Leitsatz (amtlich)

›a) Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Vertrag über die Vermittlung eines Regierungsauftrags in einem ausländischen Staat nichtig ist, wenn der Auftrag durch die Bestechung von Staatsbediensteten erlangt werden soll.

b) Eine nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung bewirkte Erfüllung führt nicht zur Erledigung der Hauptsache (im Anschluß an BAG Nr. 23 zu § 1 TVG Tarifverträge Bau - LT 1 - 3).

c) Solange der im Rahmen einer Stufenklage geltend gemachte Rechnungslegungs- oder Auskunftsanspruch in der höheren Instanz schwebt, kann der Kläger dem Rechtsmittelgericht die Befugnis zur Abweisung der gesamten Klage nicht dadurch entziehen, daß er bei dem Gericht der ersten Instanz Verhandlungen über den Hauptanspruch beantragt.‹

d) red. LS zu a) Sittenwidrig ist eine Vereinbarung über die Vermittlung eines ausländischen Regierungsauftrags (hier: in Nigeria) auf dem Wege der Bestechung der zuständigen ausländischen Amtsträger, und zwar sowohl eine Vereinbarung mit dem Amtsträger als auch ein Vertrag mit einem Mittelsmann.

 

Verfahrensgang

OLG Hamburg

LG Hamburg

 

Tatbestand

Die Klägerin macht im Wege der Stufenklage einen Provisionsanspruch gegen die Beklagte geltend.

Die Klägerin ist eine in L. ansässige Gesellschaft, die die Vermittlung internationaler Handelsgeschäfte betreibt. Sie suchte Anfang 1977 eine Firma, die bereit war, für die Regierung des Staates B. in M. eine Brauerei zu errichten. Der langjährige Geschäftspartner der Klägerin, die Firma C., zeigte sich wegen Kapazitätsauslastung an dem Projekt nicht interessiert. Auf Anraten der Firma C. wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bot ihr an, einen entsprechenden Vertrag mit den zuständigen n Stellen zu vermitteln.

Um derartige Geschäfte in N. abschließen zu können, sind Schmiergeldzahlungen an die einflußreichen Stellen im Lande erforderlich. Dies war den Parteien bekannt. Da andererseits der Einsatz von Schmiergeldern in N. strafbar ist und die Gefahr mit sich bringt, daß der Anbieter auf schwarze Listen gesetzt wird und sich einer möglichen Strafverfolgung aussetzt, ist es bei europäischen Anbietern üblich, das "Schmieren" durch Einheimische besorgen zu lassen. Die Klägerin bot an, zu diesem Zweck ihren Mitarbeiter N. einzusetzen und generell dafür zu sorgen, daß die geeigneten Kontakte zur Schließung der beabsichtigten Verträge geknüpft werden.

Am 3. Februar 1977 traf sich Herr S., der damals zusammen mit Frau K. Geschäftsführer der Beklagten war, mit dem Direktor der Klägerin M. C. Das Ergebnis dieser Besprechung bestätigte er mit einem Schreiben vom folgenden Tage. Danach hatte er zugesagt, daß die Beklagte das M.-Projekt ausschließlich mit der Klägerin bzw. ihren Partnern bearbeiten werde. Die Beklagte sollte der Klägerin für diese selbst und "dritte Parteien" eine Provision gewähren, die ungefähr 4 bis 5% betragen und deren genaue Höhe später festgesetzt werden sollte.

Am 16. Juni 1977 bestätigte Herr S. am 19. September 1977 sein Nachfolger R. der Klägerin, daß die Beklagte der Klägerin 5% des fob-Wertes der in N. zu importierenden Brauereimaschinen und Ausrüstung als Provision zahlen werde. Am 22. September 1977 versprach auch die Firma C. der Klägerin eine 5 %ige Kommission für den Fall, daß sie in das M.-Projekt einsteigen würde.

