I. Allgemeines

 

Rz. 1

Die in Abs. 1 enthaltene Regelung beschäftigt sich mit der Vergütung des Rechtsanwalts, der als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen tätig wird.[1] Betroffen sind jedoch nur die in VV Teil 3 geregelten Verfahren.

[1] Vgl. ausführlich: Schönemann, RVGprof. 2006, 215; Burhoff, RVGprof. 2006, 22.

II. Regelungsgehalt

1. Tätigkeit als Beistand

 

Rz. 2

Voraussetzung ist zunächst, dass der Rechtsanwalt als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen tätig wird. Dem Rechtsanwalt muss der Auftrag erteilt worden sein, dem Zeugen oder Sachverständigen in einem gerichtlichen Verfahren beizustehen. Das Gesetz bezeichnet die Tätigkeit des Rechtsanwalts ausdrücklich als Beistandsleistung und grenzt diese Tätigkeit damit von der eines Verfahrensbevollmächtigten für eine der Prozessparteien ab.

 

Rz. 3

Die Tätigkeit des Beistands wird in der Regel darin bestehen, dem Gericht gegenüber zu erläutern, aus welchen Gründen sich das von dem Zeugen in Anspruch genommene Zeugnisverweigerungsrecht ergibt. Dabei sind die Gründe für die Zeugnisverweigerung dem Gericht so anzugeben, dass es die Berechtigung für die Weigerung nachprüfen kann.[2]

[2] Baumbach u.a., ZPO, § 386 Rn 3.

2. Art und Weise bzw. Zeitpunkt der Tätigkeit

 

Rz. 4

Grundsätzlich beginnt die Tätigkeit des als Beistand tätigen Rechtsanwalts mit der Entgegennahme des Auftrags. Es ist als Voraussetzung lediglich zu verlangen, dass der Zeuge oder Sachverständige als solcher vom Gericht bereits geladen worden ist. Nicht ausreichend ist es aber, wenn der Zeuge oder Sachverständige von einer der Prozessparteien bisher nur schriftsätzlich benannt worden ist oder benannt werden könnte. Denn erst mit der Ladung durch das Gericht kann die Stellung eines Zeugen oder Sachverständigen erlangt werden.

 

Rz. 5

Die Art und Weise der Beistandsleistung bzw. der Zeitpunkt der Abgabe der Begründung des Zeugnisverweigerungsrechts sind gleichgültig. So kann der Rechtsanwalt die Begründung dem Gericht schriftsätzlich oder mündlich in einem Termin, aber auch außerhalb des Termins mitteilen. Auf die einmal entstandene Gebühr ist es ohne Einfluss, wenn das Gericht später von der Vernehmung des Zeugen oder der Einholung des Sachverständigengutachtens absieht, da es sich nicht um eine Erfolgsgebühr handelt. Soweit die Voraussetzungen von VV 3101 Nr. 1 vorliegen, reduziert sich die Verfahrensgebühr allerdings auf eine 0,8-Gebühr.

3. Verfahrensarten

 

Rz. 6

Eine Beistandstätigkeit des Rechtsanwalts ist in verschiedenen Verfahren denkbar:

Nach §§ 386 ff. ZPO kann sich ein Zeuge in einem Zwischenstreit über die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung anwaltlich vertreten lassen.
Nach § 402 ZPO gelten die Vorschriften der §§ 386 ff. ZPO für den Sachverständigen entsprechend.
Nach § 98 VwGO sind die genannten Vorschriften auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren entsprechend anzuwenden.
Nach § 46 ArbGG gelten die Vorschriften der ZPO entsprechend und damit auch die Vorschriften der §§ 386 ff. ZPO.

4. Vergütung

 

Rz. 7

Der als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen tätige Rechtsanwalt erhält die gleichen Gebühren wie ein Verfahrensbevollmächtigter, so dass hinsichtlich der einzelnen Gebühren auf die jeweiligen Vorschriften des VV verwiesen werden kann. Hat der Anwalt vor dem Auftrag zur Beistandsleistung den Zeugen beraten, so erhält er dafür die Vergütung nach der getroffenen Gebührenvereinbarung (§ 34 Abs. 1 S. 1) oder nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 34 Abs. 1 S. 2). Soweit nichts anderes vereinbart ist, wird die Beratungsgebühr auf die späteren Gebühren für die Beistandsleistung im gerichtlichen Verfahren angerechnet (§ 34 Abs. 2).

 

Rz. 8

Als Wert für die Gebühren ist nicht der Gegenstandswert des Verfahrens, in dem der Zeuge oder Sachverständige aussagt, zugrunde zu legen. Denn der Auftrag des Anwalts bezieht sich nicht auf die Forderung in der Hauptsache, sondern auf die Beistandsleistung, deren Wert am Interesse des Zeugen bzw. Sachverständigen im Hinblick auf seine Aussage bzw. Gutachtenerstattung zu bemessen ist. Demgemäß richtet sich der Wert nach § 23 Abs. 3 S. 2[3] und wird im Regelfall 5.000 EUR betragen.

 

Rz. 9

Leistet der Anwalt in einem Verfahren mehreren Zeugen oder Sachverständigen Beistand, so handelt es sich um verschiedene Gegenstände, so dass die Gebührenerhöhung nach VV 1008 keine Anwendung finden kann. Gegenstand des Auftrags ist es nämlich, jedem einzelnen Auftraggeber Beistand zu leisten.[4] Insofern erhält der Anwalt die Gebühren von jedem Zeugen/Sachverständigen gesondert. Wird der Zeuge allerdings in einem Verfahren mehrfach vernommen, so stellen die ihn betreffenden verschiedenen Beistandsleistungen des Anwalts nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit dar.[5]

[3] BT-Drucks 15/1971, S. 209; vgl. auch Bischof/Jungbauer/Bräuer/Bischof, RVG, Vorb. 3 VV Rn 20.
[4] A.A. OLG Koblenz AGS 2005, 504 bezüglich der Beistandsleistung für zwei Zeugen im Strafverfahren. Der Senat hat das Vorliegen zwei verschiedener gebührenrechtlicher Angelegenheiten verneint und dem Anwalt nur eine Gebühr nebst Erhöhung zugebilligt.
[5] So auch: Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV Vorb. 3 Rn 20...

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