Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindende Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit

 

Normenkette

ZPO §§ 29, 281 Abs. 2 Nr. 4

 

Verfahrensgang

AG Meldorf (Beschluss vom 09.11.2009; Aktenzeichen 81 C 901/09)

AG Flensburg (Aktenzeichen 62 C 561/09)

 

Tenor

Als örtlich zuständig wird das AG Flensburg bestimmt.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Werklohn i.H.v. 136,18 EUR für die Reparatur eines Ölkessels in einem Haus in Marne. Die Beklagte bestreitet, den Auftrag erteilt zu haben. Sie wohnt in Flensburg und war auch zur Zeit der behaupteten Auftragserteilung nicht im Bezirk des AG Meldorf wohnhaft.

Die Klägerin hat ihre Ansprüche zunächst im gerichtlichen Mahnverfahren verfolgt und dabei das AG Meldorf als Prozessgericht angegeben. Nach Widerspruch ist die Sache durch das Mahngericht an das AG Meldorf abgegeben worden.

Mit Schreiben vom 27.8.2009 hat das AG Meldorf den Parteien Hinweise zur örtlichen Zuständigkeit erteilt. Erfüllungsort sei der Wohnort der Beklagten im Zeitpunkt der Auftragsvergabe. Dazu sei bislang nicht vorgetragen worden. Das AG Meldorf sei möglicherweise örtlich zuständig.

Die Beklagte hat daraufhin mitgeteilt, sie sei mit einer Durchführung des Verfahrens bei dem AG Meldorf nicht einverstanden; sie wohne seit über zehn Jahren nicht in dessen Zuständigkeitsbereich. Nachdem das AG Meldorf am 15.10.2009 darauf hingewiesen hat, dass die Klage nach derzeitigem Stand als unzulässig abzuweisen sei, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 26.10.2009 ausgeführt, dass Marne der Erfüllungsort sowohl für die Erbringung der Werkleistung als auch für die Zahlung sei, weil die Arbeiten in einem dort belegenen Haus ausgeführt worden seien. Hilfsweise hat sie beantragt, den Rechtsstreit an das AG Flensburg zu verweisen.

Durch Beschluss vom 27.10.2009 hat das AG Meldorf sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das AG Flensburg verwiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 27.10.2009 verwiesen (Bl. 27 d.A.). Durch Beschluss vom 3.11.2009 hat das AG Flensburg die Übernahme der Sache abgelehnt, sich für örtlich unzuständig erklärt und die Sache an das AG Meldorf zurück verwiesen. Auf die Einzelheiten des Beschlusses vom 3.11.2009 wird Bezug genommen (Bl. 33 f. d.A.). Das AG Meldorf hat mit Beschluss vom 9.11.2009 an seiner Rechtsauffassung im Beschluss vom 27.10.2009 festgehalten, dazu nähere Ausführungen gemacht und die Sache dem Schleswig-Holsteinischen OLG zur Bestimmung des zuständigen Gericht vorgelegt (Bl. 36 ff. d.A.).

II. Auf die nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zulässige Vorlage ist als zuständiges Gericht das AG Flensburg zu bestimmen. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung darüber, welches Gericht zunächst zuständig gewesen ist (1.) Jedenfalls ist der Verweisungsbeschluss des AG Meldorf vom 27.10.2009 nach § 281 Abs. 2 S. 4 bindend, so dass das AG Flensburg zuständig geworden ist (2.).

1. Allerdings spricht einiges dafür, dass das AG Meldorf zunächst nach § 29 ZPO zuständig gewesen ist, so dass die Klägerin von ihrem Wahlrecht nach § 35 ZPO wirksam Gebrauch gemacht hat und die Sache nicht an das AG Flensburg als nach §§ 12, 13 ZPO (auch) zuständiges Gericht hätte verwiesen werden dürfen.

Nach § 29 ZPO ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Beim gegenseitigen Vertrag ist der gesetzliche Erfüllungsort für die Verbindlichkeiten beider Vertragsteile in der Regel selbständig zu bestimmen. Etwas anderes gilt erst dann, wenn festgestellt werden kann, dass die Vertragsparteien einen anderen, insb. einen Ort gemeinsamer Leistungserbringung bestimmt haben, oder die Umstände des Falls einen solchen Leistungsort ergeben (BGHZ 157, 20).

Für die Pflicht zur Zahlung einer Vergütung ist der Erfüllungsort damit grundsätzlich am Wohnsitz des Schuldners bei Entstehung des Schuldverhältnisses begründet (§ 269 Abs. 1 BGB). Allerdings kommt gerade bei Verträgen, die ortsbezogene Werkleistungen zum Gegenstand haben die Begründung eines einheitlichen Erfüllungsortes für die gemeinsame Leistungserbringung in Betracht.

Bei Bauwerkverträgen entspricht es nahezu einhelliger Auffassung, dass gemeinsamer Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen regelmäßig der Ort des Bauwerkes ist (vgl. nur BGH NJW 1986, S. 935 Senat NJW-RR 1993, S. 314; OLGR Schleswig 2000, S. 281 f. - jeweils m.w.N.). Dabei ist es auch unerheblich, ob es sich um größere oder kleinere Bauleistungen handelt (Senat, OLGR Schleswig 2000, S. 282). Zwar wird teilweise angenommen, dass eine Ausnahme bei einfachen Arbeiten bestehen könne (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 29 Rz. 33). Die zur Begründung dieser Auffassung herangezogene Entscheidung des BayObLG (BayObLGZ 1985, S. 314 ff.) stellt jedoch gerade nicht auf den Schwierigkeitsgrad der Arbeiten ab, sondern darauf, dass das Gelände auf dem die Arbeiten stattfinden sollten, nur nach einer bestimmten Messzahl von Autobahnkilometern bestimmt waren (a.a.O., ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge