Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestehen eines Arbeitsverhältnisses als stellvertretender Schulleiter trotz Widerrufs der Bestellung

 

Normenkette

BGB §§ 133, 145; ZPO § 256; Sächsisches Schulgesetz § 41; Verwaltungsverfahrensgesetz § 49 Abs. 2 Nr. 3; Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost § 24 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 28.02.1997; Aktenzeichen 7 Sa 860/96)

ArbG Leipzig (Urteil vom 22.07.1996; Aktenzeichen 15 Ca 8494/95)

 

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 28. Februar 1997 – 7 Sa 860/96 – wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger in einem Arbeitsverhältnis als stellvertretender Schulleiter steht.

Der Kläger ist seit dem 1. August 1961 als Lehrer tätig. Er steht als Angestellter in den Diensten des beklagten Landes. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) Anwendung.

Am 1. September 1990 wurde der Kläger vom damaligen Kreisschulrat zum stellvertretenden Direktor der L… -Oberschule ernannt. Mit Vertrag vom 29. August 1991 stellten die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue rechtliche Grundlage. Danach sollte der Kläger als “Lehrkraft im Angestelltenverhältnis” beschäftigt werden. Mit Änderungsvertrag vom 11. Mai 1992 wurde der Kläger rückwirkend zum 1. Januar 1992 von VergGr. IVa BAT-O in VergGr. III BAT-O höhergruppiert.

Zum Schuljahresbeginn 1992/93 wurde der Kläger mit der kommissarischen Leitung der …. Mittelschule – so der neue Name der L… -Oberschule – in Leipzig betraut. Aus diesem Anlaß haben die Parteien in einer “Anlage zum Änderungsvertrag vom 28. August 1991 und vom 1. Januar 1992” vereinbart, “für die Dauer der Tätigkeit als stellvertretender Schulleiter einer Mittelschule mit 250 Schülern”erhalte der Kläger ab 1. August 1992 eine “Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen seiner Vergütung und der Vergütung der VergGr. IIa zuzüglich Amtszulage”.

Ein an den Kläger gerichtetes Schreiben des Staatsministeriums für Kultus des beklagten Landes vom 9. November 1993 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

“Bestellung zum stellvertretenden Schulleiter

Sie haben bislang in kommissarischer Funktion stellvertretend die Leitung der Schule verantwortungsvoll wahrgenommen. Hierfür danke ich Ihnen.

Nachdem die gebotenen Vorschlags- und Beteiligungsverfahren abgeschlossen sind, bestelle ich Sie hiermit ab Beginn des Schuljahres 1993/94 endgültig zum stellvertretenden Schulleiter …”

Zum 31. Juli 1995 wurde die … Mittelschule in Leipzig gem. § 24 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen förmlich aufgehoben. Am 2. August 1995 erhielt der Kläger ein Schreiben des Kultusministeriums vom 28. Juli 1995, welches lautet:

“Widerruf der Bestellung

Sie haben bislang die Funktion des stellvertretenden Schulleiters der … Mittelschule Leipzig wahrgenommen.

Hierfür möchte ich mich bei Ihnen herzlich bedanken.

Aufgrund der Standortaufhebung der … Mittelschule Leipzig gem. § 24 Abs. 3 SchulG sowie § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG berufe ich Sie mit Wirkung vom 31.07.1995 von Ihrer Funktion als stellvertretender Schulleiter der … Mittelschule Leipzig ab.”

Dem Schreiben war eine Rechtsbehelfsbelehrung angefügt, in der auf die Möglichkeit einer Klageerhebung beim Verwaltungsgericht Leipzig hingewiesen wurde. Der Kläger war seinerzeit stellvertretender Vorsitzender des Lehrerpersonalrats beim staatlichen Schulamt Leipzig. Er wurde an die … Mittelschule in Leipzig versetzt und ist dort als Lehrer eingesetzt.