Die Klägerin gab gegenüber der Beklagten an, ca. 300.000,- DM Schmiergelder eingesetzt zu haben, um das Projekt zu fördern. Um einen entsprechenden Kredit zu erhalten, ließ sie sich vom Geschäftsführer R. mit Schreiben vom 26. Oktober 1977 unwiderruflich zusichern, ihr 5 % des Verkaufswertes der zu liefernden Brauereiapparaturen in Deutscher Mark zu zahlen. Der anderen Geschäftsführerin der Beklagten, Frau K. war bekannt, daß der Geschäftsführer S. einen Maklervertrag mit der Klägerin geschlossen und daß der Geschäftsführer R. diesen Vertrag bestätigt hatte.

Die Bemühungen der Klägerin führten dazu, daß am 14. November 1977 zwei Verträge abgeschlossen wurden. Zu einer Errichtung der Brauerei kam es jedoch nicht, da es auf ... Seite Finanzierungsschwierigkeiten gab. Ein auf Anregung der Klägerin unternommener Versuch, die finanziellen Probleme durch Einschaltung der Firma F. zu lösen, blieben erfolglos.

Der Mitarbeiter der Beklagten, Herr M., der sich wegen dieser Verhandlungen nach N. begeben hatte, unterbreitete in Gegenwart des ... Industrieberaters A. dem "Permanent Secretary" U. des Finanzministers das Projekt einer Brauerei, das der freie Mitarbeiter der Beklagten Dr. H. für die Errichtung einer Brauerei im I. ausgearbeitet hatte und das dort wegen der politischen Verhältnisse nicht mehr verwirklicht werden konnte. Im Mai 1979 trat Herr A. an die Beklagte heran und vermittelte ihr ein Treffen mit Herrn U., das am 16. Juni 1979 stattfand. Bei dieser Besprechung wurde grundlegend Übereinstimmung über den Bau einer Brauerei mit 125.000 hl Jahreskapazität erzielt. Der Vertrag wurde am 8. November 1979 unterzeichnet.

Die Klägerin macht im vorliegenden Rechtsstreit im Wege der Stufenklage ihren Provisionsanspruch geltend. Sie behauptet, die Geschäftsführer S. und R. hätten die von ihnen unterzeichneten Verpflichtungserklärungen vorher im einzelnen mit Frau K. abgesprochen. Für den Vertragsabschluß zwischen der Beklagten und dem Staate B. seien die Bemühungen der Klägerin, die auch nach dem Scheitern des F.-Projektes fortgesetzt worden seien, ursächlich gewesen. Sie, die Klägerin habe nicht versucht, die Beklagte zu Gunsten der Firma C. aus dem Vertrag zu drängen. Diese Firma sei keine Konkurrentin für die Beklagte gewesen. Die Provisionsabsprache zwischen C. und der Klägerin sei der Beklagten bekannt gewesen.

Die Beklagte behauptet, ihr Geschäftsführer S. habe zwar die Mitgeschäftsführerin K. über die Einschaltung der Klägerin unterrichtet und die "generelle Zusage" einer Provision mit ihr abgesprochen; über die genaue Höhe der Provision und über die sonstigen Bedingungen des Auftrags sei zwischen ihnen jedoch nicht gesprochen worden. Dem Industrieberater A. habe sie, die Beklagte, 4% Provision gezahlt; dieser habe einen Teil davon als Schmiergelder an ... Beamte weitergegeben. Hierauf allein sei der Abschluß des Vertrages zurückzuführen. Die Klägerin habe versucht, das Zustandekommen eines Vertrags zwischen der Beklagten und dem Staate B. zu vereiteln.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt,

a) Auskunft zu geben über die mit der Regierung des Staates B. und/oder der Firma B. ... N., abgeschlossenen Verträge zur Lieferung und Errichtung einer Brauereianlage in M.,

b) Rechnung zu legen über die der Beklagten aufgrund der unter 1. genannten Verträge zugeflossenen Zahlungen für die Lieferungen der Brauereianlage, und

c) Rechnung zu legen über die der Beklagten oder ihrem Unterlieferanten in N. in Erfüllung der unter 1. genannten Verträge zugeflossenen Zahlungen für die örtliche Errichtung der Brauereianlage.

Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung die Klage hinsichtlich des Auskunftsanspruchs in der Hauptsache ist erledigt erklärt. Zur Begründung trägt sie unwidersprochen vor, daß die Beklagte diesen Anspruch bereits vor Erlaß des Berufungsurteils erfüllt habe. Hinsichtlich des Rechnungslegungsanspruchs bittet sie um Zurückweisung der Revision.

