Rz. 16

Der Anwalt verdient die Hebegebühr nicht – wie vielfach irrtümlich angenommen – schon mit der Entgegennahme des Geldes, sondern erst mit dessen Auszahlung oder Rückzahlung an den Auftraggeber oder an Dritte. Dazu zählt auch die Hinterlegung des Geldes zu Zwecken der Sicherheitsleistung.[23]

 

Rz. 17

Hinsichtlich desselben Betrages kann die Hebegebühr sowohl für die Auszahlung als auch für die Rückzahlung anfallen.

 

Beispiel: Der Auftraggeber übergibt dem Anwalt 2.000 EUR, die dieser auftragsgemäß bei der Hinterlegungsstelle einzahlt. Nach Abschluss des Rechtsstreits nimmt der Anwalt das Geld wieder in Empfang und zahlt es an den Auftraggeber zurück.

Der Anwalt kann sowohl für die Einzahlung bei der Hinterlegungsstelle als auch für die Rückzahlung an den Mandanten jeweils eine Hebegebühr beanspruchen.

 

Rz. 18

Ob der Anwalt die Gelder vom Auftraggeber oder von einem Dritten erhalten hat, ist unerheblich.[24] Daher fällt die Hebegebühr auch dann an, wenn der Anwalt nicht verbrauchte Gelder an den Mandanten zurückzahlt.[25]

 

Beispiel: Der Auftraggeber überweist dem Anwalt die Urteilssumme, damit er diese an die Gegenseite weiterleitet. Der Gläubiger hatte zwischenzeitlich jedoch schon vollstreckt und die Forderung im Wege der Gehaltspfändung beigetrieben, so dass der Anwalt den erhaltenen Betrag an den Auftraggeber zurückzahlt.

Für die Rückzahlung steht dem Anwalt die Hebegebühr nach Anm. Abs. 1 zu.

 

Rz. 19

Die bloße Einverständniserklärung des Anwalts, dass die durch ihn hinterlegten Gelder freigegeben und an den Auftraggeber ausgezahlt werden können, löst die Hebegebühr dagegen nicht aus.[26]

 

Rz. 20

Unter "Zahlungen" sind sowohl Barzahlungen an den Anwalt als auch Überweisungen oder sonstige Einzahlungen auf dessen Konten zu verstehen (Anm. Abs. 2). Die Hingabe von Schecks und Wechseln, ohne dass diese vom Anwalt eingelöst werden, fällt dagegen nicht unter Anm. Abs. 2, wohl aber unter Anm. Abs. 4 (siehe Rdn 43).

 

Rz. 21

Auch die Weiterleitung ausländischer Zahlungsmittel fällt unter Anm. Abs. 1.[27] Soweit der Anwalt zusätzlich mit dem Umtausch des Geldes beauftragt wird, ist dies allerdings eine gesonderte Angelegenheit, die nach VV 2300 zu vergüten ist.

 

Rz. 22

Auch wenn der Anwalt die Gebühr für sog. durchlaufende Gelder erhält, ist doch erforderlich, dass er ein Mindestmaß an Verantwortung und Verwaltung übernimmt. Die unkontrollierte Weitergabe von Geldern genügt nicht, um die Hebegebühr auszulösen.[28]

 

Rz. 23

Nach der Auffassung von Mümmler[29] soll die Hebegebühr auch dann mehrmals anfallen, wenn die Überweisung des Anwalts aufgrund der Angabe einer falschen Bankverbindung durch den Auftraggeber zurückgelangt und die Gelder erneut angewiesen werden müssen. Dies dürfte zu weit gehen. Die Hebegebühr knüpft an die Aus- oder Rückzahlung an. Scheitert die Überweisung wegen einer unzutreffenden Angabe der Bankverbindung, dann kommt es gerade nicht zur Aus- oder Rückzahlung, so dass das Verwahrungsgeschäft noch nicht abgeschlossen ist. Die Hebegebühr fällt daher nur einmal an. Allerdings hat der Mandant die zusätzlichen Kosten der Rückbuchung zu tragen (vgl. Rdn 59).

 

Rz. 24

Nach Auffassung des KG[30] soll keine Hebegebühr anfallen, wenn der Anwalt Fremdgeld zunächst einbehält, weil er die eingegangene Zahlung auf vermeintliche Vergütungsansprüche verrechnet und er dann erst nach Verurteilung auf Auszahlung dieses Betrages das Geld weiterleitet. Die Hebegebühr stelle eine Entschädigung des Rechtsanwalts für die verantwortungsvolle und aus dem Rahmen seiner sonstigen Tätigkeiten herausfallende Auszahlung und die damit verbundene Verwaltung von Geldern dar. Entnehmen dürfe der Anwalt die Gebühr zwar, wenn er das Geld beim Mandanten abliefert; bestreitet der Anwalt jedoch seine Ablieferungspflicht und zahlt er erst, soweit er zur Herausgabe verurteilt wird, leiste er – wenn er zahle – auf eine eigene, ihm mit dem Urteil auferlegte Pflicht, für deren Erfüllung er eine Hebegebühr nicht mehr verlangen könne. Diese Auffassung ist jedoch jedenfalls dann abzulehnen, wenn der Anwalt nach dem Urteil umgehend auszahlt. Der gesetzliche Wortlaut ist eindeutig: "Der Anwalt erhält für die Auszahlung von Geldern eine Hebegebühr". Dass dem Anwalt die Hebegebühr dann nicht zustehen soll, wenn er zur Herausgabe verurteilt wird, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Es mag in bestimmten Fällen möglicherweise treuwidrig sein, wenn der Anwalt eine Hebegebühr berechnet, etwa wenn er Fremdgelder veruntreut hat und zur Herauszahlung verurteilt wird. Geht der Anwalt aber guten Glaubens davon aus, dass er mit eigenen Vergütungsansprüchen aufrechnen könne, bestreitet er also seine Auszahlungspflicht nach Grund und Höhe nicht, sondern wendet er nur eigene Vergütungsansprüche ein, dann kann dies nicht zum Wegfall der Hebegebühr führen, wenn anschließend ein Streit über die Höhe der Vergütung geführt wird, bei dem der Anwalt unterliegt. Dass der Anwalt die Aufrechnung mit Vergütungsansprüchen erklärt und sich die Aufrechnung im Nachhinein als unberechti...

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