3334, weil es sich um eine Vollstreckungsangelegenheit handelt (VV 3334 Rdn 10).[418] Die Gebühr nach VV 3334 ist nur für das selbstständige Räumungsfristverfahren nach §§ 721, 794a ZPO vorgesehen.

[418] Enders, JurBüro 2015, 337, 339.

cc) Aufhebung und Abänderung

 

Rz. 419

Jedes neue Verfahren derselben Art bildet eine neue Angelegenheit. War z.B. der erste Antrag gemäß § 765a ZPO zurückgewiesen, dem zweiten Antrag sodann stattgegeben worden und soll die darin gesetzte Räumungsfrist nunmehr verlängert werden, erhält der Anwalt für jedes dieser Verfahren eine gesonderte Gebühr, in dem genannten Beispiel also insgesamt dreimal die Gebühr nach VV 3309.[419] Eine weitere Gebühr fällt auch an, wenn die Aufhebung oder Abänderung einer getroffenen Anordnung begehrt wird. Dies wird durch die mit dem EG-Vollstreckungstitel-Durchführungsgesetz eingefügten Worte "oder Aufhebung" vom Wortlaut her klargestellt.[420] Es liegt also eine Ausnahme von dem in § 19 Abs. 2 Nr. 6 enthaltenen Grundsatz vor, dass die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme gebührenrechtlich zu der Vollstreckungsmaßnahme gehört.

[419] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3309 Rn 412.
[420] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3309 Rn 414.

b) Europäischer Vollstreckungstitel

 

Rz. 420

Das Verfahren über den Antrag auf Verweigerung, Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach § 1084 Abs. 1 ZPO ist für den Rechtsanwalt stets eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit. In diesen Verfahren erwachsen Gebühren für eine Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung nach VV 3309, 3310. Dies gilt auch für die entsprechenden Anträge gemäß § 1096 ZPO im Rahmen der Vollstreckung aus einem europäischen Zahlungsbefehl und gemäß § 1109 ZPO im Rahmen der Vollstreckung aus einem im europäischen Verfahren über geringfügige Forderungen ergangenen Titel.

c) Verfahren nach § 31 AUG

 

Rz. 421

§ 31 AUG beinhaltet die Möglichkeit, Anträge auf Verweigerung, Beschränkung oder Aussetzung der Vollstreckung nach Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 stellen zu können. Da dieses Verfahren mit dem nach § 1084 ZPO vergleichbar ist, stellt die entsprechende Tätigkeit vergütungsrechtlich ebenfalls eine besondere Angelegenheit dar.

d) Einstweilige Anordnung beim Vollstreckungsschutz

 

Rz. 422

Vor der Entscheidung über die vorgenannten Anträge kann im Anwendungsbereich der §§ 765a, 851a und 851b ZPO eine einstweilige Anordnung erlassen werden. Die insoweit entfaltete Tätigkeit des Anwalts wird durch die Vergütung für das Verfahren als solches mit umfasst, es sei denn, es fände darüber eine abgesonderte mündliche Verhandlung statt (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11). Gesonderte Gebühren nach VV 3328, 3332 fallen daher nicht an. Dies gilt auch, soweit nach § 1084 Abs. 2 S. 2 ZPO im Rahmen des Antrags nach Art. 21 der EG-Verordnung einstweilige Anordnungen gemäß §§ 769, 770 ZPO getroffen werden.[421] Die Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und ein Verfahren auf deren Abänderung oder Aufhebung bilden für den Rechtsanwalt dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit (§ 16 Nr. 5).

[421] BT-Drucks 15/5222, S. 17 zu Abs. 5 Nr. 1.

e) Fortsetzung der Vollstreckung nach Vollstreckungsschutz

 

Rz. 423

Wird die Zwangsvollstreckung nach Ablauf des gewährten Vollstreckungsschutzes weiterbetrieben, erhält der Rechtsanwalt für die Tätigkeit im weiteren Verlauf der Zwangsvollstreckung keine gesonderte Gebühr, weil es lediglich die Fortsetzung derselben Vollstreckungsmaßnahme und damit gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit ist.[422]

[422] OLG München JurBüro 1959, 210; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3309 Rn 415; Mayer/Kroiß/Rohn, RVG, § 18 Rn 64.

f) Vollstreckungsschutz für mehrere Schuldner

 

Rz. 424

Da die Zwangsvollstreckung gegen mehrere Schuldner mehrere gebührenrechtliche Angelegenheiten darstellt (vgl. Rdn 247 ff.), liegen dementsprechend auch mehrere Vollstreckungsschutzverfahren vor, und zwar selbst dann, wenn die mehreren Schuldner einen gemeinsamen Antrag stellen. Dies gilt auch für Eheleute, die gemeinsam Räumungsschutz begehren.[423]

[423] LG Mannheim Rpfleger 1982, 238; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3309 Rn 413; Hansens/Braun/Schneider/Volpert, Teil 17 Rn 141.

g) Gegenstandswert

 

Rz. 425

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 25 Abs. 2 (siehe § 25 Rdn 84 ff.).

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