Leitsatz

Schenkungsweiser Erwerb einer Eigentumswohnung durch Minderjährige ist generell nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und bedarf deshalb der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters (vorliegend der Bestellung eines Ergänzungspflegers, nicht jedoch auch der Genehmigung des Familiengerichts)

 

Normenkette

§§ 107, 1643 Abs. 1, 1909 BGB; § 10 Abs. 8 WEG

 

Kommentar

1.

Im vorliegenden Fall teilte die Beteiligte zu 1. ihr Grundstück in Wohnungseigentum auf und übertrug hinsichtlich der 2 neu entstandenen Eigentumswohnungen eine große Wohnung an den Vater der Beteiligten zu 2. und die kleinere Wohnung schenkweise an die Beteiligte zu 2. im Wege der vorweggenommenen Erbfolge und unter Anrechnung auf ihren künftigen Pflichtteil. Gleichzeitig behielt sie sich vertraglich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an der Wohnung vor und darüber hinaus den Rücktritt u.a. für den Fall einer Veräußerung der Wohnung ohne ihre schriftliche Zustimmung und für den Fall einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten zu 2.; den sich hieraus ergebenden Rückauflassungsanspruch ließ sie sich durch eine Vormerkung sichern.

Das Grundbuchamt forderte die Genehmigung eines zu bestellenden Ergänzungspflegers und auch des Familiengerichts.

2. Im Rechtsfeldbeschwerdeverfahren bestätigte der BGH die Bestellung des Ergänzungspflegers, verneinte aber die Erforderlichkeit einer zusätzlichen Genehmigung durch das Familiengericht.
2.1 Festgehalten wurde in den Gründen zunächst, dass ein auf den Erwerb einer Immobilie gerichtetes Rechtsgeschäft für einen Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, wenn er als Rechtsnachfolger mit Verpflichtungen belastet werde, für die er nicht nur dinglich mit der erworbenen Sache, sondern auch persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet (vgl. BGH, Beschluss v. 25.11.2004, V ZB 13/04). Dabei genügt es, wenn sich solche Verpflichtungen als gesetzliche Folge des angestrebten Rechtsgeschäfts ergeben. Dabei ist entgegen früherer, aufgegebener Rechtsprechung des Senats (Beschluss v. 9.7.1980, V ZB 16/79) nicht eine Gesamtbetrachtung des dinglichen und des schuldrechtlichen Teils des Rechtsgeschäfts durchzuführen. Vielmehr ist in isolierter Betrachtung allein das dingliche Erwerbsgeschäft maßgeblich, hier also die Eigentumsübertragung.
2.2 Im Sinne der bisher h.M. ist der Erwerb einer Eigentumswohnung im Grundsatz lediglich rechtlich vorteilhaft. Anders sei dies nur, wenn die Gemeinschaftsordnung nicht unerhebliche Verschärfungen zulasten des Minderjährigen vorsieht oder wenn ein Verwaltervertrag besteht und der Minderjährige mit dem Erwerb der Wohnung in diesen eintritt oder wenn die Wohnung vermietet ist. Nach dieser bisherigen Meinung wäre der Erwerb der Wohnung vorliegend tatsächlich lediglich rechtlich vorteilhaft, da sie von der Beteiligten zu 1. genutzt wird, die auch als bisherige Eigentümerin Verwalterin ist und auch aufgrund des eingeräumten Nießbrauchs für die Fortführung der Verwaltung keinen Aufwendungsersatz verlangen kann, da ein solcher im Schenkungsvertrag ausgeschlossen wurde.
2.3 Nach einer Gegenauffassung ist jedoch der Erwerb einer Eigentumswohnung durch einen Minderjährigen stets als nicht lediglich rechtlich vorteilhaft anzusehen (so u.a. auch OLG München, ZEV 2008 S. 246, 247). Insoweit sei weder auf das Bestehen eines Verwaltervertrags noch auf den genauen Inhalt einer Teilungserklärung abzustellen. Ein Minderjähriger werde mit dem schenkweisen Erwerb der Wohnung nicht nur deren Eigentümer, sondern auch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft, für deren Verbindlichkeiten er ggf. – wenn auch beschränkt auf seinen Anteil – auch mit seinem restlichen Vermögen hafte (§ 10 Abs. 8 WEG).
2.4

Dieser letztgenannten Meinung folgt nun der Senat (im Gegensatz noch zur Beschlussentscheidung v. 9.7.1980, V ZB 16/79). Ein solcher Erwerb ist für einen Minderjährigen stets nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, ohne dass auf die Ausgestaltung der Teilungserklärung (verwaltervertragliche Regelungen) oder die Vermietungssituation einer Wohnung abzustellen ist. Entscheidend sind auch nicht mögliche Beschlüsse mit neuen gesetzlichen Beschlusskompetenzen zu Änderungen der Gemeinschaftsordnung, die nicht im Grundbuch eingetragen werden können.

Ein minderjähriger Rechtsnachfolger erwirbt hier nicht nur einen Vermögensgegenstand, sondern wird gleichzeitig Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Dadurch treffen ihn kraft Gesetzes persönliche Verpflichtungen, die trotz anteilsmäßiger Begrenzung wirtschaftlich nicht als so unbedeutend angesehen werden können, dass sie unabhängig von den Umständen des Einzelfalls eine Verweigerung der Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter oder durch einen Ergänzungspfleger nicht rechtfertigen könnten (vgl. bereits zu Verpflichtungen zur Tragung öffentlicher Lasten BGH, Beschluss v. 25.11.2004, V ZB 13/04). Ein minderjähriges Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft wäre nicht nur zu Beitragszahlungen nach § 16 Abs. 2 WEG verpflichtet...

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