Rz. 74

In allen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestimmen sich die Gebühren über Beschwerden, die den Hauptgegenstand betreffen, nunmehr ausdrücklich nach den für die Berufung geltenden Vorschriften, das heißt nach VV Teil 3 Abschnitt 2. Das hatte der Gesetzgeber früher nur für Beschwerden in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit Familiensachen betroffen waren (VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b a.F.), und für die Beschwerden in Verfahren nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen, die als Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten, angeordnet (VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. c a.F).

 

Rz. 75

Durch die neue Fassung der VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b aufgrund des 2. KostRMoG werden alle Beschwerden gegen die Endentscheidung wegen des Hauptgegenstands in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit erfasst und nach den Gebühren eines Berufungsverfahrens vergütet.

 

Rz. 76

Der Gesetzgeber begründet die Aufwertung der Beschwerden gegen die den Rechtszug beendenden Entscheidungen in sämtlichen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit der Vergleichbarkeit eines Berufungsverfahrens der streitigen Gerichtsbarkeit. In Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit habe das Beschwerdegericht eine vollständige Nachprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorzunehmen. Insofern sei es auch geboten, die Anwendbarkeit des VV Teil 3 Abschnitt 2 und 3 auf sämtliche Beschwerden und Rechtsbeschwerden (VV Vorb. 3.2.2 Nr. 1 Buchst. a) wegen des Hauptgegenstands in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit auszudehnen.

 

Rz. 77

Der Gesetzgeber beendete damit endlich auch die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Beschwerdeverfahren in Familiensachen (Familienstreitsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) und nach dem LwVfG, das als Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt, gegenüber den übrigen Beschwerdeverfahren in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Die Ungleichbehandlung hatte sich zuvor u.a. nachteilig in Nachlasssachen, insbesondere in den aufwändigen Erbscheinverfahren ausgewirkt, für die es auf der Grundlage der früheren Regelung bei den geringeren Gebühren der VV 3500, 3513 verblieben war.[33]

 

Rz. 78

Weil nunmehr sämtliche Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit von VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b nach dem Willen des Gesetzgebers erfasst sein sollen, bedarf es auch keiner gesonderten Regelung mehr im Hinblick auf Verfahren nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen, so dass VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. c a.F. aufgehoben worden ist. Der Gesetzgeber will Landwirtschaftssachen nach § 1 Nr. 1 und 2 bis 6 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen nunmehr von der VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b erfasst wissen.

 

Rz. 79

Dies erscheint dogmatisch nicht umfassend zutreffend, weil es sich bei den Verfahren nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen nicht um "originäre" Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sondern um solche Verfahren handelt, auf die der Gesetzgeber die Vorschriften über das Verfahren in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) kraft Verweisungsnorm (§ 9 LwVfG) anwenden will und diese unmittelbar im FamFG deshalb nicht geregelt sind. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einer Definition zugänglich sind, wobei der Gesetzgeber diese Angelegenheiten jedenfalls teilweise in das FamFG aufgenommen und sich damit inzidenter und ohne entsprechende Definition eine entsprechende Zuordnung herleiten lässt.

 

Rz. 80

Bei den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die nicht Familiensachen und ausdrücklich durch das FamFG als solche bezeichnet sind, handelt es sich insoweit um folgende Verfahren:

 

Rz. 81

Betreuungssachen (§ 271 FamFG),
Unterbringungssachen (§ 312 FamFG),
betreuungsgerichtliche Zuweisungssachen (§ 340 FamFG),
Nachlasssachen (§ 342 Abs. 1 FamFG),
Teilungssachen (§ 342 Abs. 2 FamFG),
Registersachen (§ 374 FamFG),
Unternehmensrechtliche Verfahren (§ 375 FamFG),
die Abgabe einer nicht vor dem Vollstreckungsgericht zu erklärenden eidesstattlichen Versicherung nach den §§ 259, 260, 2028, und 2057 BGB (§ 410 Nr. 1 FamFG),
die Ernennung, Beeidigung und Vernehmung des Sachverständigen in den Fällen, in denen jemand nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts den Zustand oder den Wert einer Sache durch einen Sachverständigen feststellen lassen kann (§ 410 Nr. 2 FamFG),
die Bestellung des Verwahrers in den Fällen der §§ 432, 1217, 1281 und 2039 BGB sowie die Festsetzung der von ihm beanspruchten Vergütung und seiner Aufwendungen (§ 410 Nr. 3 FamFG),
eine abweichende Art des Pfandverkaufs im Fall des § 1246 Abs. 2 BGB (§ 410 Nr. 4 FamFG),
Freiheitsentziehungssachen (§ 415 FamFG),
Aufgebotssachen (§ 433 FamFG).
 

Rz. 82

Verfahren über das gerichtliche Verfahren in...

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