Der Kläger hat geltend gemacht, auf diese Weise habe ihm der rechtliche Status eines stellvertretenden Schulleiters nicht wirksam entzogen werden können. Dazu habe es, nachdem sich sein Arbeitsverhältnis auf die höherwertige Tätigkeit als stellvertretender Schulleiter konkretisiert habe, des Ausspruchs einer Änderungskündigung bedurft. Eine solche könne in dem Widerrufsschreiben des beklagten Landes nicht gesehen werden.

Der Kläger hat neben der vorliegenden Klage auch Klage vor dem Verwaltungsgericht Leipzig erhoben. Er hat dort die Verweisung an das Arbeitsgericht, hilfsweise die Aufhebung des Bescheides vom 28. Juli 1995 beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Verwaltungsrechtsweg für zulässig erklärt und die Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 1. April 1997 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Aus der Aufhebung der Schule folge von Gesetzes wegen die Beendigung der Stellung als stellvertretender Schulleiter.

Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger beantragt

festzustellen, daß zwischen den Parteien ungeachtet des mit Schreiben vom 28. Juli 1995 seitens des Beklagten erfolgten Widerrufs der Bestellung ein Arbeitsverhältnis mit seiner Beschäftigung als stellvertretender Schulleiter einer Mittelschule besteht.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Ansicht vertreten, sowohl die Bestellung als auch der Widerruf der Bestellung zum stellvertretenden Schulleiter hätten als öffentlich-rechtliche Maßnahmen den Inhalt des privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses der Parteien unberührt gelassen. Arbeitsvertraglich sei stets nur eine Tätigkeit als Lehrer vereinbart gewesen. Mit der unterschiedlichen Verwendung des Klägers habe es lediglich von seinem Direktionsrecht Gebrauch gemacht.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land sein Klageabweisungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Mit der endgültigen Bestellung des Klägers zum stellvertretenden Schulleiter hat sich zugleich der Inhalt seines Arbeitsverhältnisses entsprechend geändert. Mit den Mitteln des öffentlichen Rechts oder durch Ausübung seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts vermochte das beklagte Land diese Änderung nicht rückgängig zu machen.

I. Der Klageantrag bedarf der Auslegung. Er lautet festzustellen, daß zwischen den Parteien “ein Arbeitsverhältnis mit einer Beschäftigung des Klägers als stellvertretender Schulleiter einer Mittelschule” besteht. Wortgleich hat das Arbeitsgericht entschieden. Die Formulierung ist ungenau und läßt das Verständnis zu, der Kläger habe die Feststellung eines sofortigen Beschäftigungsanspruchs beantragt. Dies würde seinem Anliegen nicht gerecht. Nach der zum Verständnis seines Klageantrags heranzuziehenden Klagebegründung begehrt der Kläger vielmehr “eine Klärung seines arbeitsrechtlichen Status”. Welche konkreten Konsequenzen sich daraus für einen Beschäftigungsanspruch als stellvertretender Schulleiter ergeben, ist nicht Streitgegenstand. Die Klagebegründung nimmt nicht Stellung zu der Frage, ob ein unbedingter Anspruch auf Beschäftigung als stellvertretender Schulleiter besteht und derzeit schon erfüllt werden könnte. Hätte der Kläger auch darüber eine Entscheidung begehrt, wären entsprechende Ausführungen – und im übrigen eher die Erhebung einer Leistungsklage – zu erwarten gewesen. Den Worten “mit einer Beschäftigung” kommt daher keine eigenständige Bedeutung zu. Es handelt sich um die bloße Erwähnung einer mit der Stellung als stellvertretender Schulleiter möglicherweise verbundenen Rechtsfolge. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien übereinstimmend erklärt, daß sie den Antrag in diesem Sinne verstehen.

II. Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat an der begehrten Feststellung ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 256 ZPO. Dies haben die Vorinstanzen zu Recht angenommen. Das beklagte Land spricht dem Kläger den arbeitsrechtlichen Status als stellvertretender Leiter einer Mittelschule ab. Zwischen den Parteien ist damit der Inhalt ihres Vertragsverhältnisses streitig. Der Kläger ist nicht gehalten, zur Wahrung seiner Rechte einzelne vertragliche Ansprüche im Wege der Leistungsklage zu verfolgen. Die Feststellungsklage ist geeignet, den Streit der Parteien insgesamt beizulegen.

