Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenseinleitung i.S.d. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG

 

Leitsatz (amtlich)

Betreffend Amtsverfahren (z.B. Verfahren gem. § 53 Abs. 1 GBO) kann es offen bleiben, ob mit Eingang des Antrags, der nur die Bedeutung einer Anregung hat, i.S.d. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG (bereits) die Einleitung eines Verfahrens beantragt worden ist (wozu der Senat neigt), oder ob solchenfalls (erst) auf den Zeitpunkt einer darauf nachfolgenden gerichtlichen Tätigkeit abzustellen ist (so Wilsch NotBZ 2009, 313, 313). Denn vorliegend hat es eine auf den Berichtigungsantrag folgende Tätigkeit des Gerichts noch vor dem 1.9.2009 gegeben, so dass jedenfalls festzustellen ist, dass vor dem 1.9.2009 ein Verfahren eingeleitet war.

 

Normenkette

FGG-RG Art. 111 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; GBO § 53 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Rendsburg (Beschluss vom 08.09.2009)

 

Tenor

Die Übernahme der Sache wird abgelehnt.

 

Gründe

I. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 9.6.2009 haben die eingetragenen Eigentümer ggü. dem AG die Löschung der in Abteilung II zur laufenden Nr. 1 eingetragenen Belastung beantragt, die auf dem im Bestandsverzeichnis zur laufenden Nr. 3/zu 1 gebuchten 2/81-stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung ... ("Belastung jedes Anteils zugunsten der jeweiligen Miteigentümer: a) Benutzungsregelung nach § 1010 BGB; b) Ausschluss der Aufhebung der Gemeinschaft nach § 1010 BGB. Aus dem Grundbuch ... hierher übertragen am 7.1.2005"); hilfsweise haben sie hierzu die Eintragung eines Widerspruchs angetragen.

Mit Zwischenverfügung vom 19.6.2009 hat das AG u.a. darauf hingewiesen, dass die genannte Belastung aufgrund einer Bewilligung der damaligen Eigentümer vom 31.10.1994 eingetragen worden sei (damals im Grundbuch Nortorf Blatt 1995, hier zum Bestandsverzeichnis Nr. 4/zu 3) und nachfolgend aufgrund Veräußerung u.a. des belasteten Miteigentumsanteils zu dem neu angelegten Grundbuch ..., hier zum Bestands-verzeichnis 3/zu 1 übertragen worden sei.

Der Verfahrensbevollmächtigte hat mit Schreiben vom 24.6.2009 ausgeführt, der Grundbesitz sei im Jahr 2003 lastenfrei erworben worden, jedenfalls sei die Belastung in Abteilung II Nr. 1 nicht übernommen oder gebilligt worden. Deswegen sei jedenfalls ein Widerspruch einzutragen.

Mit Zwischenverfügung vom 7.7.2009 hat das AG ausgeführt, die Eintragung eines Widerspruchs sei nicht möglich, weil die Eintragung des Rechts in Abteilung II Nr. 1 nicht unter Verletzung der gesetzlichen Vorschriften erfolgt sei und das Grundbuch nicht unrichtig sei.

Der Verfahrensbevollmächtigte hat am 29.7.20009 u.a. geschrieben, ein Amtswiderspruch bezüglich des genannten Rechts sei einzutragen.

Mit Zwischenverfügungen vom 11.8.2009 und 19.8.2009 hat das AG hierzu und zu einer weiteren Eingabe vom 17.8.2009 Stellung genommen.

Das AG hat mit Beschluss vom 8.9.2009 die Anregung auf Eintragung eines Amtswiderspruchs bezüglich des Rechts in Abteilung II Nr. 1 abgelehnt. Dagegen haben die eingetragenen Eigentümer mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 29.9.2009 Beschwerde eingelegt.

Das AG hat mit Verfügung vom 2.10.2009 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Schleswig zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Schleswig-Holsteinische OLG ist für die Entscheidung über die Erstbeschwerde nicht nach § 72 GBO in der seit dem 1.9.2009 geltenden Fassung zuständig.

Maßgeblich für die Frage des anwendbaren Rechts ist nach Art. 111 Abs. 1 S. 1, 112 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG), ob das Verfahren vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist bzw. seine Einleitung vor diesem Datum beantragt worden ist. Nach Art. 111 Abs. 2 FGG-RG ist jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ein selbständiges Verfahren i.S.d. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG.

Dabei wird vereinzelt die Auffassung vertreten, jede Instanz sei ein selbständiges gerichtliches Verfahren i.S.d. Art. 111 Abs. 2 FGG-RG, so dass sich das Verfahren für eine ab dem 1.9.2009 eingelegte Beschwerde nach neuem Recht richte, selbst wenn das Verfahren in erster Instanz vor dem 1.9.2009 begonnen habe (Prütting in: Prütting/Helms, FamFG, Art. 111 FGG-RG, Rz. 5). Danach wäre hier neues Recht anzuwenden und der Senat für die Entscheidung über die Erstbeschwerde nach § 72 GBO n.F. zuständig.

Dieser Auffassung ist jedoch nicht zu folgen. Vielmehr ist für das Verfahren in allen Instanzen maßgeblich, ob das Verfahren in erster Instanz vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist bzw. seine Einleitung vor diesem Datum beantragt worden ist.

Dies folgt insbesondere aus der Begründung des Regierungsentwurfes zum FGG-RG. Dort heißt es: "Mit der Übergangsregelung soll gewährleistet werden, dass sich Gerichte und Beteiligte auf die geänderte Rechtslage einstellen können. (...). Die Übergangsregelung erstreckt sich einheitlich auf die Durchführung des Verfahrens in allen Instanzen gleichermaßen. Ist das Verfahren in erster Instanz ...

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