Leitsatz

Teilweise berechtigte Schadensersatzklage eines Kapitalanlegers gegen den Bauträger nach Wohnungserwerb in einer "Senioren-Residenz" entgegen zugesagter, seniorengerechter Ausführung dieser Eigentumswohnanlage

 

Normenkette

§§ 633, 634, 636, 640, 281 BGB; DIN 18025 Teil 2

 

Kommentar

  1. Nach Prospekt und erster Teilungserklärung hatte ein Kapitalanleger in dieser nach Prospekt und Inseraten sowie erster Teilungserklärung als Seniorenwohnanlage angepriesenen Eigentumswohnanlage mehrere Wohnungen erworben.

    Den erworbenen Einheiten fehlte das vertraglich vereinbarte Leistungssoll, da im Zuge der Erstellung vom Bauträger ganz erheblich von den Vorgaben der DIN 18025 Teil 2 ("barrierefreie Wohnungen, Wohnungen für Rollstuhlnutzer") abgewichen worden sei. Auch ursprünglich ebenfalls vorgesehene Gewerbeeinheiten (Arzt- und Massagepraxis) wurden nicht errichtet (in nachträglicher einseitiger Nutzungsänderung durch neue Teilungserklärung).

  2. Die Berufung des Klägers nach Zurückweisung seiner Schadensersatzforderungen hatte dem Grunde nach Erfolg, zur Schadenshöhe allerdings nur teilweise.

    Der Schadensersatzanspruch gegen den beklagten Bauträger ist in eingeschränkter Forderungshöhe nach §§ 633, 634, 636, 281 BGB berechtigt. Insoweit geht es um Mängel des Sondereigentums. Die gerügte Ausführung des Gemeinschaftseigentums wurde nur insoweit geltend gemacht, als sie das Sondereigentum unmittelbar beeinträchtigten. Bedenken gegen die klägerische Aktivlegitimation bestehen deshalb nicht, da es auch nicht um isolierte Ansprüche wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums geht, vielmehr das Gemeinschaftseigentum in einer Weise ausgeführt wurde, die zu Mängeln des als "Seniorenwohnung" verkauften Sondereigentums führten. Gekauft wurden hier vom Kläger Wohnungen in einer "Seniorenresidenz" im ursprünglichen Verständnis beider Parteien unter entsprechender Prospektwerbung und geschalteten Inseraten. Diverse Vorgaben einer Barrierefreiheit wurden allerdings vom Bauträger nicht erfüllt. Zu Einzelheiten getroffener Absprachen zwischen den Parteien wurden diverse Zeugen vernommen (deren Aussagen in den Entscheidungsgründen näher bewertet wurden). Auch zwei ursprünglich vorgesehene Praxis-Gewerbeeinheiten wurden nicht errichtet, vielmehr diese als Eigentumswohnungen in späterer Teilungserklärung durch den beklagten Bauträger umgewidmet. Die Vollmacht zur Nutzungsänderung wurde jedoch nach § 308 Nr. 4 BGB für unwirksam angesehen, da ein solcher einseitiger Änderungsvorbehalt nur dann zulässig wäre, wenn eine Änderung aus triftigen Gründen erforderlich ist und dies auch in einer Vertragsklausel zum Ausdruck kommt (BGH, NJW 2004 S. 1588 und NJW 2005 S. 3420). Vorliegend bestand aber in der ursprünglichen Teilungserklärung eine unbeschränkte Änderungsbefugnis, nach der die Interessen der übrigen Vertragspartner nicht angemessen berücksichtigt werden. Das Fehlen von 2 Gewerberäumen stellt deshalb auch einen Mangel der erworbenen Wohnungen im Sinne von § 633 Abs. 1 BGB dar.

  3. Auch die vorbehaltlose Abnahme der Wohnungen schließt die Schadensersatzansprüche des Klägers nicht aus, selbst wenn der Kläger die Mängel zum Zeitpunkt der Abnahme gekannt hätte. § 640 Abs. 2 BGB sieht durch vorbehaltlose Abnahme lediglich einen Verlust der Rechte aus § 634 Nr. 13 BGB vor, nicht jedoch einen Verlust der Rechte aus § 634 Nr. 4 BGB.
  4. Die Schadensersatzberechnung (Klageforderung) erfolgte durch ausführliches Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen, und zwar unter Heranziehung beider Schadensberechnungsmethoden im Vergleich, d.h. der Ertragswertmethode sowie auch der Vergleichswertmethode (in den weiteren Gründen der Gerichtsentscheidung werden die überzeugend angesehenen gutachterlichen Äußerungen sehr detailliert angesprochen).

    Eine vertragliche Mietgarantie hatte allerdings der Bauträger nicht übernommen. Auch auf Vorgaben des Bewertungsgesetzes für die Schadensberechnung musste nicht abgestellt werden, da dieses Gesetz für bestimmte Grundstücksarten der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens und einer Verminderung der Streitanfälligkeit dient sowie eine Wertermittlung ohne Ortsbesichtigungen und Sachverständigengutachten ermöglichen soll.

  5. Haftungsansprüche gegen den Prospektersteller nach Grundsätzen einer Prospekthaftung wurden demgegenüber abgelehnt.
 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.12.2009, I-23 U 11/08

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