Der Zulässigkeit der Klage steht die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 1. April 1997 nicht entgegen. Dieses verhält sich über die Wirksamkeit des Widerrufs vom 28. Juli 1995. Die arbeitsrechtliche Stellung des Klägers war nicht Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Klage.

III. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat unbeschadet des Widerrufs vom 28. Juli 1995 arbeitsrechtlich die Stellung eines stellvertretenden Leiters einer Mittelschule.

1. Der Kläger steht zum beklagten Land nicht in einem Dienstverhältnis als Beamter, sondern in einem Arbeitsverhältnis als Angestellter. Grundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist seit Mitte 1991 ihr Vertrag vom 28. August 1991. Danach wurde der Kläger als Lehrkraft beschäftigt. Aus dem Umstand, daß er am 1. September 1990 zum stellvertretenden Direktor der L… -Oberschule ernannt worden war, leitet der Kläger im vorliegenden Verfahren keine Rechte her. Mit Schreiben des Oberschulamtes vom 22. Juni 1992 wurde der Kläger kommissarisch mit der Leitung der … Mittelschule in Leipzig betraut. In der “Anlage zum Änderungsvertrag vom 29. August 1991” haben die Parteien in vergütungsrechtlicher Hinsicht auf die neu geschaffene Situation reagiert und mit Wirkung vom 1. August 1992 die Zahlung einer Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der bisherigen Vergütung und der VergGr. IIa BAT-O zuzüglich Amtszulage vereinbart. Da dies der Regelung des § 24 Abs. 1 BAT-O entspricht, deutet alles darauf hin, daß dem Kläger in Ausübung des Direktionsrechts vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit übertragen wurde. Die Bestellung eines Lehrers zum kommissarischen stellvertretenden Schulleiter ist vom Direktionsrecht als dem vertraglichen Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers nach § 315 BGB gedeckt (BAG Urteil vom 17. Dezember 1997 – 5 AZR 332/96 – AP Nr. 52 zu § 611 BGB Direktionsrecht, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, unter IV 2 der Gründe). Das beklagte Land hat sich daher, als es den Kläger mit der kommissarischen stellvertretenden Schulleitung betraute, einer privatrechtlichen Befugnis bedient.

2. Mit Schreiben vom 9. November 1993 hat der Kultusminister des beklagten Landes den Kläger sodann “endgültig” zum stellvertretenden Schulleiter bestellt. Dies hatte eine Änderung des bisherigen Inhalts seines Arbeitsvertrages zur Folge.

Das beklagte Land bringt zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht – in diesem Punkt gestützt durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig – vor, die Bestellung sei durch einen Verwaltungsakt aufgrund des § 41 SächsSchulG erfolgt. Dieser Bestellungsakt stelle die alleinige Rechtsgrundlage für die Beschäftigung des Klägers als stellvertretender Schulleiter dar. Eine entsprechende Änderung des Arbeitsvertrags der Parteien sei mit der Bestellung weder ausdrücklich noch konkludent einhergegangen. Sie sei auch nicht erforderlich gewesen. Die Bestellung des Klägers sei mit dem Bescheid vom 28. Juli 1995 wirksam widerrufen worden.

Dieser Auffassung ist das Landesarbeitsgericht mit Recht nicht gefolgt.