Die Beklagte widerspricht der Erledigungserklärung.

 

Entscheidungsgründe

I. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts war die Beklagte bei Abschluß der Provisionsvereinbarung mit der Klägerin ordnungsgemäß vertreten. Die Geschäftsführer S. und R. seien zwar nicht alleinvertretungsberechtigt gewesen. Die von ihnen abgegebenen Willenserklärungen seien Jedoch der Beklagten zuzurechnen, weil die andere Geschäftsführerin, Frau K., unstreitig über die Verhandlungen ihres Mitgeschäftsführers der Klägerin unterrichtet gewesen sei und ihnen nicht widersprochen habe. Daß sie nicht alle Einzelheiten der Provisionsvereinbarungen gekannt habe, sei unschädlich.

Diese Rechtsausführungen sind zutreffend und werden von der Revision nicht angegriffen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß Frau K. nicht etwa bloß den Vertragsschluß schweigend hingenommen hat; vielmehr hat der Geschäftsführer S. nach dem eigenen Vortrag der Beklagten die beabsichtigte Vereinbarung mit der Klägerin in ihren Grundzügen, wenn auch nicht in allen Einzelheiten, mit Frau K. abgesprochen.

II. Die Prozeßbevollmächtigten beider Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärt, daß sie eine Beurteilung der Rechtslage nach deutschem Recht wünschen (Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 1981 Bl. 60 d.A. ). Hieran ist das Gericht gebunden.

III. Das Berufungsgericht meint, "die Regelung der Parteien hinsichtlich der Zahlung von Schmiergeldern" verstoße "nicht gegen den deutschen ordre public"; es versteht ersichtlich unter Schmiergeldern Bestechungsgelder, die an öffentliche Bedienstete gezahlt werden. Der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts kann aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden.

1. Der Begriff des ordre public gehört dem internationalen Privat- und dem Verfahrensrecht (Art. 30 EGBGB, §§ 328 Abs. 1 Nr. 4, 1044 ZPO) an. Da der Rechtsstreit schon aufgrund der in Ziff. II erörterten Parteivereinbarung nach deutschem Recht zu beurteilen ist, kommt Art. 30 EGBGB nicht zur Anwendung. Ob die Schmiergeldregelung die Rechtsgültigkeit der zwischen den Parteien getroffenen Provisionsvereinbarung berührt, ist nicht nach Art. 30 EGBGB, sondern nach § 138 BGB zu beurteilen.

2. Als Beleg für seine Auffassung zitiert das Berufungsgericht eine in ZIP 1980, 1088 abgedruckte, angeblich vom BGH stammende Gerichtsentscheidung. Die Art der Veröffentlichung kann in der Tat den Eindruck erwecken, als seien in ihr die Gründe des Beschlusses des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 6. November 1980 - III ZR 148/79 - wiedergegeben. Das ist indes nicht der Fall; an der vom Berufungsgericht angegebenen Stelle sind lediglich die Entscheidungsgründe des Urteils des Oberlandesgerichts Hamburg vom 5. Oktober 1979 - 11 U 190/78 - abgedruckt. Die Gründe des Beschlusses vom 5. Oktober 1979, durch den der III. Zivilsenat die Annahme der Revision gegen dieses Urteil abgelehnt hat, sind - soweit ersichtlich nur in VersR 1982, 92, 93 veröffentlicht. Danach ging es in dem Rechtsstreit um die Frage, ob es einem Kapitän oder Reeder zuzumuten war, im Hafen von Abadan von privater Seite Schuten gegen Überpreis anzumieten, um dadurch eine schnellere Abfertigung zu erreichen. Schmiergeldzahlungen an staatliche Bedienstete standen im damaligen Rechtsstreit nicht zur Erörterung, Ebensowenig findet die Ansicht des Berufungsgericht im Urteil des I. Zivilsenats vom 2. Dezember 1982 - I ZR 122/81, auf das sich die Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat berufen hat, eine Stütze; in dieser Entscheidung wird vielmehr die Frage der Sittenwidrigkeit ausdrücklich offengelassen.

