Rz. 58
Nach der Feststellung der vorstehend dargestellten Kriterien hat der Anwalt in einem zweiten Schritt abzuwägen, welche Gebühr im konkreten Fall angemessen ist.
Rz. 59
Zu beachten ist, dass eine Vorbefassung in Anrechnungsfällen nicht mindernd berücksichtigt werden darf (siehe Rdn 100). Dieses bisher nur in VV Vorb. 2.3 Abs. 4 S. 3, VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 4 und VV Vorb. 6.4 Abs. 3 S. 2 enthaltene Verbot ist jetzt in Abs. 2 allgemeinverbindlich festgelegt worden, siehe Rdn 100.
Rz. 60
Ähnliches gilt in Bußgeldsachen, in denen – je nach Höhe des drohenden Bußgeldes – ein eigener Gebührenrahmen vorgesehen ist (VV 5101 ff.; VV 5107 ff.). Auch hier hat die Höhe des drohenden Bußgeldes grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, da dies bereits beim Gebührenrahmen berücksichtigt ist.
Rz. 61
Ebenso wird bereits beim Gebührenrahmen berücksichtigt, wenn sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß befindet. Der Anwalt erhält jetzt stets die Gebühr mit Zuschlag (VV Vorb. 4 Abs. 4). Daher rechtfertigt die Inhaftierung des Mandanten grundsätzlich keine höhere Gebühr; diese ist nur gerechtfertigt bei überdurchschnittlichem Aufwand gegenüber anderen Verfahren, in denen sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß befindet.
Rz. 62
Bei der Abwägung ist zunächst von der Mittelgebühr auszugehen und dann zu prüfen, inwieweit die nach Abs. 1 maßgeblichen Kriterien eine Gebühr oberhalb oder unterhalb der Mittelgebühr rechtfertigen.[141] Für straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren kann nichts anderes gelten.[142] Sofern die Abwägung von der Mittelgebühr abweicht, sollte sie dargelegt und begründet werden. Das FG Berlin[143] geht insoweit von einer Notwendigkeit aus, das ausgeübte Ermessen darzulegen. Das dürfte zu weit gehen. Insbesondere ist im Rahmen des § 10 keine nähere Begründung der angesetzten Gebühr erforderlich, wenn auch sicher hilfreich (siehe Rdn 77).
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