Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausbehandlung. Behandlungsbedürftigkeit. keine Verpflichtung der Krankenkasse zum Entwurf eines umfassenden und ganzheitlichen Behandlungs- und Pflegekonzeptes

 

Orientierungssatz

1. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit setzt voraus, dass die besonderen Mittel des Krankenhauses für die Behandlung erforderlich waren. Diese besonderen Mittel sind insbesondere die intensive Betreuung durch stets rufbereite Ärzte, ein geschultes Pflegepersonal und eine apparative Mindestausstattung (vgl ua LSG Schleswig vom 23.6.1998 - L 1 KR 83/96).

2. Der Gesetzeswortlaut des § 39 Abs 1 S 2 SGB 5 stellt allein auf die sachliche Notwendigkeit der Krankenhauspflege gemäß der dort angegebenen Definition für Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ab. Aus dieser Regelung lässt sich ein weitergehender Anspruch nicht ableiten.

3. Auch die beiden Regelungen der Nrn 4 und 5 des § 112 Abs 2 SGB 5 geben für einen weitergehenden Anspruch auf Leistungen oder Erstattungen wegen stationärer Krankenhausbehandlung nichts her (Entgegen BSG vom 13.5.2004 - B 3 KR 18/03 R = SozR 4-2500 § 39 Nr 2).

4. Eine Verpflichtung der Krankenkasse, ein umfassendes und ganzheitliches Behandlungs- und Pflegekonzept für die Versicherten zu entwerfen, besteht nicht.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 25.09.2007; Aktenzeichen GS 1/06)

BSG (Beschluss vom 04.04.2006; Aktenzeichen B 1 KR 32/04 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Kosten des Aufenthalts ihres Versicherten A v H im beigeladenen Krankenhaus, deren Trägerin die p GRUPE H, ist, für die Zeit vom 12. März 1997 bis zum 19. März 2000 in Höhe von 196.773,07 € nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu tragen hat.

Der 1975 geborene und zu 3) beigeladene A v H befand sich seit 15. Juli 1991 und durchgängig ab 16. Dezember 1996 in stationärer Behandlung in der Fachklinik S und in der Fachklinik H, bei letzterer ab 12. März 1997 fortlaufend. Bei ihm liegt eine Minderbegabung mit Verhaltensstörungen sowie Neigung zu auto- und fremdaggressiven Impulsdurchbrüchen, sexueller Enthemmung bei insgesamt dissoziativer Fehlreaktionsbereitschaft vor. Die Beklagte übernahm auf den Kostenübernahmeantrag vom 21./24. Februar 1997 die Kosten bis 28. Februar 1997 (Empfehlung MDK Schleswig-Holstein: 6 Wochen), lehnte aber eine Kostenübernahme auf den Verlängerungsantrag der Beigeladenen zu 1) vom August 1997 über den 11. März 1997 hinaus ab. Grundlage war ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Schleswig-Holstein (MDK) vom 16. Oktober 1997, in dem Dr. M-L davon ausging, dass die Kosten für die Krankenhauspflege ab 1. März 1997 nicht mehr übernommen würden, da ein Pflege- bzw. Eingliederungsfall anzunehmen sei. Durch einen stationären Aufenthalt im Krankenhaus könne eine deutliche Schwachsinnsform, wie sie langfristig dokumentiert sei, nicht ursächlich behandelt werden. Auch lag der Beklagten ein Bericht des Leitenden Abteilungsarztes Dr. Z (18. November 1997) und ein weiteres Gutachten des MDK von Frau Dr. F vom 26. Januar 1998 vor. Die Beschränkung der Kostenübernahme bis zum 11. März 1997 teilte die Beklagte der zu 1) beigeladenen Klinik unter dem 9. Februar 1998 mit. In einer weiteren Stellungnahme vom 13. März 1998 blieb Frau Dr. F bei ihrer Einschätzung. Am 27. Juli 1998 ging bei der Beklagten die "Anmeldung eines Erstattungsanspruchs gemäß §§ 104 ff. Sozialgesetzbuch Zehn" seitens des klagenden Sozialhilfeträgers mit der Begründung ein, sie übernehme die entstehenden Kosten ab 12. März 1997 vorläufig aus Sozialhilfemitteln. Sie sei aber der Auffassung, dass es sich um einen Behandlungsfall und nicht um einen Pflegefall handele. Eine Erstattung lehnte die Beklagte unter dem 28. Juli 1998 ab. Dem vorausgegangen war ein Bescheid des Klägers vom 21. Juli 1998 an den Beigeladenen zu 3), in dem er die ungedeckten Betreuungskosten für den Aufenthalt bei der Beigeladenen zu 1) vorläufig übernahm. In dem Bescheid wies der Kläger auf das Schreiben der Beigeladenen zu 1) vom 23. Februar 1998 hin, mit dem diese die Übernahme der ungedeckten Behandlungskosten ab 12. März 1997 beantragt hatte. Der Beigeladenen zu 1) gegenüber teilte sie die vorläufige Übernahme der Kosten am 27. Juli 1998 mit.

Der Kläger hat am 4. Januar 1999 beim Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben und zunächst über den Werdegang des Beigeladenen zu 3) berichtet. Dieser zeige mit seinen ständigen Unterbringungen in verschiedenen Einrichtungen, die sämtlich scheiterten, dass Bedarf für eine psychiatrische Krankenhausbehandlung bestanden habe. Mit Datum vom 23. Februar 1998 habe die Beigeladene zu 1) bei ihm, dem Kläger, vorsorglich einen Anspruch angemeldet, weil die Fallbestimmung zwischen Krankenkasse und behandelndem Arzt umstritten sei. Mit Datum vom 9. März 1998 sei dann die endgültige Mitteilung erfolgt, dass ein "strittiger Fall" gegeben sei. Zu folgen sei hier der Auffassung des Abteilungsleiters Dr. Z, der die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit und eine voraussichtl...

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