Rz. 50

Abs. 2 S. 1, 1. Hs. erstreckt die im Wege der Prozesskostenhilfe erfolgte Beiordnung – nicht auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe – auch auf die Verteidigung gegen die Anschlussrechtsmittel der Berufung, der Beschwerde wegen des Hauptgegenstands, der Revision und der Rechtsbeschwerde wegen des Hauptgegenstands. Abs. 2 S. 1, 1. Hs. gilt nicht mehr entsprechend für die Verteidigung gegen die Anschlussbeschwerde gemäß § 567 Abs. 3 ZPO.

 

Rz. 51

Allerdings ist die Erstreckung der Beiordnung gemäß Abs. 2 S. 1 als solche nicht geeignet, die Partei von Kosten des Anschlussrechtsmittels zu befreien, weil es hierzu einer Regelung im Verhältnis Partei – Fiskus und folglich nach dem Wortlaut des § 122 Abs. 1 ZPO der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedarf. Die Beiordnung regelt hingegen nur das Verhältnis Anwalt – Fiskus und hat insbesondere die Vergütungspflicht der Staatskasse, nicht aber eine Entpflichtung der Partei von den Anwaltskosten zum Gegenstand. Nach dem Schutzzweck des Gesetzes ist jedoch eine großzügige Auslegung geboten, der rechtliche Bedenken nicht entgegenstehen, da es hier um die gewährende Verwaltung geht. Die Erstreckung der Beiordnung muss im Interesse der Partei so verstanden werden, dass die von der Beiordnung tatbestandlich vorausgesetzte Prozesskostenhilfe (siehe § 45 Rdn 33) inzidenter ebenfalls erstreckt werden soll. Angesichts der aufgezeigten sachlichen Zusammenhänge wäre es zudem reine Förmelei, wenn die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf die Verteidigung gegen das Anschlussrechtsmittel besonders angeordnet werden müsste, um die Wirkungen des § 122 Abs. 1 ZPO auszulösen.

 

Rz. 52

Eine Anschlussberufung liegt indes auch vor, wenn der in erster Instanz erfolgreich gewesene Kläger nunmehr eine Klageerweiterung verfolgt oder vom Feststellungsantrag zur Leistungsklage übergeht (§ 264 Nr. 2, 3 ZPO). Auf die Abwehr auch solcher Anträge erstreckt sich die Beiordnung ebenfalls, ohne dass eine gerichtliche Überprüfung dieser Rechtsverteidigung bereits erfolgt wäre. Selbige erweist sich jedoch in der Regel als entbehrlich, da die bereits vorgenommene Prüfung das jeweilige Grundverhältnis zum Gegenstand gehabt hat. Nur wenn nicht dieses, sondern lediglich ein spezielles Erfordernis der bisherigen Antragstellung als angreifbar angesehen worden sein sollte, kommt in Betracht, dass die Rechtsverteidigung gegen die neuen Anträge von Anfang an erfolglos erscheinen muss und gleichwohl auf Kosten der Staatskasse durchgeführt werden könnte. Für derartige Fälle sieht jedoch Abs. 2 S. 2 die Möglichkeit vor, die gesetzliche Erstreckung im Einzelfall durch ausdrückliche Regelung außer Kraft zu setzen.

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