I. Verwaltungszwangsverfahren (Abs. 1)

 

Rz. 11

Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1, 1. Hs. ist jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers eine besondere Angelegenheit. Dies gilt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs. entsprechend im Verwaltungszwangsverfahren (Verwaltungsvollstreckungsverfahren). Die Gebühren für die Tätigkeit des Rechtsanwalts in Verwaltungszwangsverfahren fallen damit neben den Gebühren des Rechtsanwalts in einem vorausgegangenen Verwaltungs- und/oder Nachprüfungsverfahren bezüglich der behördlichen Entscheidung an, die vollstreckt werden soll.

 

Rz. 12

Dies gilt aber nicht in dem Fall, in welchem die Grundverfügung der Behörde zugleich mit der Androhung eines Zwangsmittels verbunden worden ist. Erhebt der Rechtsanwalt gegen einen Bescheid, in welchem Grundverfügung und Androhung des Zwangsmittels verbunden worden sind, Widerspruch, so sprechen die Einheitlichkeit des Lebenssachverhaltes, des Auftrages des Rechtsanwalts sowie der Entscheidung der Behörde gegen die Annahme einer besonderen Angelegenheit. Dementsprechend erhält der Rechtsanwalt in diesem Fall die Gebühren für die Tätigkeit im Verwaltungszwangsverfahren nicht neben den Gebühren für die Tätigkeit in einem vorausgegangenen Verwaltungs- und/oder Nachprüfungsverfahren bezüglich der behördlichen Entscheidung, die vollstreckt werden soll.

 

Rz. 13

Der Rechtsanwalt erhält für eine Tätigkeit in der Verwaltungsvollstreckung die für die Zwangsvollstreckung in bürgerlich-rechtlichen Angelegenheiten vorgesehenen Gebühren. Dementsprechend bestimmt Abs. 1, dass im Verwaltungszwangsverfahren VV Teil 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 3 entsprechend anzuwenden ist. Danach erhält der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Verwaltungszwangsverfahren nach VV 3309 eine 0,3-Verfahrensgebühr sowie nach VV 3310 eine 0,3-Terminsgebühr.

 

Rz. 14

Die Verfahrensgebühr entsteht für die Tätigkeit im Verwaltungszwangsverfahren, die Terminsgebühr für die Teilnahme an einem von der vollstreckenden Behörde bestimmten Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin. Der Gesetzgeber hat auf den gesamten VV Teil 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 3 in Abs. 1 verwiesen, ohne die Terminsgebühr auszunehmen. Damit findet VV 3310 auch ihre entsprechende Anwendung in der außergerichtlichen Tätigkeit im Verwaltungszwangsverfahren.

II. Ausschluss in Angelegenheiten nach Teil 4 bis 6 (Abs. 2)

 

Rz. 15

VV Vorb. 2.3 geht ausweislich seiner Überschrift davon aus, dass alle außergerichtlichen Vertretungen nach den Vorschriften dieses Abschnitts zu vergüten sind. Ausgehend hiervon regelt Abs. 2, in welchen Angelegenheiten die Anwendung der Gebührentatbestände nach VV Teil 2 Abschnitt 3 ausgeschlossen ist. Während nach der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung noch die außergerichtlichen Gebühren in sozialrechtlichen Angelegenheiten, die nach Betragsrahmen abzurechnen sind, sowie in Verfahren nach der WBO und WDO in VV Teil 2 Abschnitt 4 geregelt waren, sind diese jetzt ebenfalls in Abschnitt 3 geregelt. Daher ist der bisherige Vorrang der Gebühren nach Abschnitt 4 mangels Inhalt aufgehoben worden. Geblieben ist dagegen der grundsätzliche Ausschluss der Gebührentatbestände nach VV Teil 2 Abschnitt 3 für Angelegenheiten der VV Teile 4 bis 6. Daneben sind die VV 2300 ff. – obwohl ausdrücklich nicht genannt – unanwendbar, soweit die Vertretung im Rahmen der Beratungshilfe erfolgt. Auch § 35 ist in diesem Zusammenhang zu beachten. Im Einzelnen gilt Folgendes:

 

Rz. 16

Erbringt der Anwalt Hilfeleistung bei der Erfüllung allgemeiner Steuerpflichten und bei der Erfüllung steuerlicher Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten, sind die Gebühren nach VV Teil 2 Abschnitt 3 gemäß § 35 ausgeschlossen. Anzuwenden sind in diesem Fall die entsprechenden Vorschriften der StBVV. Erst im Einspruchsverfahren gelten die VV 2300 ff. (zu Einzelheiten siehe § 35 Rdn 1 ff.).

 

Rz. 17

Wird der Anwalt im Rahmen der Beratungshilfe vertretend tätig, gelten die entsprechenden Vertretungstatbestände der VV 2503 ff. Daneben sind die VV 2300 ff. unanwendbar. Eine Möglichkeit, die Wahlanwaltsgebühren der VV 2300 oder die Differenz zwischen Wahl- und Pflichtanwaltsgebühren vom Mandanten zu erlangen, wie bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe über § 50, besteht bei den Geschäftsgebühren grundsätzlich nicht. Wird die Beratungshilfe allerdings vom Gericht aufgehoben oder im Fall nachträglicher Antragstellung Beratungshilfe nicht bewilligt und hat der Anwalt entsprechende Hinweispflichten erfüllt, kann er vom Mandanten nach §§ 6a, 8a BerHG auch die Vergütung nach den VV 2300 ff. verlangen. Soweit der Anwalt über § 9 BerHG einen Erstattungsanspruch gegen den Gegner erwirbt, richtet sich dieser ebenfalls nach den Gebühren der VV 2300 ff. Das gilt auch dann, wenn sich der Erstattungsanspruch in verwaltungs- oder sozialrechtlichen Angelegenheiten im Falle eines erfolgreichen Widerspruchsverfahrens gegen die Behörde richtet.

 

Rz. 18

In Strafsachen sind die VV 2300 ff. im vorbereitenden Verfahren nicht anwendbar. Soweit allerdings vor einem Adhäsionsverfahren nach §§ 403 f...

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