Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur wettbewerbsrechtlichen Kennzeichnungspflicht von Elektrogeräten gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 EMVG

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert.

Der Verfügungsbeklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, untersagt, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr Flugregler in den Verkehr zu bringen, zum Verkauf anzubieten und/oder zu bewerben, wenn dies erfolgt, ohne dem Produkt eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache beizufügen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszugs haben die Klägerin und die Beklagte zu je 50 % zu tragen.

Die Kosten der Berufung haben die Klägerin zu 75 % und die Beklagte zu 25 % zu tragen.

 

Gründe

Die Parteien vertreiben Modellbauprodukte nebst Zubehör. Bereits im Jahr 2016 veranlasste die Verfügungsklägerin (Klägerin) die Verfügungsbeklagte (Beklagte) zur Abgabe einer Unterlassungserklärung wegen unzureichender Informationen beim Vertrieb von Elektrogeräten (Anlage Ast 1 im Anlagenband). Bei einem Testkauf am 28.09.2020 stellte die Klägerin fest, dass die Ware erneut - nach Auffassung der Klägerin - unzureichend gekennzeichnet war und zudem - unstreitig - eine deutschsprachige Gebrauchsanleitung nur zum Download und ohne eigenen Hinweis darauf zur Verfügung stand. Soweit die Beklagte auf die darauffolgende Abmahnung keine Unterlassungserklärung abgab, hat die Klägerin am 28.10.2020 den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Sie möchte der Beklagten untersagen lassen, Steckverbinder und Flugregler ohne Angabe des Handelsnamens oder der Handelsmarke sowie der Postanschrift des Herstellers oder Einführers, jeweils unmittelbar auf dem Gerät, und von Flugreglern ohne Beifügung einer deutschen Gebrauchsanleitung zu vertreiben.

Wegen des weiteren Parteivortrags und der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Angabe der Herstellerkennzeichnung auf dem Flugregler verurteilt. Bei dem Flugregler handele es sich um ein Elektrogerät im Sinne des § 3 Ziff. 1 b ElektroG, weil es der Übertragung von elektrischen Strömen diene. Als solches sei es nach § 9 Abs. 1 ElektroG dauerhaft mit der Herstellerangabe zu kennzeichnen. Für die Kennzeichnung unmittelbar auf dem Gerät sei der Regler groß genug, so dass die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 2 ElektroG nicht eingreife.

Weitergehende Angaben auf dem Regler seien jedoch nicht vorzunehmen. Die Angabe einer Postanschrift verlange das ElektroG nicht. Inwieweit ein Einführer als Hersteller anzusehen sei, ergebe sich aus § 3 Ziff. 9 ElektroG.

Soweit die §§ 9, 13 EMVG Angaben zum Handelsnamen, zur Handelsmarke und zur Postanschrift vorschreibe, sei jedoch dieses Gesetz vorliegend nicht einschlägig. Nach § 3 Ziff 1 lit. a EMVG liege ein Gerät im Sinne dieses Gesetzes nur vor, wenn es elektromagnetische Störungen verursachen könne oder dessen Betrieb durch elektromagnetische Störungen beeinträchtigt werden könne. Dass dies bei dem Flugregler der Fall sei, sei nicht glaubhaft gemacht.

Hinsichtlich der Kennzeichnung des Steckverbinders sei der Antrag unbegründet. Die §§ 9, 13 EMVG seien aus den genannten Gründen nicht einschlägig. Eine Herstellerkennzeichnung auf dem Gerät nach § 9 Abs. 1 ElektroG könne nicht gefordert werden. Sei - wie bei den Steckverbindern - die Kennzeichnung auf dem Gerät selbst wegen seiner geringen Größe nicht möglich, genüge nach § 9 Abs. 2 ElektroG die Angabe auf der Verpackung, der Gebrauchsanweisung oder dem Garantieschein. Die von der Klägerin verlangte Kennzeichnung mithilfe von Fähnchen sehe das Gesetz nicht vor. Von den Herstellern könne nicht verlangt werden, zu prüfen, ob eine solche Kennzeichnung in Betracht komme. Im Hinblick auf das verfassungsrechtlich geforderte Bestimmtheitsgebot müssten sich die wettbewerbsrechtlich geforderten Handlungspflichten eindeutig aus dem Gesetz ergeben.

Es bestünde auch keine Verpflichtung, dem Flugregler eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache beizufügen. § 19 Abs. 3 EMVG sei aus den zu den §§ 9, 13 EMVG dargelegten Ausführungen nicht anwendbar. Nach § 3 Abs. 4 ProdSiG sei zwar eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache zum Schutz für Sicherheit und Gesundheit mitzuliefern. Es sei jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass von dem Flugregler eine solche Gefahr ausgehe. Selbst wenn das Flugzeug bei unsachgemäßem Einbau des Flugreglers unkontrolliert starten könne, sei nicht ersichtlich, dass es hierbei eine solche Kraft entwickele, dass es Sach- oder Personenschäden verursachen könne. Die Behauptung einer Entladung der Batterie mit der Folge einer Brandgefahr bei fehlerhafter Einstellung des Flugreglers sei nicht nachvollziehbar. Es sei nicht dargelegt, mit welchen Einstellungen dieser Gefahr zu begegnen sei, und auch nicht ersichtlich, ...

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