a) Es ist nicht ausgeschlossen, daß schon das Bestellungsschreiben vom 9. November 1993 als privatrechtliche Willenserklärung und Angebot zur Vertragsänderung und nicht als Verwaltungsakt zu verstehen ist. Ist eine Behörde tätig geworden, ist zur Ermittlung des Rechtscharakters der von ihr getroffenen Maßnahme vom objektiven Erklärungswert auszugehen, den sie für den Bürger hat. Nicht entscheidend ist, in welcher Weise – privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich – die Behörde tätig werden wollte oder hätte tätig werden müssen (BVerwGE 12, 87, 91; 29, 310; Schwerdtfeger, JuS 1969, 519, 520). Die äußere Form des Schreibens vom 9. November 1993 läßt auf ein öffentlich-rechtliches Handeln des beklagten Landes nicht ohne weiteres schließen. Ob ein Hoheitsträger öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich handeln wollte, ist beim Fehlen einer eindeutigen Formenwahl ferner nach dem Sachzusammenhang zu beurteilen, in welchem die Behörde tätig wurde (vgl. Ehlers in Erichsen (Hg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, § 2 Rz 35, m.w.N.; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht 1, 10. Aufl. 1994, § 22 Rz 45, 55 ff.). Erklärungen im Zusammenhang mit privaten Rechtsbeziehungen sind im Zweifel keine Maßnahmen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Die Parteien stehen in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis. Angesichts dessen wäre es zumindest ungewöhnlich, wenn sich das beklagte Land der Mittel des öffentlichen Rechts hätte bedienen wollen, um die Rechtsbeziehungen zum Kläger zu gestalten.

Dafür bestand auch im Hinblick auf § 41 Abs. 1 SächsSchulG keine Notwendigkeit. Hoheitliche Funktionen kann auch der in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis stehende Arbeitnehmer ausüben (BVerfGE 9, 268, 284 f.; BAG Urteile vom 16. August 1962 – 5 AZR 505/61 – und vom 23. Juli 1965 – 5 AZR 307/64 – AP Nr. 3 und 8 zu § 611 BGB Fleischbeschauer-Dienstverhältnis; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 111 III, m.w.N.). Die genannte Vorschrift bestimmt nur, daß für jede Schule ein Schulleiter und ein stellvertretender Schulleiter zu bestellen sind. In welcher Rechtsform dies zu geschehen hat, ist nicht geregelt.

b) Ob das Bestellungsschreiben vom 9. November 1993 als privatrechtliche Willenserklärung oder als öffentlich-rechtliche Maßnahme zu verstehen ist, braucht nicht abschließend geklärt zu werden. Selbst wenn mit dem Verwaltungsgericht Leipzig angenommen wird, es handele sich um einen Verwaltungsakt, ist mit der Bestellung des Klägers zum stellvertretenden Schulleiter eine entsprechende Änderung seines Arbeitsvertrages einhergegangen.

aa) Ob dieselbe Maßnahme zugleich einen Hoheitsakt und eine privatrechtliche Willenserklärung – etwa das Angebot zum Abschluß eines privatrechtlichen Vertrages – darstellen kann, ist umstritten (vgl. Ehlers, aaO, Rz 39, 48). Zugunsten des beklagten Landes kann unterstellt werden, daß eine solche Annahme jedenfalls im Verhältnis zu ein und derselben Person ausgeschlossen ist. Das Schreiben vom 9. November 1993 kann dann, falls es Verwaltungsakt ist, keine privatrechtliche Willenserklärung darstellen.

Das schließt aber nicht aus, im sonstigen Verhalten der Parteien arbeitsrechtlich wirksame Erklärungen zu sehen. Ein äußerlich einheitliches Geschehen kann in Wirklichkeit aus zwei Rechtshandlungen zusammengesetzt sein, von denen die eine dem öffentlichen, die andere dem Privatrecht angehört (Ehlers, aaO, Rz 39).

bb) So liegen die Dinge im Streitfall. Ist die Bestellung des Klägers zum stellvertretenden Schulleiter durch Verwaltungsakt erfolgt, so konnten ihm auf diese Weise nur die mit diesem Amt verbundenen hoheitlichen Befugnisse und Kompetenzen übertragen werden. Änderungen im Arbeitsverhältnis der Parteien konnte der Verwaltungsakt nicht herbeiführen. Das vermochte er auch dann nicht, wenn er als mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt behandelt wird und die erforderliche Einwilligung des Klägers in der Entgegennahme des Bestellungsschreibens gesehen wird. Auch auf diesem Wege konnte der Kläger nur zum Träger der mit dem Leitungsamt gesetzlich verbundenen Hoheitsbefugnisse werden. Der Kläger würde folglich, wenn sich nicht gleichwohl der Inhalt seines Arbeitsverhältnisses geändert hätte, zur Erfüllung der ihm hoheitlich übertragenen Leitungsaufgaben gar nicht “endgültig” verpflichtet sein. Er würde eine nicht nur vorübergehende Tätigkeit als stellvertretender Schulleiter vertraglich nicht schulden. Auch durch einseitige Leistungsbestimmung im Wege des Direktionsrechts ist die dauerhafte und endgültige Verpflichtung eines Lehrers zur stellvertretenden Schulleitung nicht begründbar.

