Rz. 60

Zahlt ein Auftraggeber zugleich auf die Schuld eines anderen Auftraggebers, so stellt sich die Frage, ob er diesen ganz oder teilweise in Rückgriff nehmen kann. Das gesetzliche Schuldrecht normiert insoweit einen Interessenausgleich, der sich in erster Linie nach den konkreten Rechtsbeziehungen der Schuldner zueinander (Innenverhältnis) richten soll und hilfsweise – soweit jeder andere Verteilungsmaßstab fehlt – nach Kopfteilen durchzuführen ist, § 426 Abs. 1 S. 1 BGB.

 

Rz. 61

Der Innenausgleich zu gleichen Teilen ist nicht mehr als eine bloße Hilfsregel,[74] die verdrängt wird, sobald sich Anhaltspunkte für eine anderweitige Ausgleichung finden.[75] Sie erstreckt sich auf die Forderung, für die nach außen (nur teilweise) gehaftet wird, in voller Höhe und unabhängig davon, wie eingehende Zahlungen zu verrechnen sind (siehe Rdn 58 f.). Die Ausgleichungsverpflichtung der Auftraggeber untereinander entsteht auch nicht erst mit vollständiger oder teilweiser Befriedigung des Anwalts, sondern bereits mit der gemeinsamen Beauftragung.[76]

 

Beispiel: A, B und C beauftragen gemeinsamen den Anwalt mit der Besorgung desselben Gegenstandes. Die Vergütung beträgt 1.200 EUR, der einzelne Haftungsanteil 1.000 EUR.

A, B und C sind zu gleichen Anteilen verpflichtete Gesamtschuldner. Mangels besonderer Umstände haften sie im Innenverhältnis jeweils auf 400 EUR (1/3), auch wenn der Anwalt die ersten 200 EUR als Zahlung auf nur einen Haftungsanteil verrechnen darf (siehe Rdn 58).

 

Rz. 62

Gleichsam als Sicherheit für den internen Ausgleichungsanspruch geht bis zu dessen Höhe die Forderung des Anwalts auf den zahlenden Auftraggeber über, § 426 Abs. 2 S. 1 BGB (bestärkende Legalzession). Diese Forderung kann dann von dem Auftraggeber selbstständig geltend gemacht werden,[77] allerdings nicht zum Nachteil des Anwalts, § 426 Abs. 2 S. 2 BGB. Mithin wird der Anspruchsübergang nur insoweit ausgelöst, als auf den Haftungsanteil eines anderen Auftraggebers gezahlt wurde.

 

Beispiel: Im vorstehenden Fall zahlt A 500 EUR.

Die ersten 200 EUR sind auf die "Gebührenspitze" des Anwalts zu verrechnen, reduzieren also nicht die Haftungsanteile der anderen Auftraggeber und bewirken daher auch keinen Anspruchsübergang. Die nächsten 300 EUR werden hingegen auch auf die Schulden von B und C gezahlt. Damit geht insoweit der Vergütungsanspruch des Anwalts auf A über, und zwar jeweils i.H.v. 100 EUR (1/3). Den Anwalt belastet das nicht, weil sein restlicher Vergütungsanspruch von 700 EUR durch die entsprechenden Haftungsanteile von B und C voll abgedeckt bleibt.

[74] OLG Hamm JurBüro 1994, 420 gegen OLG Stuttgart JurBüro 1990, 625 und KG JurBüro 1984, 1090.
[75] Siehe etwa OLG Koblenz RVGreport 2008, 270 (Anwalt vertritt zugleich Eltern und deren mittelloses Kind).
[76] BGH 5.3.1981 – III ZR 115/80, NJW 1981, 1666 m.w.N.

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