Verfahrensgang

AG Schleswig (Aktenzeichen 900 F 1/19)

 

Tenor

Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schleswig vom 4. April 2019 wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Kindesmutter auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Die Kindesmutter trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kindesmutter wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss vom 4. April 2019, mit dem das Amtsgericht - Familiengericht - Schleswig auf Antrag des Kindesvaters die Rückführung der beiden Kinder Oliwia Wiktoria und Zofia Lena nach Polen angeordnet hat.

Die Kindeseltern sind polnische Staatsangehörige und miteinander verheiratet. Sie lebten mit den gemeinsamen Kindern bis Ende Juli 2017 in einem gemeinsamen Haushalt in G1 in Polen. Nach der Trennung verblieben die Kinder bei der Kindesmutter. Der Kindesvater hatte zunächst alle zwei Wochen über das Wochenende Umgang mit seinen Töchtern. Anlässlich der Aufteilung der Schulferien kam es zu Streitigkeiten über den Umgang; der Kindesvater beantragte am 18. Mai 2018 vor dem Bezirksgericht in S1 (Polen) eine Umgangsregelung. Dort ist auch das Scheidungsverfahren anhängig (Az. X RC 1856/17). Mitte Juni 2018 fuhr der Kindesvater mit den Kindern ohne vorherige Absprache mit der Kindesmutter für einige Tage ans Meer. Nach Rückkehr der Kinder reiste die Kindesmutter mit ihnen Ende Juni 2018 ohne Zustimmung des Kindesvaters nach Deutschland, wo sie sich seitdem aufhält. Oliwia besucht seit dem 21. August 2018 die Schule in B1, Zofia geht seit dem 1. August 2018 in den Kindergarten in B1 und soll nach den Sommerferien 2019 eingeschult werden. Zwischenzeitlich hat das Bezirksgericht in Szczecin mit Beschluss vom 16. August 2018 eine Regelung zum Umgang des Kindesvaters mit den gemeinsamen Kindern in Polen an jedem zweiten Wochenende und während der Hälfte der Ferien und Feiertage getroffen. Die Kindesmutter hat zwischenzeitlich in Polen die Übertragung des Erziehungs- und Aufenthaltsrechts auf sich beantragt. Der Kindesvater ist mit einem Verbleib der Kinder in Deutschland nicht einverstanden und begehrt deren Rückführung nach Polen.

Das Familiengericht hat seinen Beschluss vom 4. April 2019 damit begründet, dass die Kindesmutter die Kinder im Juni 2018 widerrechtlich im Sinne des Art. 3 HKÜ nach Deutschland verbracht habe. Aufgrund des gemeinsamen Sorgerechts der Kindeseltern nach polnischem Recht habe sie die Entscheidung über einen Aufenthaltswechsel der Kinder von Polen in das Ausland nur gemeinsam mit dem Kindesvater treffen können; die Ausreise sei aber nicht mit dessen Zustimmung erfolgt. Von der Rückführung nach Polen könne auch nicht ausnahmsweise nach Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ abgesehen werden. Die Kindesmutter habe nicht schlüssig dargelegt, dass die Rückführung mit der konkreten Gefahr ungewöhnlich schwerwiegender Beeinträchtigungen des Wohls der Kinder verbunden wäre. Im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Die Kindesmutter macht mit ihrer Beschwerde vom 18. April 2019 im Wesentlichen geltend, die familiengerichtliche Entscheidung berücksichtige das Wohl und den Willen der Kinder nicht ausreichend. Beide Mädchen hätten sich zwischenzeitlich erholt, wollten nicht nach Polen zurück und keinen Umgang mit dem Kindesvater haben. Oliwia habe aufgrund des Beschlusses versucht, sich das Leben zu nehmen; sie sei suizidgefährdet, sollte sie zur Ausreise nach Polen gezwungen werden. Bei beiden Kindern bestünde die Gefahr psychischer Störungen, sollte nicht endlich ihr Verbleib bei der Kindesmutter in Deutschland festgestellt werden. Die Kindesmutter habe sich zudem bereit erklärt, mit den Kindern einmal im Monat nach Polen zu reisen, um einen Umgang des Kindesvaters mit den Kindern zu gewährleisten. Im Einzelnen wird auf die Beschwerdeschrift vom 18. April 2019 (Bl. 127-134 d. A.) und den weiteren Schriftsatz vom 14. Mai 2019 (Bl. 171 ff. d. A.) verwiesen.

II. Die gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 IntFamRVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Kindesmutter hat in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht und aus zutreffenden Gründen hat das Familiengericht die Kindesmutter unter Anwendung des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980 (nachfolgend HKÜ) verpflichtet, die beiden Mädchen nach Polen zurückzuführen bzw. zum Zwecke der Rückführung herauszugeben.

1. Zutreffend hat das Familiengericht gemäß § 12 Abs. 1 HKÜ die sofortige Rückgabe der Kinder angeordnet. Die Kindesmutter hat die gemeinsamen Töchter Oliwia Wiktoria und Zofia Lena widerrechtlich im Sinne des Art. 3 lit. a) HKÜ nach Deutschland verbracht. Die für die Kinder wesentliche Entscheidung, ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort von Polen nach Deutschland zu verlegen, hat die Kindesmutter wegen des gemeinsamen Sorgerechts mit dem Kindesvater nicht allein und ...

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