Rz. 22

Wird der Vollstreckungsbescheid nach Abgabe vom Prozessgericht erlassen (§ 699 Abs. 1 S. 3 ZPO), so ändert dies nichts daran, dass diese Tätigkeit gebührenrechtlich zum Mahnverfahren zählt und dort vergütet wird. Wird der Widerspruch also vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen, lebt das Mahnverfahren wieder auf. Die 0,5-Gebühr nach VV 3308 erwächst dem Rechtsanwalt, wenn er jetzt den Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids stellt.[21]

 

Beispiel: Der Anwalt erhält den Auftrag für ein Mahnverfahren über 7.500 EUR. Der Antragsgegner legt fristgerecht Widerspruch ein. Nach Abgabe an das zuständige LG wird vor mündlicher Verhandlung der Einspruch zurückgenommen. Das LG erlässt daraufhin antragsgemäß den Vollstreckungsbescheid.

Mit der Rücknahme des Streitantrags wird die Sache wieder in das Mahnverfahren zurückversetzt, so dass dort wiederum die Vollstreckungsbescheidgebühr (VV 3308) anfallen kann. Die im streitigen Verfahren verdienten Gebühren bleiben dagegen erhalten. Zu beachten ist allerdings die Anrechnung (Anm. zu VV 3305).

I. Mahnverfahren

 
1.

1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305

(Wert: 7.500 EUR)
  502,00 EUR
2.

0,5-Verfahrensgebühr, VV 3308

(Wert: 7.500 EUR)
  251,00 EUR
3. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 773,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   146,87 EUR
Gesamt   919,87 EUR

II. Streitiges Verfahren

 
1.

1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100

(Wert: 7.500 EUR)
  652,60 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
3. anzurechnen gem. Anm. zu VV 3305, 1,0 aus 7.500 EUR   – 502,00 EUR
  Zwischensumme 170,60 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   32,41 EUR
Gesamt   203,01 EUR
 

Rz. 23

Sofern der Antragsgegner den Widerspruch zurücknimmt und hiernach auf Antrag des Rechtsanwalts des Antragstellers ein Vollstreckungsbescheid ergeht, erhält der Rechtsanwalt hierfür die 0,5-Gebühr des VV 3308. Die Gebühr entsteht so, als ob nie gegen den Mahnbescheid ein Widerspruch eingelegt worden wäre.[22] Gleichgültig ist dabei, ob das Verfahren schon an das Streitgericht abgegeben worden ist oder nicht.

 

Rz. 24

Hat der Rechtsanwalt zuvor noch den Antrag auf Abgabe der Sache an das Prozessgericht gestellt, ohne den Mahnbescheid selbst beantragt zu haben, erhält er zusätzlich die 1,3-Verfahrensgebühr nach VV 3100.[23]

 

Rz. 25

Bei mehreren Auftraggebern sind die Erhöhung nach VV 1008 und der Ausschluss nach Anm. S. 2 zu VV 3308 zu beachten.

 

Beispiel: Wie vorangegangenes Beispiel; der Anwalt vertritt jedoch zwei Auftraggeber

Anzurechnen ist hier die erhöhte Verfahrensgebühr gemäß VV 3305; diese stellt eine Gesamtverfahrensgebühr dar. VV 1008 ist kein eigener Gebührentatbestand.

I. Mahnverfahren

 
1.

1,3-Verfahrensgebühr, VV 3305, 1008

(Wert: 7.500 EUR)
  652,60 EUR
2.

0,5-Verfahrensgebühr, VV 3308

(Wert: 7.500 EUR)
  251,00 EUR
3. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 923,60 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   175,48 EUR
Gesamt   1.099,08 EUR

II. Streitiges Verfahren

 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3100, 1008

(Wert: 7.500 EUR)
  803,20 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
3. anzurechnen gem. Anm. zu VV 3305, 1,3 aus 7.500,00 EUR   – 652,60 EUR
  Zwischensumme 170,60 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   32,41 EUR
Gesamt   203,01 EUR
 

Rz. 26

Hatte der Mandant das Mahnverfahren selbst betrieben, ist dem Grunde nach ebenso zu rechnen. Es fällt lediglich keine Mahnverfahrensgebühr nach VV 3305 an. Dafür erhöht sich die Verfahrensgebühr der VV 3308, da der Ausschluss der Anm. S. 2 zu VV 3008 nicht greift.

 

Beispiel: Der Antragsteller hatte selbst den Erlass eines Mahnbescheids über 7.500 EUR beantragt. Nach Widerspruch und Abgabe an das zuständige LG wird der Anwalt beauftragt. Vor mündlicher Verhandlung wird der Einspruch zurückgenommen. Das LG erlässt daraufhin auf Antrag des Anwalts den Vollstreckungsbescheid.

Eine Mahnverfahrensgebühr nach VV 3305 hat der Anwalt nicht verdient, sondern nur die Gebühr für den Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids (VV 3308), die sich nach VV 1008 erhöht. Eine Anrechnung findet auch hier nicht statt.

I. Streitiges Verfahren

 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3100, 1008

(Wert: 7.500 EUR)
  803,20 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 823,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   156,40 EUR
Gesamt   979,60 EUR

II. Mahnverfahren

 
1.

0,8-Verfahrensgebühr, VV 3308, 1008

(Wert: 7.500 EUR)
  401,60 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 421,60 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   80,10 EUR
Gesamt   501,70 EUR
[21] OLG Koblenz JurBüro 1989, 798.
[22] OLG Hamm JurBüro 1984, 1841.
[23] OLG Frankfurt Rpfleger 1998, 510.

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