3. Nach der Auffassung des erkennenden Senats ist das Fordern und Entgegennehmen von Bestechungsgeldern durch ausländische Amtsträger jedenfalls insoweit zu mißbilligen, als diese dadurch gegen die Rechtsordnung ihres Heimatlandes verstoßen. Die Verletzung ausländischer Rechtsnormen, die nach den in Deutschland herrschenden rechtlichen und sittlichen Anschauungen anzuerkennen sind, enthält gleichzeitig auch eine Verletzung allgemein gültiger sittlicher Grundsätze. Daß diese Voraussetzungen bei ausländischen Gesetzesvorschriften, die die Korruption verbieten und unter Strafe stellen gegeben sind, bedarf keiner weiteren Darlegung. Sie beruhen auf dem Gedanken, daß sich staatliche Bedienstete bei ihren Entscheidungen ausschließlich von dem Gedanken an das Gemeinwohl leiten lassen und sich nicht durch sachfremde Erwägungen beeinflussen lassen sollen. Aus diesem Grunde hat auch der deutsche Gesetzgeber die Vorteilsgewährung, die Vorteilsannahme, die Bestechung und die Bestechlichkeit unter Strafe gestellt (§§ 331 - 334 StGB). Besonders verwerflich erscheint es, wenn Staatsbedienstete die Vergabe von öffentlichen Aufträgen von der Zahlung von Schmiergeldern abhängig machen. Sie verteuern dadurch die Leistungen, belasten infolgedessen die Staatskasse mit unnötigen Mehrausgaben und bereichern sich so persönlich auf Kosten der Allgemeinheit. Auch die n. Rechtsordnung mißbilligt Bestechung von Beamten und sonstigen Amtsträgern; nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die gemäß § 562 ZPO nicht der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegen, ist in N. der "Einsatz von Schmiergeldern" strafbar. An der Sittenwidrigkeit der Bestechungspraxis ändert auch der Umstand nichts, daß nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien die Korruption im öffentlichen Dienst N. weit verbreitet ist und staatliche Aufträge praktisch nicht ohne Zahlung von Schmiergeldern erlangt werden können. Daraus folgt nicht, daß dort die Bestechung als etwas sittlich Unbedenkliches angesehen wurde, sondern lediglich, daß sich die Staatsbediensteter über die auch dort herrschenden und von der Rechtsordnung ausdrücklich Anerkannten sittlichen Grundsätze hinwegsetzen. Daß auch in N. die Bestechung und die Bestechlichkeit öffentlicher Bediensteter allgemein sittlich mißbilligt wird, ergibt sich daraus, daß dort nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien alle damit zusammenhängenden Vorgänge von den Beteiligten strengstens geheimgehalten werden.

