a) Beschwerdeverfahren betr. ausländische Titel

 

Rz. 27

Voraussetzung für die Anwendung von VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2a und VV 3200 ff. ist stets das Vorliegen eines Beschwerdeverfahrens.[10] Nr. 2a gilt in Verfahren über Beschwerden gegen den Rechtszug beendende Entscheidungen in Verfahren über

Anträge auf Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel oder
Anträge auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zu ausländischen Titeln sowie
Anträge auf Aufhebung oder Abänderung der Vollstreckbarerklärung oder der Vollstreckungsklausel.
 

Rz. 28

Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a sieht vor, dass in Verfahren über die Beschwerde gegen die den Rechtszug beendenden Entscheidungen über Anträge auf Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel oder auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zu ausländischen Titeln sowie Anträge auf Aufhebung oder Abänderung der Vollstreckbarerklärung oder der Vollstreckungsklausel die erhöhten Gebühren des Unterabschnitts 1 anfallen (VV 3200 ff.). Hierdurch soll der erhöhte Arbeitsaufwand, den der Rechtsanwalt durch die erneute Prüfung des Sachverhalts und Bewertung der Rechtslage hat, abgegolten werden.

 

Rz. 29

Weil in den in Nr. 2 Buchst. a genannten Fällen in Rechtsbeschwerdeverfahren

grundsätzlich die Vertretung durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt vorgeschrieben ist,[11] erfasst VV Vorb. 3.2.1 nur die Beschwerdeverfahren; für die Rechtsbeschwerde gilt VV Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 (VV Vorb. 3.2.2 Nr. 1a: Verfahren über Rechtsbeschwerden in den in der Vorbemerkung 3.2.1 Nr. 2 genannten Fällen).[12]

[10] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV Vorb. 3.2.1 Rn 17.
[11] Schlauß, Das neue Gesetz zum internationalen Familienrecht – das Internationale Familienrechtsverfahrensgesetz (IntFamRVG), Anmerkung zu § 29 IntFamRVG; Zöller, § 16 AVAG Rn 1.
[12] Vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV Vorb. 3.2.1 Rn 12; Riedel/Sußbauer/Ahlmann, VV Vorb. 3.2.1 Rn 6.

b) Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen (§ 107 FamFG)

 

Rz. 30

Nr. 2a gilt nicht in Verfahren nach § 107 FamFG über die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen. Hier fallen für das Verfahren vor der Justizverwaltung (behördliches Verfahren) Gebühren nach VV 2300 ff. an.[13]

 

Rz. 31

Lehnt die Landesjustizverwaltung den Antrag ab, kann der Antragsteller gemäß § 107 Abs. 5 FamFG beim OLG die Entscheidung beantragen. Im (erstinstanzlichen) Verfahren vor dem OLG entstehen die Gebühren nach VV 3100 ff., nicht nach VV 3200 ff.[14]

 

Rz. 32

Die gem. § 29 EGGVG im Falle ihrer Zulassung durch das OLG mögliche Rechtsbeschwerde rechnet der Rechtsanwalt nach VV 3502 ff. ab (vgl. VV Vorb. 3.2.2 Rdn 22).

 

Rz. 33

Gemäß § 97 FamFG können Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen § 107 FamFG vorgehen. Ein Verfahren nach § 107 FamFG mit den dort entstehenden Anwaltsgebühren findet dann nicht statt. Nach Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 werden die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.

[13] Thiel, AGS 2009, 366; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV Vorb. 3.2.1 Rn 15, 22.
[14] Thiel, AGS 2009, 366; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV Vorb. 3.2.1 Rn 15, 23.

c) Exequaturverfahren (§ 722 ZPO)

 

Rz. 34

Gemäß § 722 Abs. 1 ZPO findet aus dem Urteil eines ausländischen Gerichts die Zwangsvollstreckung grds. nur statt, wenn ihre Zulässigkeit in einem ordentlichen Zivilprozess durch ein Vollstreckungsurteil ausgesprochen ist (Exequaturverfahren). In diesem Klageverfahren entstehen im ersten Rechtszug (§ 722 Abs. 2 ZPO) die Gebühren nach VV 3100 ff. (vgl. VV Vorb. 3.1 Abs. 1).[15] Im Berufungsverfahren gilt VV Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 (VV 3200 ff.) unmittelbar.[16]

[15] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3100 Rn 3; Riedel/Sußbauer/Ahlmann, VV Vorb. 3.2.1 Rn 3.
[16] Riedel/Sußbauer/Ahlmann, VV Vorb. 3.2.1 Rn 3.

d) Verfahren ohne Vollstreckungsklausel

 

Rz. 35

Durch EU-Verordnungen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen (z.B. EUGVVO) und durch multi- und bilaterale Staatsverträge sowie den dazu ergangenen Ausführungsgesetzen können jedoch zwischen Staaten Vereinbarungen getroffen sein, die die Anerkennung von und die Vollstreckung aus ausländischen Titeln vorrangig regeln und gegenüber dem Verfahren nach § 722 ZPO Erleichterungen schaffen. Findet bei einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ergangenen Titel die Zwangsvollstreckung im Inland statt, ohne dass es hierfür einer Vollstreckungsklausel bedarf, kann es nicht zu einem Beschwerdeverfahren mit den dort nach VV 3200 ff. entstehenden Gebühren kommen.

 

Rz. 36

Folgende Fälle sind hiervon insbesondere erfasst:

Vollstreckung aus einem Titel, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (EUVTVO) als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt wor...

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