Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenberechnung. Gesamtleistungsbewertung. Bewertung von beitragsfreien Zeiten. Hochschulausbildung. Fachschulausbildung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die Regelungen in den §§ 74 und 263 SGB 6 idF des RVNG zur Nichtbewertung von Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung in der gesetzlichen Rentenversicherung verstoßen nicht gegen Art 3 Abs 1, Art 14 Abs 1, Art 20 und Art 28 Abs 1 GG (vgl LSG Stuttgart vom 17.3.2009 - L 9 5981/07).

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 18.05.2016; Aktenzeichen 1 BvR 2217/11, 1 BvR 2218/11, 1 BvR 2219/11, 1 BvR 2430/11)

BSG (Urteil vom 19.04.2011; Aktenzeichen B 13 R 8/11 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 8. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin gewährten Altersrente für Frauen und in diesem Zusammenhang über die Höherbewertung der Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung der Klägerin.

Die 1944 geborene Klägerin besuchte von Februar 1960 bis Juni 1962 die Erweiterte Oberschule mit Abitur, absolvierte von September 1962 bis August 1963 als Lehrausbildung zur Maschinenbauzeichnerin und studierte von September 1963 bis Juni 1967 an der Humboldt-Universität zu B… an der Philosophischen Fakultät Russisch und Geografie auf Lehramt. Auf den Antrag der Klägerin gewährte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 20.09.2005 Altersrente für Frauen ab 01.04.2005. Der monatliche Zahlbetrag ab November 2005 betrug 696,29 € bei einer Nachzahlung in Höhe von 4.884,38 €. Der Rentenberechnung lagen 37,4882 persönliche Entgeltpunkte (Ost) zugrunde. Ausweislich des Versicherungsverlaufes berücksichtigte die Beklagte die Zeit vom 09.02.1961 bis 31.08.1962 als Schulausbildung (mit Überbrückungszeit), den Zeitraum vom 01.09.1962 bis 31.07.1963 als Pflichtbeitragszeit bei beruflicher Ausbildung, den Monat August 1963 als Pflichtbeitragszeit sowie den Zeitraum vom 16.09.1963 bis 03.07.1967 als Zeit der Hochschulausbildung. Bei der im Rahmen der Feststellung von Entgeltpunkten für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten vorzunehmenden Grundbewertung wurde im belegungsfähigen Gesamtzeitraum 09.02.1961 (Vollendung des 17. Lebensjahres) bis 31.03.2005 (Kalendermonat vor Rentenbeginn) 69 Monate als nichtbelegungsfähige Kalendermonate angesetzt. Aus der Grundbewertung ergab sich ein Durchschnittswert von 0,0905 Entgeltpunkten und aus der Vergleichsbewertung ein Durchschnittswert von 0,0978 Entgeltpunkten, so dass bei der weiteren Berechnung von der Beklagten der höhere Durchschnittswert aus der Vergleichsbewertung von 0,0978 Entgeltpunkten angesetzt wurde. Für die Anrechnung wegen Schul- oder Hochschulausbildung im Rahmen der Höchstdauer des § 74 SGB VI errechnete die Beklagte für den Zeitraum 09.02.1961 bis 31.12.1963 in Anwendung der §§ 74; 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21.07.2004 ausgehend von einem Rentenbeginn im April 2005 0,0586 Entgeltpunkte je Monat; dabei legte die Beklagte zunächst den maßgeblichen Durchschnittswert aus der Vergleichsbewertung in Höhe von 0,0978 Entgeltpunkten zugrunde, multipliziert mit dem Tabellenwert des § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI bei einem Rentenbeginn im April 2005 von 70,31 v.H., was 0,0688 Entgeltpunkte je Monat ergab. Da dieser Wert über dem Grenzwert der Tabelle zu § 263 Abs. 3 SGB VI in Höhe von 0,0586 Entgeltpunkten je Monat bei einem Rentenbeginn im April 2005 lag, erfolgte eine entsprechende Kürzung auf den vorgenannten Tabellenwert. Die Rentenberechnung als solche und die zugrunde gelegten rentenrechtlichen Zeiten sind zwischen den Beteiligten nicht streitig. Auf den Bescheid vom 20.09.2005 im Übrigen (Bl. 67 ff. Verwaltungsakte) wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 19.02.2008 am 21.02.2008 die Überprüfung des Bescheides vom 20.09.2005 nach § 44 SGB X. Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung seien im Rentenbescheid mit monatlich 0,0586 Entgeltpunkten bewertet worden. Bei einem Rentenbeginn vor Februar 2005 seien diese Zeiten noch mit 0,0625 Entgeltpunkten je Monat zu bewerten gewesen. Nach Ansicht der Klägerin verstoße insoweit § 74 SGB VI i.V.m. der zugehörigen Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI gegen die Verfassung.

Mit Bescheid vom 14.03.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2008 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag der Klägerin ab. § 263 Abs. 3 SGB VI sei zum 01.01.2005 durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz neu gefasst worden. Für Fälle mit einem Rentenbeginn ab 01.02.2005 würde der individuelle Gesamtleistungswert für Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung bis 31.12.2008 von 75 v.H., höchstens 0,0625 Entgeltpunkten pro Monat, bis auf 0 herabgesetzt. Außerdem würden Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung insgesamt für höch...

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