Rz. 2

Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gebühr nach VV 2508 gelten aufgrund des Verweises in Anm. Abs. 1 zu VV 2508 die gleichen Anforderungen wie für die entsprechenden Gebühren nach VV 1000, 1002, so dass auf die dortige Kommentierung grundsätzlich verwiesen werden kann.[1]

[1] Vgl. OLG Düsseldorf 8.8.2016 – I-10 W 133/16, RVGreport 2016, 461; LG Düsseldorf 25.4.2006 – 19 T 77/06; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, VV 2500–2508 Rn 43.

I. Einigungsgebühr

1. Überblick

 

Rz. 3

Die Einigungsgebühr entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht (VV 1000 Anm. Abs. 1). Diese Einschränkung ist notwendig, damit nicht schon die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs oder der Verzicht auf Weiterverfolgung eines Anspruchs die Einigungsgebühr auslösen können.[2] Eine Einigungsgebühr kann demnach aber dann entstehen, wenn eine Einigung wechselseitig auf ein Anerkenntnis und auf einen Verzicht gerichtet ist.[3] Eine solche Einigung hat nämlich nicht, wie von VV 1000 Anm. Abs. 1 negativ vorausgesetzt, ausschließlich das Anerkenntnis der gesamten Forderung durch den Schuldner oder den Verzicht des Gläubigers auf den gesamten Anspruch zum Inhalt.[4] Ein vollständiges Anerkenntnis liegt nicht vor, wenn der Rechtsanwalt für den Auftraggeber ein Vergleichsangebot der Gegenseite annimmt, welches gegenüber deren ursprünglicher Forderung einen Teilverzicht beinhaltet oder wenn der Rechtsanwalt für den Auftraggeber eine modifizierte Annahme – z.B. Anbieten einer Ratenzahlungsvereinbarung – erklärt und die Gegenseite dies annimmt.[5]

[2] BT-Drucks 15/1971, S. 204.
[5] OLG Naumburg AGS 2012, 607.

2. Abschluss eines Vertrags

 

Rz. 4

Die Einigungsgebühr setzt den Abschluss eines Vertrages voraus.[6] Der Abschluss der Einigung bedarf keiner besonderen Form, es sei denn, aus dem materiellen Recht ergibt sich ein Formzwang.[7] Allein die Entgegennahme einer aufgrund eines Kaufvertrages als Nacherfüllung geforderten Leistung führt nicht zu einer Einigung i.S.d. VV 1000, auch wenn die geforderte Leistung von der vertraglich geschuldeten Leistung abweicht.[8] Denn die Erfüllung einer geltend gemachten Forderung ist keine (neue) vertragliche Einigung über diese Forderung.

 

Rz. 5

Auch eine Einigung mit einem Dritten kann ausreichen.[9] Bei der Einigung, die die Parteien schließen, kann es sich auch um eine gerichtliche Einigung handeln, sofern der Rechtsuchende am Verfahren selbst nicht beteiligt war, sondern nur zum Zwecke der Einigung beigetreten ist.[10] Der Ausschluss nach § 1 Abs. 1 BerHG steht dann nicht entgegen.

[6] LG Düsseldorf 25.4.2006 – 19 T 77/06.
[8] KG AGS 2006, 71 = RVGreport 2005, 424 = KGR 2006, 122.
[9] Groß, BerH/PKH/VKH, § 44 RVG Rn 35.
[10] Lindemann/Trenk-Hinterberger, § 132 BerHG Rn 22.

3. Wirksamkeit des Vertrags

 

Rz. 6

Schließen die Parteien eine Einigung die einer Genehmigung bedarf, entsteht die Einigungsgebühr erst mit Erteilung der Genehmigung. Schließen die Parteien eine Einigung unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter einem Widerrufsvorbehalt, so entsteht die Einigungsgebühr erst, wenn die Bedingung eingetreten ist oder die Einigung nicht mehr widerrufen werden kann (VV 1000 Anm. Abs. 3). Auflösende Bedingungen sind unschädlich, § 15 Abs. 4.[11] Ist die Einigung "von vornherein" nichtig (z.B. wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot), ist zu keinem Zeitpunkt ein wirksamer Vergleich zustande gekommen; infolgedessen erwächst auch keine Einigungsgebühr.[12] Nichts anderes gilt aber bei einer anfechtbaren Einigung, weil eine anfechtbare Einigung als von Anfang an nichtig gilt, wenn sie im Nachhinein angefochten wird (siehe VV 1000 Rdn 57).[13]

[11] LG Düsseldorf 25.4.2006 – 19 T 77/06.
[12] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 1000 Rn 90.
[13] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 1000 Rn 89; str.

4. Streit oder Ungewissheit über Rechtsverhältnis

 

Rz. 7

Zwischen den Parteien muss ein Streit oder eine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis bestanden haben. Der Begriff des Rechtsverhältnisses ist weit zu fassen. Erfasst werden sämtliche Rechtsverhältnisse des materiellen Rechts, sofern die Parteien hierüber verfügen können. Der Abschluss eines Vertrages (z.B. eines Kfz-Kaufvertrages) genügt für sich genommen nicht, um die Einigungsgebühr entstehen zu lassen.[14] Denn vor Abschluss des Vertrages verhandeln die Parteien in der Regel nicht über rechtliche Positionen, da in diesem Zeitpunkt eine rechtliche Bindung noch nicht bestand. Verhandelt wird in einem solchen Fall nur über wirtschaftliche Positionen.

[14] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 1000 Rn 99; OLG Düsseldorf AGS 2003, 496 = OLG-Report 2003, 342 zu § 23 BRAGO a.F.

5. Einzelfragen

a) Kein gegenseitiges Nachgeben erforderlich

 

Rz. 8

Ein gegenseitiges Nachgeben ist keine Voraussetzung für das Entstehen der Einigungsgebühr.[15] Auch der BGH hat ausdrücklich entschieden, dass ein...

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