Es kann nicht angenommen werden, daß das beklagte Land den Kläger zum stellvertretenden Schulleiter hat bestellen wollen, ohne von ihm die korrekte Erfüllung der damit verbunden Aufgaben und Pflichten arbeitsvertraglich auch verlangen zu können. Es lag vielmehr in seinem berechtigten Interesse, dem Kläger die hoheitlichen Befugnisse eines stellvertretenden Schulleiters nicht nur zu übertragen, sondern ihn gleichermaßen zur Amtsausübung auch zu verpflichten. Dies war für den Kläger erkennbar. Die entsprechende Verpflichtung wiederum kann nur durch Änderung des zugrunde liegenden Anstellungsverhältnisses begründet werden. Auf andere Weise ist die Übereinstimmung der auf hoheitlichem Wege übertragenen Befugnisse mit den arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben nicht herstellbar. Durch Verwaltungsakt kann eine solche Verpflichtung außerhalb eines Beamtenverhältnisses nicht begründet werden. Dafür fehlt es an einer Ermächtigungsgrundlage. Die “Mitwirkung” des Klägers kann diese nicht ersetzen. Die Verpflichtung des Klägers zur Amtsausübung ist nur im Anstellungsverhältnis begründbar und dieses wiederum kann nur mit den Mitteln des Vertragsrechts gestaltet werden.

In der weiteren Dienstverrichtung des Klägers nach endgültiger Bestellung zum stellvertretenden Schulleiter und in der Annahme seiner Dienste durch das beklagte Land liegt darum die konkludente Übereinkunft der Parteien, die Wahrnehmung der mit der Bestellung verbundenen Befugnisse sei von nun an vertraglich geschuldete Arbeitsaufgabe des Klägers. Auf diese Weise ist der Arbeitsvertrag der Parteien dahin abgeändert worden, daß die vertraglich geschuldete Hauptpflicht des Klägers endgültig und auf Dauer in der stellvertretenden Leitung einer Mittelschule besteht. Der Kläger hat auch arbeitsrechtlich die Stellung eines stellvertretenden Schulleiters erlangt.

cc) Die vom beklagten Land in diesem Zusammenhang angeführte Rechtsprechung zum Fleischbeschauer-Dienstverhältnis steht dazu nicht in Widerspruch. Wie der Senat in seinen Entscheidungen vom 24. Januar 1964 – 5 AZR 263/63 – und 23. Juli 1965 – 5 AZR 307/64 – (AP Nr. 4, 8 zu § 611 BGB Fleischbeschauer-Dienstverhältnis) ausgeführt hat, ist die Bestellung zum Fleischbeschautierarzt für einen bestimmten Bezirk ein Verwaltungsakt, der lediglich die Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnisse zum Gegenstand hat. Die Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis werden davon nicht berührt. Ihr Inhalt ergibt sich jedoch bei Fleischbeschauern im privatrechtlichen Anstellungsverhältnis regelmäßig aus dem Arbeitsvertrag und den einschlägigen Tarifbestimmungen. Die Fleischbeschau ist danach die vertraglich begründete Hauptpflicht des Tierarztes. Im Fleischbeschauer-Dienstverhältnis fehlt es deshalb gerade nicht an einer internen arbeitsrechtlichen Vereinbarung über die Wahrnehmung der hoheitsrechtlichen Befugnisse.

