a) Auslagen und Aufwendungen

 

Rz. 14

Zu den von § 47 erfassten Auslagen gehören die in VV Teil 7 aufgeführten Auslagen, z.B. die Reisekosten nach VV 7003 ff.[19] Ein Anspruch auf Vorschuss besteht aber auch für Aufwendungen i.S.v. § 670 BGB, VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 2.[20] Aufwendungen i.S.v. VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 2, § 670 BGB sind auch die in VV Teil 7 ausdrücklich aufgeführten (besonderen) Auslagen.[21] (VV 7000 ff. enthalten Spezialregelungen für einen bestimmten Bereich; siehe VV Vorb. 7 Rdn 21 f.[22])

Auch der Vorschussanspruch auf Ersatz der Auslagen muss noch nicht fällig sein. Die voraussichtlich entstehenden Auslagen sind unter Anwendung eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls bei einer weder zu engen noch zu weiten Auslegung zu prüfen. Die Entstehung muss höchstwahrscheinlich sein.[23] Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Rechtsanwalt Ersatz von Übernachtungskosten für die notwendigen Übernachtungen vor den Hauptverhandlungsterminen begehrt. Es reicht hierbei auch aus, wenn die Entstehung der Übernachtungskosten davon abhängt, ob die Staatskasse diese im Vorschussweg erstattet.

[19] Vgl. LG Bautzen JurBüro 2007, 655.
[20] OLG Dresden AGS 2016, 141 = MDR 2016, 397; OLG Hamm AGS 2013, 348 = RVGreport 2013, 307, jew. zu den Aufwendungen für ein in einem Zivilprozess eingeholtes Privatgutachten; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, § 47 Rn 4, § 46 Rn 82.
[22] Vgl. auch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV Vorb. 7 Rn 13 ff.
[23] Vgl. Burhoff, RVGreport 2011, 327; ders., RVGprofessionell 2014, 158.

b) Vorschussanspruch gegen die Partei (§ 9)

 

Rz. 15

Der Anspruch ist äußerlich deckungsgleich mit dem Anspruch des Anwalts gegen die Partei (§ 9), hat aber einen anderen Hintergrund, soweit es um die voraussichtlich entstehenden Auslagen geht. Im Verhältnis zur Staatskasse spielt auch hier der Gedanke einer finanziellen Absicherung des Anwalts keine Rolle (vgl. Rdn 8). Wenn dem Anwalt gleichwohl ein Vorschussanspruch gegen die Staatskasse auch hinsichtlich zukünftiger Auslagen zugebilligt wird, so folgt das aus einem anderen Sicherungsbedürfnis.

Das wird offenbar, sobald es um außergewöhnliche Auslagen geht. Im Verhältnis Anwalt – Partei wird die Prozesstaktik häufig abgestimmt und gelegentlich werden auch kostenträchtige Maßnahmen erwogen, die nicht ohne weiteres Erfolg versprechend erscheinen. Wenn die Partei eine solche Maßnahme gleichwohl wünscht, kann der Anwalt auch insoweit einen Vorschuss verlangen; auf die Frage der Notwendigkeit i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO kommt es nicht an. Hat der Anwalt hinreichend auf die Risiken hingewiesen, braucht er auch nicht zu befürchten, dass er den Vorschuss zurückzahlen muss, falls der erstrebte Erfolg ausbleibt.

c) Vorschussanspruch nur für erforderliche Auslagen

 

Rz. 16

Demgegenüber ist im Verhältnis Anwalt – Fiskus eine Besprechung zur Durchführung von Maßnahmen, die mit besonderen Kosten verbunden sind, nicht einmal vorgesehen. Bei der Vorschussgewährung ist nicht zu prüfen, ob der Rechtsanwalt in der Lage wäre, die vorschussweise geltend gemachten Auslagen bis zur Fälligkeit selbst zu tragen.[24] Für die Staatskasse vorschusspflichtig ist aber lediglich ein Auslagenersatzanspruch des beigeordneten oder bestellten Anwalts nach § 46. Gegenstand des Anspruchs können mithin nur solche bereits angefallenen oder voraussichtlich noch entstehenden Kosten sein, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlich sind (§ 46 Abs. 1). Auch im Rahmen eines Vorschusses werden Auslagen, insbesondere Reisekosten, nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich sind oder waren.[25] Ob die Erforderlichkeitsvoraussetzung vorliegt, hat der Anwalt selbstständig zu prüfen und ohne Rücksprache mit einem Vertreter der Staatskasse vorab für sich zu klären. Dem Risiko, mit seiner Einschätzung kein Gehör zu finden, kann er dadurch begegnen, dass er im Rahmen einer Vorschussanforderung die Auffassung der Staatskasse abklärt.

[24] Burhoff, RVGreport 2011, 327.
[25] OLG Dresden AGS 2016, 141 = MDR 2016, 397; OLG Hamm AGS 2013, 348 = RVGreport 2013, 307.

d) Kein Feststellungsverfahren gem. § 46 Abs. 2

 

Rz. 17

Nach § 46 Abs. 2 kann das Gericht auf Antrag die Feststellung treffen, dass Reisekosten oder Aufwendungen (§ 670 BGB) erforderlich sind. Für Gebühren ist diese Feststellung ausgeschlossen. Neben dem Feststellungsverfahren nach § 46 Abs. 2 bietet aber auch die Festsetzung eines Vorschusses nach § 47 Abs. 1 die Möglichkeit, zu klären, ob Auslagen von der Staatskasse erstattet werden. Denn nach § 47 Abs. 1 können im Wege des Vorschusses die voraussichtlich entstehenden Auslagen aus der Staatskasse gefordert werden. Anders als die vorherige positive Feststellung nach § 46 Abs. 2, der Bindungswirkung zukommt und die von der Staatskasse nicht angefochten werden kann,[26] kann gegen die Vorschussfestsetzung aber noch von der Staatskasse Erinnerung gem. § 56 eingelegt werden.

[26] OLG Celle RVGreport 2012, 417 = NStZ-RR 2012, 326 zu Reisekosten; zur Dokumentenpauschale OLG Düsseldorf RVGreport 201...

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