Rz. 34

Das Kriterium ist der objektive Verkehrswert im Zeitpunkt der die Anwaltsgebühr auslösenden Tätigkeit (vgl. § 40 GKG).[45] Der Wert liegt also von vornherein fest, nur erfährt der Gläubiger von diesem tatsächlichen Wert erst später.[46] Das ist im Rahmen des vergleichbaren § 6 ZPO auch nicht anders, dort aber unbestritten. Warum sollte der Schuldner in den vorgenannten Fällen Gebühren aus einem höheren Gegenstandswert erstatten müssen? Nur weil der Gläubiger sich geirrt hat? So ist denn auch bislang noch keine Stimme laut geworden, die im umgekehrten Fall – der zu pfändende Gegenstand hat einen höheren als den vermuteten Wert, der aber immer noch unter dem der zu vollstreckenden Forderung liegt – diesen niedrigeren Wert zugrunde legen möchte.

 

Rz. 35

Soweit argumentiert wird, Grundregel für die Streitwertbemessung in der streitigen Gerichtsbarkeit sei stets allein das behauptete Interesse des Rechtsuchenden,[47] so trifft dies in dieser Form nicht zu. Soweit es um bezifferte Anträge geht, ist zwar der vom Rechtsuchenden angegebene Wert – nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften – zugrunde zu legen. Dabei wird aber ein wesentlicher Unterschied außer Acht gelassen, dass nämlich im Rechtsstreit ein Ausgleich einer objektiv überhöhten Forderung des Klägers über die Kostenentscheidung möglich ist. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung fehlt dieses Korrektiv – anders als noch in der 6. Auflage vertreten[48] – allerdings nicht vollständig.[49] In der Zwangsvollstreckung kann in gewissem Maße ein Ausgleich über § 788 ZPO erfolgen, weil der Schuldner danach nur notwendige Zwangsvollstreckungskosten zu erstatten hat. So hat in dem der Entscheidung des LG Düsseldorf[50] zugrunde liegenden Fall der Rechtspfleger die Anwaltsgebühren für frühere erfolglose Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse jeweils nur in Höhe der nach einem Streitwert bis 300 EUR anfallenden Mindestgebühren als notwendige Zwangsvollstreckungskosten berücksichtigt.

 

Rz. 36

Auch der von Mock[51] angeführte Ausweg einer Korrektur über § 766 ZPO erweist sich als Trugschluss, weil der Wert nicht herabgesetzt werden kann, wenn die – objektiv unzutreffende – Erwartung des Gläubigers vom Wert des Pfandgegenstandes maßgebend ist, denn der Ansatz war doch richtig. Soweit keine Geldsumme verlangt wird und auch eine Berechnung nach den §§ 4 bis 9 ZPO ausscheidet, ist zwar das Interesse des Rechtsuchenden maßgebend. Aber dieses Interesse ist nicht identisch mit den Angaben und Vorstellungen des Gläubigers, sondern es ist bei Gegenständen mit dem objektiven Verkehrswert anzusetzen.[52]

[45] So auch OLG Naumburg AGS 2014, 516 = RVGreport 2014, 441 = Rpfleger 2014, 607; LG Stuttgart AGS 2013, 475 = JurBüro 2013, 607; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, § 25 Rn 14, 18; Mayer/Kroiß/Gierl, RVG, § 25 Rn 11; BeckOK RVG/Sommerfeldt/Sommerfeldt, § 25 Rn 10; vgl. auch OLG München 18.11.2014 – 20 W 2267/14, zum Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht.
[47] So OLG Karlsruhe NJW-RR 2011, 501; LG Kiel JurBüro 1991, 1198; LG Koblenz AGS 2005, 510; LG Düsseldorf AGS 2006, 86 = RVGreport 2005, 358; LG Hamburg AnwBl. 2006, 499; LG Koblenz AGS 2005, 510; Hartung/Schons/Enders/Enders, § 25 Rn 14; Volpert, RVGreport 2005, 10; Hartmann, KostG, § 25 RVG Rn 5.
[48] AnwK-RVG/Wolf, 2011, § 25 Rn 8.
[49] Vgl. Hansens/Braun/Schneider/Volpert, Teil 18 Rn 66.
[50] LG Düsseldorf AGS 2006, 86 = RVGreport 2005, 358.
[51] Mock, AGS 2007, 102.
[52] Zöller/Herget, § 3 Rn 16 "Herausgabeklagen"; Mayer/Kroiß/Gierl, RVG, § 25 Rn 11; a.A. Hartung/Römermann, RVG, § 25 Rn 13 "anwaltliche Schätzung".

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