Rz. 228

Die Festsetzung des Streitwerts kann von demjenigen Gericht, das sie getroffen hat, geändert werden, in der höheren Instanz auch vom Rechtsmittelgericht (§ 63 Abs. 3 GKG). Das Wort "kann" besagt nicht, dass die Änderung im Ermessen des Gerichts steht, sondern regelt nur die Zuständigkeit.[99] Erkennt das Gericht, dass sein Wertansatz unzutreffend ist, dann ist es verpflichtet, ihn abzuändern.[100]

 

Rz. 229

Umstritten ist, ob das Gericht den Streitwert auch ändern darf, wenn dadurch der Kostengrundentscheidung eines Urteils die Berechnungsgrundlage entzogen wird.[101] Entgegen BGH[102] ist das zu bejahen. Wird die Änderungsbefugnis bejaht, dann darf die dadurch unrichtig gewordene Kostenentscheidung konnte bislang nach einer verbreiteten Auffassung analog § 319 Abs. 1 ZPO berichtigt werden.[103] Der BGH hat diese Praxis für unzulässig erklärt. Eine Änderung der Kostenentscheidung nach § 319 ZPO ist nicht möglich.[104]

 

Rz. 230

Bemerken Parteien oder Anwälte einen Fehler der Streitwertfestsetzung, dann können sie das Gericht darauf aufmerksam machen und die Abänderung anregen. Das geschieht durch eine Gegenvorstellung. Dieser Rechtsbehelf zielt auf eine Überprüfung der ergangenen Entscheidung durch diejenige Instanz ab, die sie erlassen hat.[105] Dabei ist zweierlei zu beachten:

Einmal gilt auch für die Gegenvorstellung die Ausschlussfrist der §§ 63 Abs. 3 S. 3, 68 Abs. 1 S. 3 bis 5 GKG; §§ 59 Abs. 1 S. 3, 55 Abs. 3 S. 2 bis 5 FamGKG. Wird sie versäumt, dann ist die Gegenvorstellung unzulässig.[106]

Ferner ersetzt die Gegenvorstellung nicht die Einlegung einer Beschwerde. Es gilt zwar der Grundsatz, dass die Zulässigkeit eines Rechtsmittels nicht davon abhängt, ob das Rechtsmittel terminologisch korrekt bezeichnet wird.[107] Die Rechtsprechung lehnt es aber in aller Regel ab, eine Gegenvorstellung als Beschwerde zu behandeln.[108] Der "sicherste Weg" ist es deshalb stets, "Gegenvorstellung, hilfsweise Beschwerde" einzulegen.

[99] Hartmann/Toussaint, KostR, § 63 GKG Rn 8.
[100] Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, Rn 124.
[101] Ausführlich dazu Schneider/Herget, Rn 1132 ff. m. Nachw.
[102] BGH 30.6.1977 – VIII ZR 111/76, MDR 1977, 925 m. abl. Anm. E. Schneider.
[103] Z.B. OLG Köln JurBüro 1993, 741; OLG Hamm MDR 2001, 1186; a.A. wieder OLG Stuttgart, BRAGOreport 2001, 141 m. Anm. E. Schneider m.w.N.
[104] BGH 30.7.2008 – II ZB 40/07, AGS 2008, 471 = RVGreport 2008, 479 = JurBüro 2008, 655.
[105] BGH 17.3.1982 – IVa ZB 5/82, VersR 1982, 598.
[106] BGH 12.2.1986 – IVa ZR 138/83, NJW-RR 1986, 737; OVG Münster AnwBl 1992, 282.
[107] Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, § 569 Rn 7; Musielak/Ball, ZPO, § 569 Rn 3.
[108] Z.B. BGH 17.3.1982 – IVa ZB 5/82, VersR 1982, 598.

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