4. Von einem deutschen Unternehmer kann zwar nicht erwartet werden, daß er in den Ländern, in denen staatliche Aufträge nur durch Bestechung der zuständigen Staatsorgane zu erlangen sind, auf dieses Mittel völlig verzichtet und damit das Geschäft weniger gewissenhaften Konkurrenten überläßt. Er wird daher seinen Angestellten und Handelsvertretern, die bei der Bewerbung um solche Aufträge in ortsüblicher Weise mit Schmiergeldern arbeiten 9 nicht den Vorwurf einer Verletzung ihrer Dienst- oder Vertragspflichten machen können; er wird ihnen unter Umständen sogar die von ihnen verauslagten Schmiergelder gemäß §§ 670, 675 BGB, 87 d HGB ersetzen müssen. Daraus folgt jedoch noch nicht, daß auch die Schmiergeldvereinbarung als solche, d.h. die Vereinbarung, durch die die Vornahme einer Amtshandlung gegen die Zahlung eines Schmiergeldes oder gegen eine sonstige vermögenswerte Leistung versprochen wurde, rechtlich anerkannt werden mußte. Rechtsgeschäfte, die schon nach ihrem objektiven Inhalt sittlich-rechtlichen Grundsätzen widersprechen, sind ohne Rücksicht auf die Vorstellungen der das Rechtsgeschäft vornehmenden Personen nichtig (so mit Recht Soergel/Hefermehl, BGB, 11 Aufl., § 138 Rdn. 31; Flume, Allgemeiner Teil, Band 2, § 18, 3; Jauernig, BGB, 3. Aufl., § 138 Anm. 3 b; Palandt/Heinrichs, BGB, 44. Aufl. § 138 Anm. 1 c aa; Erman/Brox, BGB, 7. Aufl., § 138 Rdn. 36; Larenz, Juristenjahrbuch 1960/1967, 98, 119, Lindacher, AcP 175; Mayer-Maly in MünchKomm, § 138. Rdn. 108, 109; Krüger-Nieland/Zöller, BGB-RGRK, 12. Aufl., § 158 Rdn. 32; soweit die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Vorliegen subjektiver Voraussetzung verlangt handelt es sich um Fälle, in denen sich die Sittenwidrigkeit nicht ohne weiteres aus dem objektiven Inhalt des Rechtsgeschäfts ergab, oder um solche, in denen auch bei Zugrundelegung der im Schrifttum herrschenden Ansicht nicht anders zu entscheiden gewesen wäre; vgl. BGHZ 10, 228, 233; 20, 43, 52; ferner Urteile vom 29. April 1953 - VI ZR 207/52 - und vom 14. Mai 1959 - VII ZR 108/58 - LM BGB § 138 [Ca] Nr. 1 und 3 sowie vom 22. Januar 1976 - II ZR 90/75 - WM 1976, 289, 291, im Urteil vom 16. Juni 1971 - KZR 11/70 - BB 1971, 1177 - wird die Frage ausdrücklich dahingestellt gelassen). Auch nach der Rechtsprechung genügt es, wenn beide Teile die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände kennen; nicht erforderlich ist es, daß die selbst verwerflich gehandelt haben oder sich der Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts bewußt waren (Krüger-Nieland/Zöller, BGB-RGRK, 12. Aufl., § 138 Rdn. 30 m.w.N. ). In den Fällen, in denen ein Rechtsgeschäft schon seinem Inhalt nach sittenwidrig ist, kennen aber die Parteien stets die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände (so mit Recht Erman/Brox, aaO.). Daß der Beklagten hier aus besonderen Gründen kein sittlicher Vorwurf gemacht; werden kann, schließt daher die Annahme der Sittenwidrigkeit des Vertrages nicht aus. Darauf, ob durch die rechtliche Billigung der Schmiergeldzahlungen deutsche Interessen gefährdet würden, kommt es im Rahmen des § 138 BGB (anders als nach Art, 30 EGBGB) nicht an.

5. Nach alledem ist eine Vereinbarung, durch die ein ausländischer Beamter in strafbarer Weise gegen Zahlung eines Schmiergeldes die Vornahme einer bestimmten Amtshandlung verspricht, nach § 138 BGB nichtig. Das gleiche muß für einen Vertrag zwischen einem Interessenten und einem Vermittler gelten, wenn dessen ausschließliche oder hauptsächliche Aufgabe darin besteht, eine Schmiergeldvereinbarung mit dem zuständigen Beamten herbeizuführen und das Schmiergeld an diesen weiterzuleiten und wenn das Schmiergeld in der dem Vermittler versprochenen Provision enthalten ist. Im vorliegenden Fall liegen diese Voraussetzungen vor. Den Parteien war unstreitig bekannt, daß Geschäfte der hier in Frage stehenden Art in N. nur abgeschlossen werden können, wenn Schmiergeldzahlungen an die "einflußreichen Stellen" geleistet werden; bei europäischen Anbietern ist es üblich, mit der Vereinbarung und der Auszahlung des Schmiergeldes Einheimische zu betrauen. Die Klägerin hatte, wie ebenfalls unstreitig ist, der Beklagten angeboten, zu diesem Zweck ihren n. Mitarbeiter N. einzusetzen (Berufungsurteil S. 3 Abs. 5).

Unstreitig ist schließlich, daß die von der Klägerin zu zahlenden Bestechungsgelder in der von der Beklagten geschuldeten Provision enthalten waren, also nicht gesondert als Auslagen in Rechnung gestellt werden sollten.

