Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretung. Einblicknahme in die „Gagenlisten”. Einblick in Bruttolohn-/-gehalts- und gagenlisten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Personalrat für die in den öffentlichen Theatern und Orchestern künstlerisch tätigen Beschäftigen hat nach § 73 Abs. 2 SächsPersVG das Recht auf Einblicknahme in die Bruttolohn-/-gehalts- und -gagenlisten, soweit ein konkreter Bezug zu den von der Personalvertretung zu erfüllenden Aufgaben ergeben ist.

2. Bei der Einblicknahme durch den Personalrat darf der Dienststellenleiter keine dahin gehende Kontrolle ausüben, die es ihm z. B. ermöglicht, in Erfahrung zu bringen, mit welcher Zielsetzung der Personalrat die Listen prüft und was er dabei herausgefunden hat.

3. Dem Verlangen des Personalrats auf Einblicknahme in die Listen liegt der erforderliche Bezug zu seinen Aufgaben zugrunde, soweit es ihm – in Wahrnehmung seiner in § 73 Abs. 1 Nr. 2 SächsPersVG geregelten Überwachungsfunktionen – darum geht, die Einhaltung der tarifvertraglich vereinbarten Entgeltregelungen zu kontrollieren.

4. Das Recht des Personalrats auf Einblicknahme in die Listen erstreckt sich aber nicht auf diejenigen Gehaltsbestandteile, die zwischen dem künstlerisch Beschäftigten und dem Dienststellenleiter nach § 3 Nr. 1 und 2 NV Solo bzw. nach § 4 BTT individuell vereinbart werden. Ein solches Recht kann auch nicht aus § 80 Abs. 3 Nr. 4 SächsPersVG (Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle) oder aus § 72 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG (Behandlung nach Recht und Billigkeit) hergeleitet werden.

 

Normenkette

SächsPersVG §§ 69, 72 Abs. 1, § 73 Abs. 1-2, § 80 Abs. 3 Nr. 4; NV Solo § 3; BTT § 4

 

Verfahrensgang

VG Dresden (Beschluss vom 23.05.1995; Aktenzeichen PL 9 K 1894/94)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 22.04.1998; Aktenzeichen 6 P 4.97)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Dresden vom 23. Mai 1995 – PL 9 K 1894/94 – unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen geändert. Es wird festgestellt, daß dem Vorsitzenden des Antragstellers sowie einem anderen vom Antragsteller bestimmten Mitglied des Antragstellers Einblick in die Bruttolohn-/-gehalts- und -gagenlisten für die Mitarbeiter zu gewähren ist, für die der Antragsteller zuständig ist, ohne daß dabei ein Vertreter des Beteiligten anwesend ist, der den Antragsteller überwacht oder mit seiner Überwachung beauftragt ist. Ausgenommen hiervon sind die Gehaltsbestandsteile, die nach § 3 Nr. 1 und 2 NV Solo einzelvertraglich vereinbart werden.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller begehrt von dem Beteiligten Einblicknahme in die Bruttolohn-/-gehalts- und -gagenlisten, die den Gehaltszahlungen für die Mitarbeiter an der Bühne des Staatsschauspiels … zugrundeliegen.

Der Antragsteller ist ein besonderer Personalrat für die künstlerisch tätigen Beschäftigten des Beteiligten. Er vertritt die nach Maßgabe des „Normalvertrages zwischen dem Deutschen Bühnenverein und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehörigen vom 1. Mai 1924” (NV Solo) sowie des „Tarifvertrages für technische Angestellte mit künstlerischer oder überwiegend künstlerischer Tätigkeit an Bühnen vom 25. Mai 1961” (BTT) beschäftigten Bühnenmitglieder und Angestellten des Beteiligten Über die Gehälter heißt es in Nr. 1 bis 3 des § 3 NV Solo:

§ 3

  1. Im Dienstvertrag ist ein festes monatliches Gehalt zu vereinbaren. Es beträgt mindestens 2.400,– DM monatlich und ab dem 1. Januar 1994 2.500,– DM monatlich.

    Mit dem festen Gehalt sind die von dem Mitglied nach diesem Tarifvertrag zu erbringenden Dienstleistungen abgegolten, soweit sich aus den Absätzen 2 und 3 nichts anderes ergibt.

  2. Neben dem festen Gehalt können mit dem Mitglied als besondere Vergütung Spielgelder oder Übersinghonorare vereinbart werden.
  3. Für die Mitwirkung

    1. des Mitgliedes in weiteren an demselben Tage stattfindenden Aufführungen,
    2. des Mitgliedes in zwei gleichzeitig stattfindenden Aufführungen, wenn mit der
    3. äftigung eine Erschwernis verbunden ist,

    ist eine besondere Vergütung zu vereinbaren.

Die Vergütung für die Mitwirkung in den in Unterabsatz 1 Buchst. a genannten Fällen ist im Dienst vertrag zu vereinbaren.

In § 4 BTT wird hierauf Bezug genommen:

§ 4

Normalvertrag

(1) Der Normalvertrag Solo findet mit Ausnahme des § 3 Abs. 2, 3 und 4 sowie der §§ 6, 9, 12, 18 und 20 sinngemäß Anwendung.

(2) § 3 Abs. 1 Satz 2 Normalvertrag Solo findet mit der Maßgabe Anwendung, daß nichtvollbeschäftigte Angestellte von dem monatlichen Mindestgehalt den Teil erhalten, der dem Maß der mit ihnen vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entspricht. Für jede Arbeitsstunde, die der Angestellte darüber hinaus leistet, erhält er 14,34 DM; § 7 bleibt unberührt.

Anfang 1993 und zuletzt mit Schreiben vom 15.2.1994 hat der Antragsteller den Beteiligten aufgefordert, ihm Einblick in die Bruttolohn-/-gehalts- und -gagenlisten für die Mitarbeiter an der Bühne des Staatsschauspiels zu gewähren. Den beiden damit beauftragten Personalmitgliedern müsse Gelegenheit gegeben werden...

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