Rz. 36

Nach der Typisierung des Gesetzes erfolgt die anwaltliche Leistung in der Regel aufgrund eines Vertrages, der so genannten entgeltlichen Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB). Die Vereinbarung kann schon vor der Beiordnung oder Bestellung des Anwalts abgeschlossen worden sein. Dann stellt der Beschluss eine Zäsur dar, weil die Rechtsbeziehung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalts zu der Partei wegen der Forderungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO so behandelt wird, als sei ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von der Beiordnung (oder Bestellung) anlässlich derselben ein neuer Auftrag zur Vertretung der Partei erteilt worden,[55] falls die Wirkungen der Beiordnung oder Bestellung nicht kraft Gesetzes vorverlagert werden (§ 48 Abs. 6). Ist im Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung noch kein Auftrag erteilt gewesen, so ist das Vertragsverhältnis mit Erteilung einer Vollmacht noch zu begründen.[56]

 

Rz. 37

Beauftragung und Bevollmächtigung des Anwalts sind aber keine zwingenden Voraussetzungen für das Entstehen einer Gebührenforderung aufgrund anwaltlicher Tätigkeit. Stets bedarf es jedoch einer zivilrechtlichen Anspruchsgrundlage im Verhältnis Anwalt – Partei.[57] Als solche kommt etwa § 683 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) in Betracht, wenn der Anwalt ohne rechtsgeschäftliches Erklärungsverhalten der Partei etwa aufgrund seiner Beiordnung oder Bestellung im Interesse der Partei tätig geworden ist und wenn diese (gebührenauslösende) Tätigkeit ihrem geäußerten oder mutmaßlichen[58] Willen entspricht. Hat sich die Partei jedoch ausdrücklich oder konkludent gegen das Tätigwerden des Anwalts geäußert, so scheidet eine Vergütung nach dieser Vorschrift selbst dann aus, wenn ihre Haltung objektiv unvernünftig oder interessenwidrig ist und nicht einmal dem Anwalt, sondern nur Dritten gegenüber offenbart wurde.[59] Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Voraussetzungen der §§ 53 Abs. 1, 52 vorliegen (vgl. insoweit die Erl. zu §§ 52 und 53).

[55] Vgl. BGH 21.2.2008 – I ZR 142/06, AGS 2008, 435; FG Düsseldorf AGS 2008, 45; OLG Karlsruhe JurBüro 1985, 874; KG JurBüro 1969, 243.
[56] BGH 1.3.1973 – III ZR 188/71, BGHZ 60, 258; OLG Zweibrücken JurBüro 1994, 749. Nach BGH 13.7.2004 – KZR 17/03, NJW-RR 2005, 49 kommt der Anwaltsvertrag spätestens dadurch zustande, dass der beigeordnete Anwalt im Einverständnis mit der Partei tätig wird.
[58] Im Zweifel ist als mutmaßlicher Wille der Partei ein interessengerechtes Wollen anzusehen, BGH 7.3.1989 – XI ZR 25/88, NJW-RR 1989, 970.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge