Rz. 17

Erledigt sich der Auftrag nur hinsichtlich der Hauptsache, bevor der Anwalt eine der in VV 3101 Nr. 1 genannten Tätigkeiten ausgeführt hat, so kann neben der reduzierten Verfahrensgebühr aus dem Wert der Hauptsache die volle Verfahrensgebühr nach dem Wert der Kosten erwachsen.[13] Die Summe der Gebühren darf jedoch nicht mehr betragen, als eine volle Verfahrensgebühr aus dem Hauptsachewert (vgl. § 15 Abs. 3). Nimmt beispielsweise der Kläger nach Widerspruch des Beklagten gegen den Mahnbescheid und Abgabe des Verfahrens an das Streitgericht die Klage zurück, so kann der Beklagtenvertreter neben der reduzierten Verfahrensgebühr aus dem Hauptsachewert für den Kostenantrag nach § 269 Abs. 4 ZPO eine Verfahrensgebühr i.H.v. 1,3 aus dem Kostenwert verlangen.[14]

 

Beispiel: Klage auf Zahlung von 10.000 EUR. Der Beklagte beauftragt seinen Rechtsanwalt. Noch bevor dieser einen Klageabweisungsantrag beim Gericht eingereicht hat, wird die Klage zurückgenommen. Der Rechtsanwalt des Beklagten stellt daraufhin den Kostenantrag nach § 269 Abs. 4 ZPO, dem auch antragsgemäß stattgegeben wird. Die Gebühren des Rechtsanwalts des Beklagten berechnen sich wie folgt:

Streitwert: 10.000 EUR

 
1. 0,8-Verfahrensgebühr, VV 3101 Nr. 1 491,20 EUR
2. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Streitwert: bis 1.500 EUR; Kosten, d.h. die bis zur Klagerücknahme entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten beider Parteien, hier geschätzt) 165,10 EUR
Gesamt 656,30 EUR

Kontrolle gemäß § 15 Abs. 3: Die Summe aus 1. und 2. darf nicht mehr ergeben als eine 1,3- Verfahrensgebühr nach dem vollen Wert. Hier liegt die Grenze bei 798,20 EUR.

[13] OLG Düsseldorf JurBüro 1971, 765; LG Berlin NJW-RR 1997, 61; OLG Stuttgart 27.1.1998 – 8 W 208/96, Rpfleger 1998, 261.
[14] N. Schneider, ErbR 2020, 103; OLG Köln 29.6.1987 – 17 W 320/87, JurBüro 1989, 491; OLG Düsseldorf 1.3.1983 – 10 W 139/82, JurBüro 1983, 1334; unzutr. AG Nürtingen 21.7.2016 – 17 C 2651/15, AGS 2016, 455 m. krit. Anm. N. Schneider; für volle 1,3-VG aus Hauptsachewert LG Frankfurt 11.11.2019 – 2–13 T 90/19, AGS 2020, 8 m. Anm. N. Schneider, JurBüro 2020, 246.

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