Leitsatz (amtlich)

1. Für das Aushandeln eines Vertrages steht dem Rechtsanwalt eine Vergleichsgebühr nur zu, wenn sich zuvor ein Vertragspartner einer Rechtsposition berühmt hat.

2. Zum Begriff der Angelegenheit i.S.v. § 13 BRAGO.

 

Normenkette

BGB § 779; BRAGO §§ 13, 23

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 8 O 255/00)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Düsseldorf – Einzelrichter – vom 22.8.2001 wird zurückgewiesen.

Den Beklagten werden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das LG hat zu Recht einen Rückforderungsanspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht des S. nach §§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt., 398 BGB i.H.v. 9.337,50 DM nebst 15 % MwSt, entsprechend der in der Rechnung vom 27.1.1998 abgerechneten und bezahlten Vergleichsgebühr angenommen.

I. Die Beklagten haben die Zahlung des Zedenten S. ohne Rechtsgrund i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erhalten. Ein Rechtsgrund für die Zahlung ergibt sich insbesondere nicht aus dem das Mandatsverhältnis zwischen den Beklagten und dem Zedenten bestimmenden Anwaltsvertrag (§§ 611, 675 BGB).

1. Die Beklagten können die Entgegennahme der Zahlung des Zedenten i.H.v. 9.337,50 DM nebst MwSt nicht auf einen Anspruch auf Zahlung einer Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO stützen. Eine Vergleichsgebühr ist vorliegend nicht angefallen, weil zwischen dem Zedenten S. und der Klägerin kein Vergleich geschlossen wurde.

Der Ansatz einer Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO setzt voraus, dass zwischen den Beteiligten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ein Streit oder eine Ungewissheit über den Bestand oder den Umfang eines Rechtsverhältnisses bestand und durch einen Vertrag infolge gegenseitigen Nachgebens beseitigt wurde (OLG Düsseldorf OLGReport Düsseldorf 2001, 259; Gerold/Schmidt/von Eiken, BRAGO 15. Aufl., 2002, § 23 Rz. 5;). Es muss – zumindest in der Vorstellung eines Beteiligten – ein Rechtsverhältnis bestehen, auf Grund dessen sich einer der Beteiligten bestimmter Rechte berühmt (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., 2002, § 779 Rz. 4; Gerold/Schmidt/von Eiken, BRAGO 15. Aufl., 2002, § 23 Rz. 8). Bloße Verhandlungen zwischen den Beteiligten und ein sich daran anschließender Vertragsabschluss, mit dem sie lediglich von ihrer Vertragsfreiheit Gebrauch machen, stellen keinen Vergleichsabschluss dar, selbst wenn die Verhandlungen streitig waren und die Beteiligten von ihren ursprünglichen Vorstellungen Abstriche gemacht haben. Wenn zu Beginn der Verhandlungen nicht zumindest einer der Beteiligten geltend gemacht hat, ihm stehe bereits jetzt eine Rechtsposition zu, kommt ein Vergleich nicht zustande (Gerold/Schmidt/von Eiken, BRAGO 15. Aufl., 2002, § 23 Rz. 8; Riedel/Sussbauer/Fraunholz, BRAGO, 2. Aufl. 2000, § 23 Rz. 8; OLG Düsseldorf OLGReport Düsseldorf 2001, 259).

So liegen die Dinge hier. Während der Vertragsverhandlungen gingen – abgesehen von dem bestehenden und nicht in Frage stehenden Mietvertrag – weder der Zedent S. noch die Klägerin davon aus, dass eine der späteren Vertragsparteien bereits eine Rechtsposition, um deren Bestehen oder Umfang Streit oder Unsicherheit bestand, geltend machte. Denn bei Beauftragung der Beklagten hatten die Vertragsparteien eine vertraglich bindende Einigung noch nicht erzielt, weil eine Vereinbarung über wesentliche Vertragsbestandteile noch nicht getroffen war.

Auch wenn auf beiden Seiten grundsätzliches Einverständnis mit der Durchführung der Baumaßnahme bestand, waren doch die rechtliche Ausgestaltung und der Umfang der Berechtigungen und Verpflichtungen zwischen den Parteien noch völlig offen, was ihnen bewusst war. Auch später ist während des Mandats der Beklagten ein Vertragsschluss vor dem 23.1.1998 nicht erfolgt, auf dessen Grundlage sich die Klägerin oder der Zedent S. irgendwelcher Rechte berühmt hat.

Dies zeigt sich zum einen darin, dass die Klägerin unter dem 10.11.1997 versuchte, das Einverständnis des Zedenten S. mit dem Beginn der Baumaßnahmen herbeizuführen. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn gem. dem Vorbringen der Beklagten bereits zuvor eine bindende Zustimmung zur Durchführung der Baumaßnahmen erklärt worden wäre.

Zum anderen zeigt sich die Einschätzung der Parteien, dass eine gesicherte Rechtposition vor dem 23.1.1998 nicht bestand oder auch nur geltend gemacht würde, in ihrem sonstigen Verhalten bei den Vertragsverhandlungen. Wären bereits zuvor verbindliche Erklärungen der Parteien erfolgt, hätte sich der Zedent S. im Rahmen der Verhandlungen nicht, wie geschehen, einseitig von dem bis dahin verhandelten Überbauvertrag lösen und eine völlig neue Vertragsgestaltung einbringen können. Entsprechendes gilt für die Klägerin, die die für sie wirtschaftlich ungünstigere Ausgestaltung der Verträge gem. den Vorschlägen des Zedenten S. hingenommen hat, ohne sich auf ihre, nach den Behauptungen der Beklagten bereits gesicherte Rechtsposition einer Zusage des Zedenten zu berufen.

Letztli...

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