Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung durch einen norwegischen Transsexuellen, der im Zeitpunkt der Geburt des Kindes rechtlich ein Mann war

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 3. vom 26. April 2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kiel vom 14. März 2019 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Das Standesamt als Beschwerdeführer wendet sich gegen die vom Amtsgericht ausgesprochene Anweisung, die Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung durch den Beteiligten zu 1. beim Geburtseintrag der Betroffenen nicht mit der Begründung abzulehnen, dass der Anerkennende im Zeitpunkt der Geburt des Kindes rechtlich kein Mann gewesen sei.

Der Beteiligte zu 1. ist norwegischer Staatsangehöriger und lebt seit dem Jahre (...) dauerhaft in Deutschland. Er wurde mit körperlich weiblichem Geschlecht geboren und schloss am (...) mit der Beteiligten zu 2. in Norwegen eine gleichgeschlechtliche Ehe nach norwegischem Recht. Am (...) begründeten die Beteiligten zu 1. und 2. ferner beim Standesamt ihres Wohnortes (...) eine Lebenspartnerschaft nach deutschem Recht. Am (...) Januar 2017 wurde die Betroffene als leibliches Kind der Beteiligten zu 2. in (...) geboren. Der Beteiligte zu 1. hat mittlerweile nach norwegischem Recht das männliche Geschlecht angenommen und am 15. Mai 2017 eine notariell beurkundete Vaterschaftsanerkennungserklärung für die Betroffene abgegeben. Die Beteiligte zu 2. hat der Anerkennung mit notariell beurkundeter Erklärung vom 2. Oktober 2017 zugestimmt. Beide begehren die Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung bei dem Geburtseintrag der Betroffenen. Das Standesamt hat dies im Hinblick auf die ihm bekannte frühere Zugehörigkeit des Beteiligten zu 1. zum weiblichen Geschlecht abgelehnt, während die Standesamtsaufsicht des Kreises die Beurkundung befürwortet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und der Begründung der Entscheidung durch das Amtsgericht wird auf den angefochtenen Beschluss vom 14. März 2019 Bezug genommen.

Gegen den ihm am 1. April 2019 zugestellten Beschluss hat das Standesamt am 26. April 2019 beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt und das Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 9. Mai 2019 begründet. Der Beschwerdeführer macht geltend, die gerichtlichen Ermittlungen hätten schon nicht mit hinreichender Sicherheit ergeben, dass der Beteiligte zu 1. zu dem vom Amtsgericht als maßgeblich angesehenen Zeitpunkt des Anerkenntnisses am 15. Mai 2017 nach norwegischem Recht dem männlichen Geschlecht angehört habe. Der vorgelegte Auszug aus dem zentralen Einwohnermelderegister (Folkeregister) vom 20. Februar 2018 genüge dafür nicht, sondern es bedürfe einer Bescheinigung der in Norwegen zuständigen Steuerbehörde über den Zeitpunkt des Verwaltungsaktes über die Geschlechtsänderung. Ferner gebe das Amtsgericht keine Rechtsgrundlage dafür an, dass die Entscheidung nach norwegischem Recht Bindungswirkung in Bezug auf das in Deutschland geregelte Verfahren nach den §§ 8, 9 TSG habe. Da unstreitig alle Verfahrensbeteiligten ihren Wohnsitz in Deutschland hätten, sei allein das deutsche Recht auf die Änderung des Geschlechts anzuwenden. Eine Übertragbarkeit der ausländischen Entscheidung gemäß § 108 FamFG scheide ebenfalls aus, weil dies eine gerichtliche Sachentscheidung voraussetze. Auch § 10 TSG (Bestimmung der vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten nach dem neuen Geschlecht ab Rechtskraft der Entscheidung) gelte nicht. Maßgeblich sei hier allein das gesetzliche Abstammungsrecht nach den §§ 1592 ff. BGB. Im Übrigen könne die "Rechtskraft der Entscheidung" sich nur auf eine solche im Verfahren nach § 8 TSG beziehen und nicht auf die Entscheidung einer ausländischen Behörde. Schließlich wirke § 10 TSG nur für die Zukunft und erlaube eine Vaterschaftsanerkennung allenfalls, wenn der Anerkennende bereits im Zeitpunkt der Empfängnis ein Mann gewesen sei.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 14. Mai 2019 nicht abgeholfen und zunächst auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Im Übrigen ergebe sich schon aus dem am 22. März 2017 ausgestellten norwegischen Reisepass des Beteiligten zu 1., dass dieser bereits vor der Vaterschaftsanerkennung vom 15. Mai 2017 dem männlichen Geschlecht angehört habe. Der Beteiligte zu 1. hätte im Hinblick auf die Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 3 d) TSG auch kein Verfahren nach dem deutschen TSG führen können, weil das norwegische Recht eine dem deutschen Recht vergleichbare Regelung enthalte.

II. Die Beschwerde des Standesamtes ist nach den §§ 51 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 PStG, 58 ff. FamFG zulässig. Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat das Standesamt zu Recht nach § 49 Abs. 1 PStG angewiesen, die Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung durch den Beteiligten zu 1. bei dem betroffenen Geburtseintrag (§ 27 Abs. 1 PStG) nicht im Hinblick auf das rechtliche Geschlecht des Anerkennenden im Zeitpunkt der Geburt der Betroffenen abzulehnen.

1. Wenn die Vaterschaft für ein Kind nach der Beu...

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