Entsprechendes gilt im Geschäftsführer-Dienstverhältnis. Die Bestellung zum Geschäftsführer nach § 46 Nr. 5 GmbHG ist ein körperschaftlicher Rechtsakt (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 1997, § 14 III 2). Durch ihn werden gesetzliche und satzungsmäßige Kompetenzen übertragen. Von der Bestellung ist zu unterscheiden die Anstellung des Geschäftsführers (BGH NJW 1991, 1727, 1728). Sie ist ein schuldrechtlicher Vertrag, durch den sich der Geschäftsführer zur Tätigkeit für die GmbH verpflichtet und Ansprüche auf Aufwendungsersatz, Vergütung u.ä. erhält. Auch hier ist die körperschaftliche Bestellung ohne eine dienstrechtliche Basis für keine Seite interessengerecht. Die Gesellschaft will gegenüber ihrem Geschäftsführer auf der Erfüllung der mit seiner Stellung verbundenen Pflichten bestehen können. Der Geschäftsführer will aus seiner Tätigkeit resultierende Ansprüche geltend machen können. Beides ist nur auf der Grundlage eines Anstellungsvertrages möglich.

3. Seine Rechtsposition als stellvertretender Schulleiter ist dem Kläger durch den Widerruf der Bestellung vom 28. Juli 1995 nicht wirksam entzogen worden.

a) Das Widerrufsschreiben vom 28. Juli 1995 stellt nach Form und Inhalt einen Verwaltungsakt dar. Dies folgt aus dem Gebrauch des Wortes “Widerruf”, der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG, der erbetenen Empfangsbestätigung und aus der beigefügten Rechtsmittelbelehrung. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 1. April 1997 ist der Widerruf wirksam. Das Gericht hat dabei ausdrücklich ausgesprochen, “die rein öffentlich-rechtlich zu beurteilende Abberufung des Klägers als stellvertretender Schulleiter” sei von den arbeitsrechtlichen Beziehungen der Parteien strikt zu trennen. Damit steht zwischen den Parteien rechtskräftig nur fest, daß der Kläger seine hoheitliche Stellung nach § 41 SächsSchulG als stellvertretender Leiter der … Mittelschule in Leipzig – und auf diese Weise jegliche Hoheitsbefugnisse als stellvertretender Schulleiter – verloren hat. Welche arbeitsvertraglichen Pflichten zwischen den Parteien (weiter)bestehen, ist durch das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht entschieden.

b) Im Arbeitsverhältnis vermag ein Handeln des öffentlichen Arbeitgebers durch Verwaltungsakt belastende Rechtsfolgen nicht auszulösen. Dafür bedarf es der Umsetzung öffentlich-rechtlicher Vorgaben mit den Mitteln des Arbeitsrechts (BAG Urteil vom 25. Februar 1998 – 7 AZR 523/96 – n.v., unter B I 2 der Gründe). Weder die Aufhebung der … Mittelschule in Leipzig noch das Widerrufsschreiben vom 28. Juli 1995 haben deshalb den Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geändert. Letzteres stellt keine privatrechtliche Willenserklärung und damit weder eine Änderungskündigung noch die Ausübung des Direktionsrechts dar. Ob anderenfalls Rechte des Klägers als Mitglied des Personalrats verletzt wären, ist unerheblich. Der Kläger ist wegen des erfolgten Widerrufs nicht mehr stellvertretender Leiter der … Mittelschule und nicht mehr Inhaber entsprechender Hoheitsbefugnisse. Arbeitsvertraglich hat er gleichwohl die Rechtsposition eines stellvertretenden Schulleiters nach wie vor inne. Auch wenn er derzeit an keiner Schule zum stellvertretenden Leiter im Sinne des § 41 SächsSchulG bestellt ist, ist die stellvertretende Leitung einer Mittelschule mit allen daraus folgenden Ansprüchen weiterhin Inhalt seines Arbeitsverhältnisses.

 

Unterschriften

Vorsitzender Richter am BAG Griebeling ist erkrankt und kann daher nicht unterschreiben

Reinecke

Kreft, Müller, Buschmann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2628940

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