Rz. 1

Nach der BRAGO konnte lediglich der beigeordnete oder bestellte Anwalt die Bewilligung einer Pauschgebühr verlangen (jetzt: § 51; vormals § 99 BRAGO). Aufbauend auf dieser Vorschrift hat das RVG in § 42 eingeführt, dass auch der Wahlanwalt die Bewilligung einer Pauschgebühr beantragen kann.

 

Rz. 2

Das Verfahren hinsichtlich der Bewilligung der Pauschgebühr für den Wahlanwalt orientiert sich an dem Verfahren über die Bewilligung der Pauschvergütung eines gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalts (§ 51).

 

Rz. 3

Der Wahlverteidiger hatte nach der BRAGO nur die Möglichkeit, bei besonders umfangreichen oder schwierigen Angelegenheiten den Gebührenrahmen bis zur Höchstgebühr auszuschöpfen und ggf. auch die Höchstgebühr zu überschreiten, nämlich dann, wenn sich der Mandant nicht auf freiem Fuß befand (§ 83 Abs. 3 BRAGO) oder wenn sich die Tätigkeit auch auf eine Einziehung und verwandte Maßnahme oder auf die Entziehung der Fahrerlaubnis oder ein Fahrverbot erstreckte (§ 88 S. 2 und 3 BRAGO). Im Übrigen musste er versuchen, mit dem Mandanten eine Honorarvereinbarung zu treffen, wenn er meinte, mit den gesetzlichen Gebühren nicht auszukommen. Nach dem RVG kann auch dem Wahlanwalt nunmehr eine Pauschgebühr bewilligt werden, wenn ihm die Tätigkeit zu den gesetzlichen Höchstgebühren wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar ist. Faktisch handelt es sich hier um eine gerichtliche Anpassung der Geschäftsgrundlage. Das Gericht greift mit der Bewilligung einer Pauschvergütung in einen privatrechtlichen Vertrag ein und ändert die dort getroffene, kraft Gesetzes geltende Gebührenbestimmung. Im Gegensatz zu den Verfahren nach § 51, in denen Vergütungsschuldner die Staatskasse ist, führt die Bewilligung der Pauschgebühr nach § 42 dazu, dass der Auftraggeber nunmehr eine höhere Vergütung über die gesetzlichen Rahmengebühren hinaus zahlen muss.

 

Rz. 4

Die mit dem RVG eingeführte Regelung des § 42 hat darüber hinaus auch zu einer Änderung im Rahmen der Kostenerstattung geführt. Faktisch kann dies dazu führen – worauf Hartung[1] zu Recht hinweist –, dass teilweise auch die Erstattung vereinbarter Vergütungen in Betracht kommt. Sofern über die gesetzlichen Gebühren hinaus eine Pauschvergütung nach § 42 bewilligt wird, ist diese auch zu erstatten. Von daher hat der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr auch dann Bedeutung, wenn dem Anwalt ohnehin aufgrund einer Vergütungsvereinbarung nach §§ 3a ff. bereits eine höhere Vergütung zusteht.

[1] Hartung/Römermann, RVG, § 42 Rn 3.

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