Rz. 106
Ist die vereinbarte Vergütung derart hoch, dass sie sittenwidrig, insbesondere wucherisch (§ 138 Abs. 2 BGB) ist, ist die Vereinbarung insgesamt nichtig. Die Nichtigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB erstreckt sich jedoch nicht auf den gesamten Anwaltsvertrag. Unwirksam ist nur die Vergütungsvereinbarung mit der Folge, dass dem Rechtsanwalt über § 612 Abs. 2 BGB lediglich die gesetzlichen Gebühren – oder in Ermangelung derselben die üblichen Gebühren (siehe § 34 Rdn 87 ff.) – zustehen.[161] Der Auftraggeber schuldet die vereinbarte Vergütung auch nicht insoweit, als sie noch im Bereich des Angemessenen liegt. Eine Herabsetzung ist daher entbehrlich.
Rz. 107
Da Abs. 2 die Herabsetzung einer überhöhten vereinbarten Vergütung vorsieht, ist die Grenze zur Sittenwidrigkeit wesentlich höher anzusetzen als bei sonstigen zivilrechtlichen Fallgestaltungen.[162] Die vom BGH zur Sittenwidrigkeit eines Austauschvertrags entwickelten allgemeinen Grundsätze sind insofern nicht anwendbar.[163] Eine Sittenwidrigkeit kommt daher nur ausnahmsweise in Betracht, wenn objektiv ein besonders krasses Missverhältnis zwischen dem Wert der anwaltlichen Dienstleistung und der hierfür vereinbarten Vergütung besteht und subjektiv der Anwalt die Unerfahrenheit oder Zwangslage des Mandanten ausgenutzt hat. Nach der Rechtsprechung des BGH[164] indiziert das auffällige Missverhältnis die verwerfliche Gesinnung des Anwalts i.S.d. § 138 Abs. 2 BGB. Eine Indizwirkung soll bei der Vereinbarung einer Stundensatzvergütung jedenfalls dann eintreten, wenn die gesetzlichen Gebühren um mehr als das 17fache überschritten wurden.[165]
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