IV. 1. Der von der Klägerin im Wege der Stufenklage geltend gemachte Provisionsanspruch ist daher schon deshalb abzuweisen, weil es an einer wirksamen Provisionsvereinbarung fehlt. Auf die von der Revision angeschnittenen Fragen, ob die Tätigkeit der Klägerin für den späteren Vertragsschluß der Beklagten ursächlich war und ob die Klägerin durch ihre Tätigkeit für die Firma C. ihren Provisionsanspruch nach § 654 BGB verwirkt hat, kommt es demnach nicht an. Da eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich ist, kann das Revisionsgericht die Klageabweisung selbst aussprechen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

2. Da die Beklagte der von der Klägerin abgegebenen Teil-Erledigungserklärung widersprochen hat, hat der Senat darüber zu entscheiden, ob tatsächlich eine Erledigung eingetreten ist. Richtig ist, daß die Erfüllung des Klageanspruchs in der Regel den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Eine Erledigung der Hauptsache ist hier aber bereits deshalb zu verneinen, weil die Beklagte den Auskunftsanspruch nur unter dem Druck der bereits von der Klägerin eingeleiteten Zwangsvollstreckung erfüllt hat. Diese hatte am 21. Juni 1982 die zur Vollstreckung aus dem Teilurteil des Landgerichts vom 14. Juni 1982 erforderliche Sicherheit von 10.000 DM geleistet (Hinterlegungsantrag und Anordnung Bl. 277 d.A.). Mit Schriftsatz vom 28. Juni 1982 (Bl. 272 d.A.) hatte die Klägerin beim Landgericht beantragt, die Beklagte durch Geldstrafe oder Haft zur Erteilung der Auskunft anzuhalten. Wenn diese daraufhin die erwünschte Auskunft erteilte, so geschah dies ersichtlich zum Zwecke der Abwendung der Zwangsvollstreckung. Dies zeigt sich insbesondere daran, daß sie trotz der Auskunftserteilung an ihrem Antrag auf vollständige Abweisung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs festgehalten hat. Der Streit der Parteien über das Bestehen dieses Anspruches ist danach durch die Leistung der Beklagten nicht gegenstandslos geworden (wie hier BAG in AP Nr. 23 zu § 1 TVG Tarifverträge Bau - LT 1 - 3 - = BB 1975, 842; noch weitergehend das Reichsgericht in RGZ 29, 379 , 382 f., das bereits bei Vorliegen eines vollstreckbaren Titel Freiwilligkeit der Leistung und damit Erledigung der Hauptsache verneint hat).

3. Da der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch sich aufgrund von Überlegungen als unbegründet erweist, die auch den weiteren, im Rahmen der Stufenklage geltendgemachten Ansprüchen die Grundlage entziehen, kann das Rechtsmittelgericht die Klage in vollem Umfang abweisen (BGH, Beschluß vom 3. Juli 1959 - I ZR 169/55 , NJW 1959, 1827). Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Klägerin ihren Zahlungsanspruch während des Revisionsverfahrens gegenüber dem Landgericht beziffert und dort die Fortsetzung des Verfahrens wegen dieses Anspruchs beantragt hat. Es mag zwar richtig sein, daß der Kläger im Rahmen einer Stufenklage (§ 254 ZPO) jederzeit vom vorbereitenden Anspruch zum Hauptanspruch übergehen kann, ohne daß darin eine Klageänderung oder eine Erledigungserklärung hinsichtlich der ersten Stufe zu sehen wäre (OLG Koblenz, NJW 1963, 912). Dies kann aber - wenn überhaupt - nur dann gelten, wenn der vorbereitende Anspruch noch bei dem Gericht anhängig ist, vor dem der Kläger den Hauptanspruch weiterverfolgen will. Schwebt dagegen der vorbereitende Anspruch bereits in der Rechtsmittelinstanz, dann kann der Kläger dem Rechtsmittelgericht die Befugnis zur Abweisung der ganzen Klage nicht dadurch entziehen, daß er vor dem Gericht der ersten Instanz den nunmehr bezifferten Hauptanspruch geltend macht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2992788

BGHZ 94, 268

BGHZ, 268

NJW 1985, 2405

DRsp I(111)140a-b

WM 1985, 830

IPRspr. 1985, 4

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