Gesetzestext

 

1Vertritt der Rechtsanwalt im Ausschlussverfahren nach § 39b des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes einen Antragsgegner, bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem Wert der Aktien, die dem Auftraggeber im Zeitpunkt der Antragstellung gehören. 2§ 31 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 2 gilt entsprechend.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde eingefügt durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 24/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz), mit Wirkung seit dem 14.7.2006. Ziel der Richtlinie ist die Schaffung einer Rahmenregelung zum Schutz der Aktionärsinteressen bei Übernahmeangeboten und sonstigen Kontrollerwerben. Die entsprechenden Regelungen finden sich im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG).

 

Rz. 2

Nach einem Übernahmeangebot gemäß § 29 WpÜG oder einem Pflichtangebot gemäß § 35 WpÜG kann auf Antrag des Bieters, dem Aktien der Zielgesellschaft (§ 2 Abs. 2 WpÜG) in Höhe von mindestens 95 % des stimmberechtigten Grundkapitals gehören, die Übertragung der übrigen Aktien auf ihn gegen Gewährung einer angemessenen Abfindung durch Gerichtsbeschluss erfolgen (Ausschlussverfahren).

 

Rz. 3

Gemäß § 39b Abs. 1 WpÜG finden auf das Ausschlussverfahren die Regelungen des FamFG Anwendung, soweit in den nachfolgenden Absätzen des § 39 WpÜG nichts anderes bestimmt ist. Zuständig ist das LG Frankfurt am Main (§ 39 Abs. 5 WpÜG).[1] Es entscheidet durch einen mit Gründen zu versehenden Beschluss; hiergegen ist die befristete Beschwerde gegeben, die aufschiebende Wirkung hat. Beschwerdegericht ist das OLG Frankfurt am Main. Gegen dessen Entscheidung ist die Rechtsbeschwerde an den BGH gemäß § 70 FamFG möglich, wenn sie zugelassen worden ist.

[1] OLG Frankfurt 21.5.2012 – WpÜG 10/11, ZIP 2012, 1602.

B. Regelungsgehalt

I. Gebühren

 

Rz. 4

Die Vorschrift enthält keine Regelung hinsichtlich der in dem Ausschlussverfahren entstehenden Rechtsanwaltsgebühren. Diese ergeben sich sowohl für den Anwalt des Antragstellers als auch für den des Antragsgegners aus den allgemeinen Vorschriften, sodass für das erstinstanzliche Verfahren vor dem LG die Gebühren nach VV Teil 3 Abschnitt 1 entstehen (VV 3100 ff.; vgl. VV Vorb. 3.1 Abs. 1). Für das Beschwerdeverfahren richten sich die Gebühren nach VV Teil 3 Abschnitt 2 (VV 3200 ff.; vgl. VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. j).

II. Gegenstandswert

1. Vertretung des Antragstellers

 

Rz. 5

Grundsätzlich richtet sich der Wert für die Anwaltsgebühren im gerichtlichen Ausschlussverfahren nach dem WpÜG gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Ist der Wert für die Gerichtsgebühren vom Gericht festgesetzt worden, ist diese Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend (§ 32 Abs. 1).

2. § 73 GNotKG

 

Rz. 6

Ausschlussverfahren nach dem WpÜG gelten nach § 1 Abs. 2 Nr. 6 GNotKG als Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der Wert des gerichtlichen Ausschlussverfahrens richtet sich demnach nach dem GNotKG. Maßgebend für die Bewertung des gerichtlichen Ausschlussverfahrens ist nach § 73 GNotKG der Betrag, der dem Wert aller Aktien entspricht, auf die sich der Ausschluss bezieht. Der Mindestwert beträgt 200.000 EUR, der Höchstwert 7,5 Mio. EUR. Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der jeweiligen den Verfahrensgegenstand betreffenden ersten Antragstellung in dem jeweiligen Rechtszug entscheidend, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 59 S. 1 GNotKG). Umstritten ist, ob der Wert bei Zurücknahme oder Zurückweisung des Antrags stets auf den Mindestwert von 200.000 EUR festzusetzen ist.[2]

 

Rz. 7

Der Gleichlauf des Werts für die Gerichts- und Anwaltsgebühren ist darin begründet, dass die im Ausschlussverfahren getroffene Entscheidung für und gegen alle von dem Ausschluss betroffenen Aktionäre wirkt, also alle zu übertragenden Aktien Gegenstand des Verfahrens sind. Dies ist für die Gerichtsgebühren und für den Rechtsanwalt, der den Antragsteller vertritt, sachgerecht. Die Entscheidung wirkt für und gegen alle von dem Ausschluss betroffenen Aktionäre. Gegenstand des Verfahrens sind demnach alle zu übertragenden Aktien. Dass der im gerichtlichen Ausschlussverfahren von Amts wegen festzusetzende Wert auch für die Anwaltsgebühren maßgeblich ist, ergibt sich aus § 23 Abs. 1 S. 1, jedenfalls insoweit der Anwalt den Antragsteller oder alle Antragsgegner vertritt.

[2] Vgl. NK-GK/Jäckel, § 73 GNotKG Rn 5.

3. Vertretung des Antragsgegners

a) Besondere Wertvorschrift in § 31a

 

Rz. 8

Die in § 73 GNotKG für den Wert des Ausschlussverfahrens getroffene Regelung ist für den Rechtsanwalt, der den oder die Antragsgegner vertritt, allerdings nur dann sachgerecht, wenn er alle vom Ausschluss betroffenen Aktionäre vertritt. Vertritt er auf Antragsgegnerseite nur einen oder einzelne Aktionäre, richtet sich sein Vergütungsanspruch nur nach dem Wert der Aktien seines oder seiner Auftraggeber, weil deren Rechte nur in dem Umfang von der Entscheidung betroffen sind. Dies wird durch § 31a S. 1 sichergestellt. In diesem Fall soll der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal aus der Summe der auf die von ihm vertretenen Antragsgegner entfallenden Werte erhalten.

b) Zeitpunkt der Antragstellung

 

Rz. 9

Für die B...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge