Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Urteil vom 22.07.1996; Aktenzeichen 15 Ca 8494/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.09.1998; Aktenzeichen 5 AZR 428/97)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 22.07.1996 – 15 Ca 8494/95 – wird auf Kosten des beklagten Landes

zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des beklagten Landes, den Kläger weiterhin als stellvertretenden Schulleiter einer Mittelschule zu beschäftigen.

Der am 31.10.1942 geborene Kläger wurde mit Wirkung vom 01.09.1990 zum stellvertretenden Direktor der L. -O. ernannt. Ab 01.08.1992 wurde ihm zunächst vorübergehend – unter Zahlung einer Zulage – die Funktion eines stellvertretenden Schulleiters der …. Mittelschule übertragen. Die endgültige Bestellung in diese Funktion erfolgte zum Schuljahresbeginn 1993/94.

Durch Schreiben vom 28.07.1995 wurde er dann aufgrund der Schließung der Schule zum 31.07.1995 als stellvertretender Schulleiter abberufen und an eine andere Schule versetzt. Diesem Schriftstück war eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, nach der gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats Klage beim Verwaltungsgericht Leipzig erhoben werden konnte. Eine solche Klage reichte der Kläger dann auch ein.

An der neuen Schule wurde er für die Zeit der Erkrankung des dortigen stellvertretenden Schulleiters mit dessen Aufgaben kommissarisch betraut.

Der Kläger ist der Ansicht, daß sich seine Tätigkeit aufgrund der langen Ausübung und des Berufungsschreibens auf die eines stellvertretenden Schulleiters konkretisiert habe. Eine Änderung hätte deshalb nur durch eine Änderungskündigung erfolgen können, die jedoch nicht ausgesprochen worden sei.

Mit der am 22.08.1995 zum Arbeitsgericht Leipzig erhobenen Klage hat der Kläger beantragt:

Es wird festgestellt, daß zwischen den Parteien ungeachtet des mit Schreiben vom 28.07.1995 seitens der Beklagten erfolgten Widerrufs der Bestellung ein Arbeitsverhältnis mit einer Beschäftigung des Klägers als stellvertretender Schulleiter einer Mittelschule besteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, daß er aufgrund des Arbeitsvertrages nur verpflichtet sei, den Kläger als Lehrer zu beschäftigen. Die Abberufung von der Funktion als stellvertretender Schulleiter sei durch das Direktionsrecht gedeckt. Dies beruhe darauf, daß Inhalt des Arbeitsvertrages nicht die Tätigkeit als stellvertretender Schulleiter geworden sei, da es sich dabei ausweislich der Arbeitsverträge nur um eine vorübergehende Funktion gehandelt habe. Der Kläger habe auch angesichts des Umstandes, daß sich das gesamte Schulsystem in einer Umbruch- und Aufbauphase befunden habe, nicht darauf vertrauen können, dauerhaft als stellvertretender Schulleiter eingesetzt zu werden. Auch die endgültige Bestellung als stellvertretender Schulleiter hätte nicht zu einer Konkretisierung des Arbeitsvertrages auf diese Tätigkeit geführt. Dabei habe es sich um einen Verwaltungsakt gehandelt, der dem Kläger zusätzliche Rechte eingeräumt habe, die dieser aufgrund der Rücknahme nicht mehr zustehen würden. Er ist der Ansicht, daß für die Klage kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, da der Kläger kommissarisch als stellvertretender Schulleiter eingesetzt werde.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 76 bis 78 d. A.) verwiesen.

Gegen das dem Beklagten am 24.07.1996 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 22.07.1996 hat dieser am 23.08.1996 Berufung eingelegt und am 23.10.1996 – innerhalb der verlängerten Frist – wie folgt begründet:

Der Klage fehle schon das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger weiterhin als stellvertretender Schulleiter beschäftigt werde.

Das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, daß es sich bei der Funktion eines stellvertretenden Schulleiters um ein staatliches Amt handele, wobei sich Bestellung und Abberufung nach öffentlich-rechtlich einzustufenden Normen richten. Bei Schulleitern und stellvertretenden Schulleitern handele es sich um die höchsten Funktionsträger der Schule, denen eine Sonderstellung gegenüber den übrigen Lehrern zukomme. Bestellung und Abberufung seien als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Daher seien die arbeitsvertraglichen Rechtsbeziehungen der Parteien durch die öffentlich-rechtlich ausgestalteten Normen für den Funktionsträger überlagert. Dies bedeute, daß grundsätzlich die arbeitsrechtliche Zuweisung einer Schulleitertätigkeit voraussetze, daß die hoheitliche Bestellung in diese Funktion erfolgt und auch noch wirksam sei. Falle die Bestellung in die Funktion weg, so entfalle damit automatisch die arbeitsrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers, den Betroffenen in der Position eines Schulleiters oder stellvertretenden Schulleiters zu beschäftigen. Gleiches gelte für die Bestellung eines Hochschullehrers bzw. eines Geschäftsführers.

Der Vertrauensschutz eines Arbeitnehmers könne nicht weiter reichen, als dies die spezifischen öffentlich-re...

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